Das geheimnisvolle Gesicht
Unglücksfall handelt. Er wird abgefunden.“ Clifton wiegte abschätzend den Kopf hin und her. „Ich glaube, tausend Pfund wären ein angemessener Preis für eine falsche Aussage. Sie und Claire teilen die restlichen 199 000. Claire verschwindet mit ihrem Anteil... Fünf Möglichkeiten, Mister Burton, und sicher gibt es noch, ich erwähnte es bereits, einige mehr. Ja, und aus diesem Grund bin ich nun ebenfalls neugierig auf das geheimnisvolle Gesicht von Basel.“
Burtons Augen glänzten wie im Fieber. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger zeigte er auf den Detektiv. „Sie möchte ich nicht zum Gegner haben... Ich komme mir schon wie verurteilt vor. Und die Schlagzeile sehe ich auch schon vor mir: Bekannter Londoner Immobilienmakler bringt Frau seines Bruders um!“
Und dann sprang er auf, lief hin und her, mal hierhin, mal dorthin... In seinem Kopf mußte ein wildes Durcheinander herrschen. Er gestikulierte, als würde er vor einem Stück saurer Wiese stehen, die er einem Käufer als besten Weizenboden verkaufen wollte. Als er sich wieder seinem Besucher zuwandte, hatte er sich etwas beruhigt. Und er stimmte zu: »Sie haben recht mit Ihren Möglichkeiten... Doch keine ließe sich ohne Geständnis nachweisen... Wenn ich es mir recht überlege, sollte ich mich also nicht unnötig aufregen... Verdammt, Clifton, Sie können einem ganz schön zusetzen... Und nur, weil“...Er hielt inne, sah zur Tür. Auch Perry Clifton hatte das Schaben gehört. Burton war mit zwei Sätzen an der Tür, riß sie auf und sah hinaus.
„Nichts!“ hörte ihn Clifton sagen. Und er schrak zusammen, als Burton die schwere Tür mit fürchterlichem Krach zuschlug.
Das Zimmer bebte, Geschirr vibrierte hörbar.
„Jetzt sehe ich nicht nur Gespenster, jetzt höre ich sogar schon welche!“ stöhnte Burton. „Irgendwann werde ich Ihren Rat befolgen und einen Arzt konsultieren.“ Und energisch, mit erhöhter Stimme verkündete er: „Aber erst suchen wir diese Frau!!“
Clifton verschwieg, daß auch ihm jenes kratzende, schabende Geräusch an der Tür nicht entgangen war.
„Zu Ihrer Beruhigung, Mister Burton. Ich habe nicht eine Sekunde daran geglaubt, daß Sie Ihre Schwägerin umgebracht haben. Auch nicht daran, daß Sie sie haben umbringen lassen.“
„Das tröstet mich aber nun doch!“ versicherte Burton, und es klang, als sei er erleichtert über diese Feststellung.
„Sicher wird sich die Sache mit der Frau in Basel als das erweisen, was ich von Anfang an vermutete: eine Ähnlichkeit, wie sie die Natur immer wieder einmal zustande bringt.“
Perry Clifton versuchte, die beiden letzten Sätze mit größter Überzeugungskraft an den Mann zu bringen — auch wenn er selbst an das Gegenteil glaubte...
James Pieter Burton nickte hoffnungsvoll und schlug vor: „Lassen Sie uns jetzt das Finanzielle besprechen. Auch wenn Sie Ihrem Honorar nicht die allergrößte Bedeutung beimessen. Das ist übrigens ein großer Fehler!“ versicherte der Makler. „Geld zu verachten können sich nur die leisten, die es herstellen, und solche, die genügend davon ihr Eigentum nennen. Stellen Sie welches her, oder haben Sie genug?“
„Weder noch. Aber verraten Sie einmal, warum es die Herstellerverachten sollten!“
„Weil es in Massen durch ihre Hände fließt, ohne daß sie das kleinste bißchen davon festhalten können...“
„Vielleicht werde ich dem Geld dann mehr Bedeutung bei-¡nessen, wenn ich mich mal selbständig mache.“
„Oh!“ staunte Burton, „das haben Sie vor?“
„Ich habe diese Möglichkeit immerhin ins Auge gefaßt!“
„Möglichkeit Nr. 6!“ zwinkerte ihm der Makler bedeutungsvoll zu. Er schien sich von dem Schock, der ihm durch Cliftons „Möglichkeiten“ versetzt worden war, weitgehendst erholt zu haben. „Wenn es soweit ist, dann können Sie mich fest in Ihrer Kundenkartei vermerken!“
Perry Clifton deutete im Sitzen eine dankbare Verbeugung an. Dann fiel ihm plötzlich etwas ein.
„Dürfte ich, bevor wir uns ums Geld streiten, einmal telefonieren?“
„Aber selbstverständlich! Dort steht der Apparat. Drücken Sie auf den weißen Knopf, und Sie haben eine Amtsleitung.“ Burton erhob sich und verließ mit raschen Schritten den Raum.
„Scotland Yard, welche Abteilung wünschen Sie?“
„Würden Sie mich bitte mit Mister Skiffer verbinden?“
„Inspektor Skiffer, Sir?“
„Selbstverständlich, welchen sonst?“
Es meldete sich ein Mann namens Borlowsky. Clifton kannte Peter Borlowsky sehr gut.
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