Das geheimnisvolle Gesicht
Aber nun raus! Das ganze Zimmer stinkt nach Verschwörern und Erpressern!“
Das Spitzbubengesicht von McButton grinste ungerührt, als er sagte: „Ich werde dem Chef empfehlen, Ihnen eine Sonderzulage für ein paar neue Kakteen zu gewähren, Mister Aston. Sozusagen ein Dankeschön in bar!“
John Aston schritt mit langen, schweren Schritten zur Tür, öffnete sie und sagte leise: „Raus!! Wenn ich schon mit Gaunern verhandeln muß, dann in Zukunft gefälligst nur mit dem Obergauner, verstanden?!“
Jack McButton wollte zu einer (sicher dummen) Erwiderung ansetzen, doch er kam nicht mehr dazu. Schneller, als er es dem alten Mann zugetraut hätte, fuhr ihm dessen mächtige Pranke mit fürchterlichem Klatschen auf die Wange. Der Rotkopf ging nicht, er flog mit schmerzverzerrtem Gesicht durch die Tür, während John Aston seine Hand angewidert an der Hose abwischte.
„Das werden Sie noch büßen, Sie alter Narr!!“ schrie McButton und meinte es ernst. Sein Kumpan, der ihn seit längerer Zeit kannte, beschloß in diesem Augenblick, die Augen und Ohren in Zukunft besonders aufmerksam offenzuhalten...
Der Brief
Es war schon nach 23 Uhr, als Perry Clifton den Schlüssel in das Schloß seiner Wohnungstür schob.
Perry Clifton, 33 Jahre alt, seit 14 Jahren in London wohnhaft und seit elf Jahren als Warenhausdetektiv bei Johnson & Johnson in der Sutherland-Street tätig, schien an jenem späten Abend des 18. März allerbester Laune zu sein.
Er streifte die Schuhe ab, ohne sich zu bücken, und schleuderte sie in die winzige Ankleide; das Jackett flog in hohem Bogen auf die Couch. Er stellte das Radio an, das um diese Zeit immer Tanzmusik brachte, und stopfte sich eine Pfeife.
Zuerst glaubte er, daß das Geräusch aus dem Radio käme. Doch je öfter und lauter es wurde, um so mehr befaßten sich seine abwesenden Gedanken damit.
Er sah zur Uhr:
23 Uhr 25. Wer konnte um diese Zeit noch an die Tür klopfen? Es konnte eigentlich nur Dicki Miller sein. Und der tat das nicht mal leise.
Auf Strümpfen schritt Perry zur Tür. Natürlich...
Dicki Miller, im blaurot gestreiften Pyjama, putzpudelmunter und mit einer gewaltigen Portion Vorwurf im Blick und nichts an den Füßen, stand vor ihm.
„Sie wollten um acht zu Hause sein, Mister Clifton!“
„Du bist ja barfuß. Hast du deine Hausschuhe verschenkt?“
„Es muß nicht jeder im Haus hören, daß ich nachts noch zu Ihnen schleiche, nur weil ich es einem alten Mann versprochen habe!“ Aus Dickis Augen sprühte die Enttäuschung, so lange warten gemußt zu haben, und dann war ja noch diese... diese... Na ja, der würde er es schon mal zeigen!! Perry Clifton dagegen dachte an Dickis Eltern, mit denen er eigentlich keinen Arger haben wollte. „Was soll ich deinem Vater sagen, wenn er jetzt zur Tür herauskommt?“
„Meine Eltern sind mit Onkel Mac und Tante Margret ausgegangen. Und wenn die mit denen ausgehen, kommen sie nie vor zwei Uhr nach Hause.“
Perry Clifton tat eine einladende Handbewegung und sagte: „Also, herein!! Ich will nicht schuld daran sein, wenn du dir eine Lungenentzündung holst.“ Noch bevor Perry Clifton den Satz zu Ende gesprochen hatte, saß Dicki bereits mit unterkreuzten Beinen, gleich einem Orientalen, in der Ecke der Couch. Er musterte die dampfende Pfeife, hörte die leise Musik aus dem Radio und zog seine Schlüsse: „Sie haben gute Laune, was?“
„Habe ich, Dicki!“
„Waren Sie bis jetzt mit dieser…“ Das „mit dieser“ betonte er, als handle es sich um einen defekten Regenschirm, „... Miß Selly Young unterwegs?“ (Er wußte natürlich ganz genau, daß diese Selly nicht Selly, sondern Julie hieß!!) Perry ging darauf ein.
„Ja. Es war ein sehr schöner Abend mit Selly. Sie ist ein ungeheuer lustiges Haus. Zuerst waren wir ganz groß essen in der TRATTORIA TERRAZZA. Da gab’s Spaghetti, so lang wie Krawatten..:“
„Sie wollten um acht zu Hause sein!“ ignorierte Dicki Perrys Detailschilderungen.
„Ja, und anschließend haben wir noch einen Diskotheken-Bummel gemacht... Also, diese Selly kann tanzen wie ein Kreisel...“ Perry deutete ein paar tänzerische Bewegungen an und beobachtete dabei seinen kleinen Freund, der offensichtlich mit seinem Gedächtnis zu kämpfen schien.
„Ich denke, sie heißt Julie?“
„Natürlich heißt sie Julie!“ erwiderte Perry Clifton mit dem harmlosesten Gesicht der Welt. „Julie Young. Habe ich etwas anderes behauptet?“ Er runzelte bewußt ernst die
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