Das geheimnisvolle Gesicht
das INTERNATIONAL mit dem Entschluß, sich frisch zu machen, Johannes Gaitner anzurufen und anschließend ein kräftiges Mahl in Form eines großen Steaks zu sich zu nehmen.
Punkt 2 seines Vorhabens erledigte sich von selbst. Als er an der Rezeption um seinen Zimmerschlüssel bat, ließ man ihn wissen, daß er bereits erwartet wurde.
Exkommissar Gaitner winkte ihm zu und erhob sich aus einem Rundsessel. Clifton eilte auf ihn zu. „Entweder können Sie hellsehen, oder ich glaube Ihnen die Geschichte vom sechsten Sinn. Warten Sie schon lange?“
„Ein kleines Viertelstündchen!“ gab Gaitner zurück. „Und ich hätte auch noch zwei oder drei Viertelstündchen drangehangen. Als Pensionär hat man eine Menge Zeit...“
„Sie und Pensionär. Sie sind ja gerissener als zwei Profis zusammen. Ich glaube, wir haben eine Menge zu bereden. Darf ich Sie zum Essen im Steinen-Pick einladen?“
Gaitner winkte ab: „Haben Sie meine mich pünktlich fütternde Theres vergessen? Heute gab’s aus Zeitmangel zwar nur Spiegeleier, dafür jedoch eine große Portion Röstli... Aber einen Kaffee schlage ich nicht ab!“
Clifton nickte. „Gut!“ sagte er. „Seien Sie so nett und suchen Sie inzwischen für uns ein stilles Plätzchen im Steinen-Pick. Ich bin gleich wieder zurück!“
Wenig später saßen sie sich gegenüber. Glücklicherweise war der Hauptbetrieb schon etwas abgeklungen, so daß sie wirklich ein stilles Eckchen für sich hatten.
„Zuerst, lieber Kommissar, meinen allerherzlichsten Dank für Ihre Hilfe! Ich habe Ihre Theres in Aktion gesehen. Es war wunderbar. Davon werde ich noch in zwanzig Jahren erzählen. Nur schade, daß ich mich so gar nicht revanchieren kann...“
„Sagen Sie das nicht! Warum sollte ich nicht eines Tages bei Ihnen auftauchen und sagen: Hier steht Gaitner aus Basel, er hat den Auftrag, in London nach einem Mann zu forschen...“
Perry Clifton lachte. „Dann werde ich sofort alles andere stehen und liegen lassen und Ihnen helfen!“
„Danke!“ sagte Gaitner und wurde plötzlich ernst. „Was war mit der heißen Spur?“
„Sie führte mich in die Rheingasse zu einem Mann, dessen Gedächtnis einem Computer gleichkommt!“
„Aus einem der Hotels, die ich Ihnen aufgeschrieben hatte?“
„Ja. Gleich das erste war der Volltreffer. Der Mann heißt Adolf Sutter und hat ein paar Tage Ferien... Übrigens, die ,Ferien’ verfolgen mich geradezu... Herr Sutter berichtete mir, daß sich das ,geheimnisvolle Gesicht’ in seinem Hotel um ein Zimmer bemüht hat. Da sie an diesem Tag voll belegt waren, hat er ihr ein Appartement im Bristol vermittelt!“
„Das ist das Hotel in der Centralbahnstraße!“
„Ja, ich komme geradewegs von dort. Und Sie werden es nicht glauben: Unsere Unbekannte hat bis heute vor einer Woche dort gewohnt. Am vorigen Freitag ist sie ausgezogen. Ohne Angabe eines Zieles und ohne Angabe einer Nachsendeadresse!“
„Verdammt, das ist Pech!“
Clifton lächelte: „Ich brate trotzdem noch ein wenig auf dem Rost der Hoffnung bei kleiner Flamme weiter. Laut Auskunft einer Bristol-Dame gibt es ein Zimmermädchen, dem Madame Bloyer sehr zugetan war...“
„Madame Bloyer... ist das der Name der Gesuchten?“ Perry Clifton schüttelte den Kopf. „Nein. Aber es gibt gewisse Berührungspunkte. Die tödlich verunglückte Frau stammte aus Frankreich... Madame Bloyer sprach nur französisch!“
„Und was ist mit dem Zimmermädchen?“
„Das Zimmermädchen heißt Colette, stammt aus der Nähe von Toulon und ist erst ab Sonntag morgen wieder im Hotel... Tja, so dicht wohnen Zufall, Glück und Pech zusammen!“
„Warum rufen Sie das Mädchen nicht zu Hause an?“
„Sie meinen Colette?“
„Ja!“
„Nichts, was ich lieber getan hätte. Aber Mademoiselle Colette stammt von einem Bauernhof aus der Umgebung von Toulon, auf dem man anscheinend nichts von der Errungenschaft eines Telefons hält. Also wird mich Basel noch bis Montag ertragen müssen!“
Gaitner zog einen Zettel aus der Tasche und begann nun seinerseits zu berichten: „Dann wollen wir mal sehen, ob Sie mit dem, was ich herausgefunden habe, mehr anfangen können: Zunächst Ihr Verfolger, dem die Theres den Glauben an die Menschheit geraubt hat. Er ist Engländer..."
„Wie ich mir gedacht habe!“ warf Clifton ein.
„Er ist Engländer und versteckt seine brandroten Haare unter einer Perücke, die nach Theres’ Überzeugung mindestens zwei Nummern zu groß ist. Sein Name ist Jack McButton!“
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