Das geheimnisvolle Tuch
plötzlich nach unten fielen und sich eine Öffnung auftat. Hinter sich hörten sie eilends nahende Schritte. Die Wachen mussten die Worte Rexinas gehört haben.
„Schnell, springt hinein! Es geht nicht tief hinab!“, rief Rexos, die Gefahr ahnend, der sie ausgesetzt waren.
Um sich nicht gegenseitig in das Genick zu springen, sprangen sie in kurzen Abständen hinunter.
Rexos sah hinter sich die Wachen und sah auch die zu ihm gerichteten Spieße. Fast waren sie an ihm heran. Er sprang und während er dies tat, rief er seiner Tochter zu, sie möge diesen Spruch noch einmal sagen, nur statt öffnen, schließen nennen.
In ihrer Aufregung verwechselte Rexina Worte. Einer der Arlts sprang nach unten.
Sie wiederholte den Spruch. Dann schloss sich der Eingang.
Doch der Krieger setzte mit seinem Speer zum Stoß an und traf Thomas, der sich schützend vor Rexina gestellt hatte. Der Speer drang ihm in die Brust. Der Junge sank zu Boden.
„Schnell, springt zurück!“, rief der Zauberer und zog Thomas nach hinten.
Der Arlt stand da und wollte erneut zustechen, als er plötzlich laut aufschreiend in die Tiefe stürzte. Rexos hatte an einem Hebel gezogen und damit den Mechanismus einer Klappe ausgelöst, auf der der Angreifer stand.
„Das ist für den Notfall, falls uns jemand folgt. Der kommt nicht mehr wieder“, sagte er und beugte sich zu Thomas hinunter. Der war wegen seines Blutverlustes in Ohnmacht gefallen.
„Sieht schlecht aus. Wir müssen ihn so schnell wie möglich von hier wegbringen. Hoffentlich hält er durch. Ich kann ihn nicht heilen, wegen meiner fehlenden Zauberkraft. Und meine Tochter hat noch nicht die Erfahrung und die nötigen Voraussetzungen, ihn schnell zu lernen und anzuwenden“.
Vinc überlegte, ob das der Tod von Thomas war, der erste von ihren Ebenbildern, der starb.
10.Kapitel
Die Zauberperle
Der Gang war hell erleuchtet. Vinc fragte Rexina, weswegen es sein konnte, da er keine Lichtquelle sah.
„Das ist das ewige Licht“, antwortete sie kurz. Sie machte sich mehr um Thomas Gedanken, als über eine Erklärung für Vinc.
„Wie weit ist es denn noch zur Muhme?“, wollte Vinc nach einer Weile wissen. Ihm kam es schon eine Ewigkeit vor, angesichts der immer mehr sinkenden Lebenskraft von Thomas.
„Wir sind schon da“, antwortete Rexos.
Vor sich sahen sie eine bewegliche Wand, die die Farben eines Regenbogens hatte und sich in ständiger Verformung befand.
Vinc wollte sie abtasten, aber der Zauberer riss ihn zurück.
„Greife in unserem Land nie etwas an, was du nicht kennst, es könnte dein Ende sein. Diese Sperre bringt jedem den Tod, der nicht befugt ist, sie zu durchdringen.“ Er streckte seine Hand hinein und das gasförmige Gebilde verschwand. „Nur ich kann sie entfernen. Ich bin als König berechtigt dazu. Mein Körper wird mit ihr eins. Wenn der König gewählt wird, dann entnimmt man aus seinem Körper Blut und es wird von der Muhme solch eine Schutzwand gestaltet. Wartet hier, ich werde erst mit ihr sprechen, damit sie die Wand vorläufig nicht mehr mit ihrem Geiste erstellt“, sagte er und ging durch dieses Gebilde hindurch.
Thomas lag auf der Erde und Schweiß perlte auf seiner Stirn, während sein Atem unregelmäßig wurde. Er röchelte immer wieder, als würde er ersticken und es sein letzter Atemzug sein.
Es dauerte lange, bis Rexos wieder zurückkam.
„Ich musste alle meine Überzeugungskraft aufbieten, um die Muhme zu überreden. Sie nimmt den Zauber der Wand zurück.“
Sie liefen durch die Stelle an der der Schutz verschwunden war.
Kurze Zeit später erweiterte sich der Gang und wurde zu einem Raum mit ehrfürchtigem Glanz. Überall funkelten wertvolle Steine an den Wänden, Pfeiler, mit Gold überzogen, bildeten die Stütze einer riesigen Kuppel, deren Fenster mit Glasmalereien verziert waren. Der Boden aus einem unbekannten Material glänzte matt. Links und rechts standen Statuen von der Größe eines hünenhaften Mannes. Sie waren mit einem schwarzen Talar bekleidet und trugen Kapuzen über dem Haupt. Die Gesichter mit den langen Spitzbärten ähnelten denen Rexos.
„Das sind die Könige vor meinem Vater“, sagte Rexina leise, um Vinc Frage zuvorzukommen.
In einiger Entfernung sahen sie eine Empore, zu der einige Stufen führten, darauf einen goldenen Thron, auf dem eine noch nicht erkennbare Person saß.
Die weitere Aufmerksamkeit erregten weitere Statuen, die sich um den Thron paarten. Sie waren im Gegensatz zu den anderen lebend und
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