Das geheimnisvolle Tuch
wischte er sich verstohlen eine Träne aus den Augen.
„Nun, Kinder“, sagte er noch etwas gerührt, „begebt euch in die Traumhöhle und schwebt nach Arganon.“
Gesittet in gehorsamer Reihenfolge verließen die Kinder den Lehrsaal durch einen der Seitenausgänge.
Als der letzte Schüler verschwunden war und Marxusta sich überzeugt hatte, dass die Kobolde, Vanessa, Tom und Vinc sich nur noch mit ihm im Raum befanden, stellte er sich wieder an das Pult und bat die Anwesenden, Platz zu nehmen.
„Wie ihr inzwischen festgestellt habt, bin ich tatsächlich Marxusta. Ich werde euch eine Erklärung abgeben. Ich bitte, mich nicht zu unterbrechen. Nach meinen Ausführungen stehe ich euch gerne für Fragen zu Verfügung.“
Er beendete inzwischen die umständliche Putzerei seines Zwickers und setzte ihn weit vorne auf die Nase und schaute Aufmerksamkeit heischend über den Rand. Er stützte sich mit den Armen auf dem Pult ab, um seine müden Beine zu entlasten. Er schaute einen Moment jeden einzeln schweigend an und begann: „Ich glaube, gewisse Begebenheiten mögen euch verwirrt haben. Das von euch kürzlich Erlebte war kein Traum, sondern Wirklichkeit. Allerdings passierte es in einer einzigen irdischen Nacht. Wobei auf Arganon und dem Zauberland einige Monde vergingen. Dazu nahmen wir den Herrn der Träume, den Guten natürlich, zur Hilfe, denn nur er konnte dieses ermöglichen. Leider aber fuhr uns auch der böse immer wieder dazwischen, der uns öfter in höchste Gefahr brachte und der Vinc immer wieder schweißgebadet aufschrecken ließ, als er seine Zukunft voraussah. Es sollte, von den bösen Mächten benutzt, zur Abschreckung dienen, aber er tat uns damit einen Gefallen, indem wir die Gefahr erkannten und so konnten wir immer wieder helfend eingreifen. Wir mussten euch Menschenkinder zu Hilfe nehmen, denn nur so konnten die Bösen mit euch in die Regionen des Zauberlandes. Wir mussten sie unter Kontrolle bekommen und das gelang, indem wir euch beobachteten.“
„Du wusstest, dass das Böse in uns war?“, fragte Vinc und handelte sich zornige Blicke ein. Doch Marxusta antwortete ohne ein Wort des Vorwurfes: „Ja, das war mir, das heißt uns, bekannt. Du, Vinc, wurdest von den Ykliten auserwählt, um die besondere Aufgabe mit den Augen zu erfüllen. Der Mann mit dem goldenen Helm und die Höhlen waren die Heiligtümer der Ykliten, von dessen Vorhandensein ich aber erst später erfuhr. Zu dem Zeitpunkt, als wir sie betraten, hatte ich auch keine Ahnung. Das habe ich kürzlich nach einem Besuch bei ihnen erfahren. Ihr wurdet in eine Zeit zurückversetzt, als das Zauberland, eine Region auf Arganon, wie ihr ja bereits wisst, in höchster Gefahr war. Wäre es dem Bösen gelungen, die Kugel zu bestrahlen, wäre Arganon in die Gewalt des Bösen gelangt. Feuer, das Element und Sinnbild des Bösen, hätte für Terror und Schrecken gesorgt.“
Marxusta, nicht so langes Reden gewöhnt, hielt etwas erschöpft inne. Aber nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Als ihr auf die schwebende Insel zu uns kamt, traft ihr mit eueren Ebenbildern später zusammen. Ihr erinnert euch noch? Ich meine, als die Prüfung beginnen sollte, habt ihr sie kurz gesehen. Oben von dem Fenster des Hauses. Wir wollten den Tod der drei Kinder verhindern, aber das Einzige, das uns der Eingriff in die Geschichte erlaubte, war, das Böse zu vernichten. Das Tuch des Fluches aber konnte nicht aufgehalten werden, es schwebte in den Strom der Geschichte und ihr habt es im Waldhaus wieder gefunden. Leider aber wurde es dir, Vinc, von den bösen Mächten in der Jugendherberge aus deiner Tasche gestohlen.“
Vinc wich den Blicken des Magiers aus. Er wollte sich entschuldigen, doch Marxusta sagte nur: „Du kannst nichts dafür.“
Er schritt zu den sechs Sitzenden und stellte sich vor sie. „Nun beginnt das letzte Kapitel.“ Er sah zu Vinc, der unruhig auf seinem Sitz hin und her rutschte. Marxusta lächelte, als er fragte: „Dir liegt doch etwas auf dem Herzen?“
„Ich habe doch das Tuch im Schaufenster gesehen“, teilte er seine Beobachtung mit.
Marxusta lächelte wieder und ging, ohne ein Wort zu sagen, aus einem der Seitenausgänge. Kurz darauf kam ein Mann herein.
„Herr König!“, entfuhr es Vinc überrascht.
„Ja, ich bin es. Ein bisschen Magie hier und ein bisschen Zauber da und ich bin jemand anders.“ Ohne weitere Worte verschwand Herr König wieder und Marxusta kam erneut herein.
Vinc sah etwas irritiert genauer hin.
Weitere Kostenlose Bücher