Das geheimnisvolle Tuch
ähnlich“, sagte nachdenklich der Ladenbesitzer.
„Was ist aus ihm geworden?“ Vinc Interesse war geweckt.
„Ich weiß es nicht genau. Aber ich habe einige Bücher über ihn. Vielleicht können wir nachsehen, was mit ihm geschah.“
Vinc bemerkte ein geheimnisvolles Lächeln auf dem Gesicht. Zunächst aber war seine Frage nach dem Tuch im Fenster. Erstaunt war er, als er nicht die Fragen gestellt bekam, wie bei den anderen Personen zuvor. Der Mann ging an die Auslage und holte das Tuch herein.
„Es ist eine merkwürdige Sache mit diesem Tuch“, begann er, als er es auf dem Tresen ausbreitete. „Eines Tages kam ein alter Greis herein und bot es mir zu einem günstigen Preis an. Er feilschte um keinen Preis mit mir, er stellte nur eine Bedingung. Das Tuch dürfe niemals diese Stadt verlassen, bis eines Tages jemand nach ihm fragt und mir ein Vermögen dafür bieten würde. Dann sollte ich es verkaufen. Ich würde Geld bis an mein Lebensende haben.“
Er schwieg. Er sah Vinc nachdenklich an und meinte: „Der bist doch nicht etwa du?“
Vinc lachte und schüttelte den Kopf.
„Was hast du denn sonst für ein Interesse an diesem Tuch?“, fragte der Alte, misstrauisch geworden.
„Ich hatte einmal so ein ähnliches. Ich habe es verloren. Ich dachte, es wäre meins. Aber ich habe mich wohl geirrt.“ Vinc sagte dies nicht nur so dahin, denn er war überzeugt, vor dem gestohlenen Tuch zu stehen. Nur warum wurde es hierher verkauft? „Was muss denn jemand für das Tuch bieten, um es zu bekommen?“, fragte er neugierig und beobachtete die Reaktion des Händlers genau.
„Soviel, damit ich meinen Lebensabend in Reichtum genießen kann.“ Er strich dabei liebevoll über das Tuch.
„Haben Sie nicht Angst, dass dieses wertvolle Tuch im Fenster gestohlen werden kann?“, fragte Vinc.
„Dieser geheimnisvolle Alte sagte, als er ging: Das ist ein besonderes Tuch. Nur bestimmte Personen können es sehen. Würde von denen jemand das Tuch stehlen, dann würde er für immer verflucht und gleich des Todes.“ Er hielt je inne „Aber du konntest es sehen. Bist du eine dieser Personen?“
Vinc wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Vom Fluch dieses Tuches erzählen? Dass es ein Werkzeug der bösen Mächte ist und dass damit die Stadt zerstört werden soll? Gut, er könnte es, aber würde der Mann ihn nicht für verrückt halten?
Während der Ladenbesitzer das Tuch wieder in das Schaufenster tat, sagte er: „Ich glaube, hinter diesem Tuch steckt ein großes Geheimnis. Ich schätze wohl noch ein größeres mit dem Abbild darauf, nämlich, einem Engel mit verbundenen Augen.“
Vinc hätte es ihm bestätigen können, aber dazu hätte er sehr viel erklären müssen. Doch er wusste nicht, ob er diesem Mann trauen konnte.
„Komm mit!“, befahl der Mann.
Vinc folgte ihm und war sehr überrascht. Sie betraten einen riesigen Saal. Hell erleuchtet breitete sich eine Fläche aus, die einem gigantischen Versammlungsraum ähnelte. Es waren zahlreiche Tische und Bänke vorhanden, an denen verschiedene Personen saßen.
Auf einer Empore hatten sich ein Grüppchen Kinder versammelt, die bei dem Eintreten des Ladeninhabers eilends auf ihre Plätze liefen.
Bevor sie auseinander rannten, vernahm Vinc noch, wie ein Kind rief. „Zantus kommt!“
Der Ladeninhaber stellte sich auf die Empore und sah zu den Sitzenden hinunter. „Wie heißt es doch so schön? Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. In eurem Fall wohl eher auf dem Podium“, sagte er mit freundlichem Ton. „Du da“, er deutete auf einen Jungen, der auffällig in Schwarz gekleidet war, „du bist doch Santias.“
An Vinc gewendet erklärte er: „Die heißen nicht wirklich so. Nur hier in der Zauberschule bekommen sie alle einen Künstlernamen. Sie lernen bei mir die Magie. Dinge verschwinden lassen oder welche hervorzaubern. Der Schein trügt oftmals und das lernen sie bei mir.“ Wieder an den Jungen gewandt, fuhr er fort: „Ich habe dir doch aufgetragen, diesen Vogel verschwinden zu lassen. Aber ich sehe ihn immer noch.“ Er zeigte auf einen Papagei, der angekettet auf einem Holzkreuz saß.
„Der ist doch da mit dem Fuß angekettet. Den kann ich nicht verschwinden lassen“, entschuldigte sich der Junge.
„Ich bin sehr enttäuscht von dir. Du trägst den schwarzen Mantel der Zauberkunst des Zweitlings und kannst den Vogel nicht verschwinden lassen? Ich zeige es dir noch ein- und letztes Mal.“
Zantus schritt an einen
Weitere Kostenlose Bücher