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Das geheimnisvolle Tuch

Das geheimnisvolle Tuch

Titel: Das geheimnisvolle Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Vehler
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nach einem weichen Bett und ausreichendem Schlaf wurde größer, so klingelten sie nach dem Diener, der sogleich erschien.
    „Wir sind müde, besteht die Möglichkeit, dass wir uns irgendwo ausruhen können?“, fragte der Junge.
    „Natürlich bekommen die Herrschaften Zimmer. Wir haben für besondere Gäste reserviert. Unsere besten Unterkünfte.“ Er grinste geheimnisvoll.
    Da aber durch die Mattigkeit auch die Wahrnehmungsfähigkeit der beiden nachgelassen hatte, reagierten sie weder auf seine Worte, noch auf sein Mienenspiel.
    Der Diener nahm eine Fackel, die in einem Behälter steckte, und zündete sie an. Voranleuchtend ging er mit den beiden eine steinerne Treppe hinauf. Sie gelangten auf eine Plattform mit einer Umrandung. Vinc und Vanessa konnten hinabblicken und sahen unten die Empfangshalle in der vollen Ausdehnung.
    Kaum erkennbar entdeckten sie auf dem Boden ein seltsames Muster, gebildet durch eine systematische Anordnung der Fliesen. Noch ahnten sie nicht, welch eine wichtige Bedeutung dies einmal haben würde.
    Der Lakai ließ ihnen wenig Zeit, noch weiter das Umfeld in Augenschein zu nehmen. An einer schweren Eichentüre blieb er stehen und deutete dem Mädchen an, dass es ihr Schlafgemach sei. Vanessa erkannte sofort ihr damaliges Zimmer, dass sie in den Ferien bewohnt hatte.
    Doch diesmal, als sie hineinging, war sie erstaunt über die prunkvolle Einrichtung. Ins Auge fiel besonders das rosarote Himmelbett und die Verzierungen an der Front, an der goldene Schlangen einen Baum umzingelten, an dem ein einziger roter Apfel hing, der die Form eines Herzens hatte. Eine seltsame Darstellung für ein Bett. Meist sah man Engel oder Wesen mit Schalmeien, Schlangen hingegen für die Nacht äußerst selten, wenn überhaupt. Aber das interessierte das Mädchen nur am Rande, vielmehr die auf dem Bett liegende Nachtbekleidung. Vor ihren Körper gehalten, stellte sie zu ihrem Erstaunen fest, dass sie wie maßgeschneidert war.
    Der Butler bemerkte ihre Überraschung und sagte: „Während ihr unten euer Mahl zu euch nahmt, hat eine Zofe dies hier hingelegt. Sie hat ein gutes Augenmaß.“ Er sprach es so schnell, als schien er vor Fragen Angst zu haben.
    Vinc stand die ganze Zeit über wartend vor der Tür. Er empfand es peinlich, in das Schlafzimmer des Mädchens mitzugehen.
    Seine Sinne kreisten um das Mädchen und die Vorstellung, sie im Nachthemd zu sehen.
    Er wurde jäh von dem Diener aus den Fantasien gerissen, der ihn aufforderte, mit ins Nachbarzimmer zu kommen.
    Auch hier eine andere Einrichtung als damals, aber die Möbel in der Form wie die von Vanessa, nur mit dem Unterschied, dass das Himmelbett blau war. Bevor der Diener sich verabschiedete, sagte er noch: „Ihr dürft euch im Schloss frei bewegen. Nur folgendes dürft ihr nicht: Höher hinaufgehen, nicht in den Schlosshof und nicht in die Keller, vor allem nicht in den Turm. Verstoßt ihr dagegen, kann es euch großes Unheil bringen.“ Sein sonst so höflicher Tonfall hatte etwas von der Würde verloren, klang eher drohend. Dann verschwand er mit einem seltsamen Lächeln. Vinc erkannte, wie einst schon einmal, die Warnung.
    Die Nerven, in der letzten Zeit zum Zerreißen gespannt, ließen ihn nicht in Ruhe.
    Ein Traum, schon als Alb durchlebt, zeigte ihm noch einmal die Bibliothek mit etlichen Büchern und zum ersten Mal auch Feuer. Dann ein seltsames Muster und Kerzen. Teils brennend, teils erloschen, Geister und Tote. Wirre Spiele um Leben und Tod. Er sah die Fratze, die in ihm wohnte.
    Er schreckte wie immer nach solch einer seelischen Prozedur, schweißgebadet auf und atmete schwer und schnell. Im Raum war es dunkel, nur spärlich von dem zunehmenden Mondlicht beleuchtet. Gespenstisch erschienen die Gegenstände in dem Schlafzimmer. Er schaute sich um und meinte, überall Fratzen zu sehen. Da hörte er ein zaghaftes Klopfen an der Tür. Die Klinke wurde heruntergedrückt. Knarrend öffnete sich der alte Eicheneingang. Eine Silhouette erschien. Sehr bald erkannte er Vanessa. „Ich habe Angst. Es ist alles so unheimlich hier. Kann ich ein wenig bei dir bleiben?“
    Er konnte ihr nachfühlen, war ihm doch auch mulmig.
    „Ist kein Problem, kannst ruhig eine Weile hier bleiben. Wir können bisschen plaudern. Wir haben wohl vom frühen Morgen bis in die nächste Nacht hinein geschlafen“, stellte er angesichts der Finsternis draußen fest. „Ich hatte wieder den Traum mit der Bibliothek. Da muss irgendetwas sein, das uns einen Hinweis geben

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