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Das geheimnisvolle Tuch

Das geheimnisvolle Tuch

Titel: Das geheimnisvolle Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Vehler
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Menschen verteilen sich in die Räume. Also liegt unser Geheimnis, das wir lösen müssen, im Flur des Schlosses.“
    Vinc schmunzelte über die Logik seines Freundes. Er gab zu, dass dieser Punkt einwandfrei an ihn ging. Er war noch nicht einmal neidisch auf die geistige Überlegenheit des Gnoms, im Gegenteil, er freute sich darüber, zumal er sie immer wieder brauchte, was ihm im Laufe des Abenteuers noch angenehm auffallen sollte.
    „Klar, du hast Recht. Nur was bedeutet das: Gehen zu weilender Stätte?“
    „Ist doch einfach. Wo weilst du besser, wo ruhst du dich aus?“
    „In meinem Zimmer bzw. im Schlafzimmer.“ Der Junge stockte und nun fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Natürlich. Ich blicke jetzt voll durch. Die Geheimnisse sind im Flur und im ersten Stock, denn da sind die Schlafzimmer.“ Er steckte das Buch in die Tasche und hob seinen kleinen Freund auf, um ihn an seine Brust zu drücken.
    „Lass mich am Leben. Wenn du noch fester drückst, bin ich platt“, stöhnte dieser und versuchte sich aus der Umklammerung zu lösen.
    In seinem Übereifer der Freude vergaß Vinc die Zierlichkeit seines Freundes, der, als er ihn absetzte, nach Luft röchelnd, hin und her taumelte.
    Durch die schartenartigen Fenster lugte der Mond und verteilte, wie immer, sein gespenstisches, bläuliches Licht im Turm. Sie bemerkten dadurch erst jetzt, wie die Zeit im Fluge verstrichen war. Die Zeit, die sie kaum noch hatten, die für sie kostbarer als Gold war und immer weniger wurde. So beschlossen sie, sich wieder eilends in das Hauptgebäude zu begeben.
    Das Mondlicht, aber auch die Fackeln, ließen das Innere des Turmes bizarr erscheinen. Die Schatten der beiden tanzten im Scheine der Lichtspender an den Wänden. Eine eigenartige Silhouette, erzeugt durch einen Größenunterschied, zeigte sich als dritter Schatten. Wer beteiligte sich an diesem Figurenspiel?
    Sie blickten sich um, konnten aber nichts entdecken, was auf eine andere Person schließen ließ. Mit einem unheimlichen Gefühl gingen sie auf eine Wand zu, in der sich die Öffnung befand, durch die sie das erste Mal den Turm betraten. Sie krochen hindurch und erreichten wieder die abgebrannte Bibliothek. Sie schritten durch das verkohlte Papier und Holzreste in der Hoffnung, sie könnten von hier wieder zurück.
    Jedoch die Türe, die Vinc damals benutzt hatte, um herein zu gelangen, war immer noch verschlossen, wodurch die Hoffnung auf eine Rückkehr schwand. Der Ausgang war glatt und ohne jegliche Griffe zum Öffnen. Sie untersuchten die Wände in der Nähe, wieder einmal in der Hoffnung, einen Hebel oder Knopf zu finden, wussten sie doch um die Vorliebe der damaligen Bewohner dieser alten Gemäuer für seltsame Verschlussmechanismen. Doch ihre Enttäuschung war groß, nachdem sie nichts dergleichen entdeckten.
    Sie hörten ein Klicken. Langsam und knarrend öffnete sich der Ausgang vor ihnen. Sie wollten sich schnell verstecken, aber nichts bot in der Nähe etwas Geeignetes. Der Zugang öffnete sich weit, in der Füllung erschien ein Mädchen.
    „Du?“, fragten Zubla und Vinc wie aus einem Mund.
    Sie sahen die erschrockene Vanessa vor sich stehen. Ihr sonst so ordentlich frisiertes Haar war strähnig und das Gesicht schmutzig. Sie starrte die beiden an, als sei sie ihres Geistes nicht mehr mächtig.
    „Was ist“, fragte Vinc voller Sorge.
    Sie antwortete nicht, sondern schritt dicht an den Jungen und streichelte ihm über die Wange, als wolle sie feststellen, ob es eine Person sei, die lebt. Dann sah sie den Kleinen und lächelte. Sie beugte sich zu ihm hinunter und versuchte auch ihn zu befühlen. Erschrocken zuckte der Kobold zurück, dann strahlte er und ließ es gewähren, dabei seinen Blick starr geradeaus gerichtet.
    Vinc folgte den Blicken in die Richtung, in die der Kleine sah. Er musste ebenfalls schmunzeln. Am Türrahmen sah man ein Gesicht, ähnlich das von Zubla, nur dass es weibliche Züge trug. Langsam kam der Körper, mit langen bläulichen Haaren und voller Zierlichkeit, zum Vorschein. Fast ein Ebenbild Zublas, nur in noch zarterer Form.
    Vanessa schien sich wieder seelisch gefangen zu haben. „Darf ich vorstellen: Drialin die Zauberin.“ Scheinbar war Vanessas Gedächtnis von der Eishexe soweit freigegeben, das sie sich an Drialin erinnern konnte.
    Zubla tat überrascht und erfreut, ging auf sie zu und gab ihr die Patschhand. „Hocherfreut. Du siehst hübsch aus.“ Sie verfärbte sich, wohl gleich der Schamröte eines Menschen,

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