Das geht auf keine Kuhhaut
Längsfäden wurden „Zettel“ genannt. Wenn man mit den Vorbereitungen einer Arbeit begann, zettelte man also etwas an. Gerieten die Fäden aber durcheinander, verzettelte man sich. Ursprünglich war die Redewendung sowohl positiv als auch negativ im Gebrauch, heute versteht man unter Anzetteln die Vorbereitung einer strafbaren Handlung. Nach getaner Arbeit überprüfte der Meister sowohl „Strich“ als auch „Faden“ des vollendeten Gewebes, und dieser Test nach Strich und Faden war eine wichtige Qualitätskontrolle.
|111| Das „Schwarze Brett“
Tafel zur Bekanntmachung
S tammgäste können auch heute noch in ihrer Stammkneipe anschreiben lassen. Dieser Service für Gäste, die entweder ihre Geldbörse vergessen haben oder grade etwas klamm sind, ist schon sehr alt. Vor dem Zeitalter der Registrierkassen gab es in den Gaststätten eine Tafel, an der der Wirt dem Schuldner seine Außenstände ankreidete; der stand dann bei ihm in der Kreide. Am Ende des Monats wurde die gesamte aufgelaufene Summe auf einmal berechnet und, wenn möglich, bezahlt. Im 17. Jahrhundert wurde aus der Tafel ein Anschlagbrett für amtliche Bekanntmachungen, und weil es die schwarze Farbe der Kreidetafel behalten hatte, erhielt es diesen Namen. Mittlerweile findet man Schwarze-Brett-Seiten auch im Internet, wo sie aber meist Online-Versionen auch schon bisher üblicher Bekanntmachungsmedien sind, zum Beispiel bei Gemeinden oder Universitäten.
Der „Zapfenstreich“
Signal zum Schlussmachen
H eute verbinden die meisten Leute, vor allem diejenigen, die einmal „gedient“ haben, mit diesem Begriff ein feierliches militärisches Zeremoniell, wobei eine bestimmte Musikreihenfolge eine wichtige Rolle spielt. Dieser „Große Zapfenstreich“ wird unter anderem bei der Verabschiedung von Staatsoberhäuptern aufgeführt. Ursprünglich hat der Zapfenstreich aber nichts mit Musik zu tun, höchstens mit einer ganz anderen, nämlich den Kneipen- und Saufliedern in den Kaschemmen und vor allem in den Marketenderzelten der Armeen. Dort gab es abends offenbar regelmäßig Probleme, die Soldaten vom Zapfhahn wegzubekommen. Meist musste dem Wirt von einem Offizier mit Gewalt der Zapfen des Bier- oder Weinfasses ins Fass hineingetrieben werden, damit nicht mehr ausgeschenkt werden konnte. Im 17. Jahrhundert wurde dieser Streich auf den Zapfen in der Soldatensprache auf den Trommelwirbel übertragen, mit dem dieser Vorgang begleitet wurde.
|112| „Auf dem Holzweg sein“
sich irren
S teinhäuser konnten sich im Mittelalter nur reiche Leute leisten, das normale Wohnhaus war ein Fachwerkgebäude. Das Holz für die Herstellung der Balken wurde mit Pferden aus dem Wald geholt. Für den Transport wurden Schneisen geschlagen, sogenannte Holzwege. Im Gegensatz zu regulären Wegen endeten Holzwege auf einem Holzsammelplatz und führten zu keinem Ziel außerhalb des Waldes. Wenn ein Wanderer auf einen Holzweg geriet, konnte er die Orientierung verlieren und sich verirren. Eine andere Erklärung bezieht die Köhler ein, die Holzkohleproduzenten, die ihre Kohlenmeiler im Wald hatten. Diese einsam lebenden, oft etwas schrulligen Gesellen nutzten in ihrer Langeweile gern die Gelegenheit, sich mit Wanderern einen Spaß zu erlauben. Sie erzählten ihnen erfundene Geschichten – daher kommt der Ausdruck Verkohlen – und schickten sie auf einen der kreisförmigen Holzwege. Dann amüsierten sie sich, wenn die Irrläufer nach einiger Zeit wieder bei ihnen auftauchten. Das Wort „Holzweg“ ist seit dem 13. Jahrhundert in Gebrauch; seine sprichwörtliche Verwendung ist seit dem 15. Jahrhundert belegt.
„Splitternackt sein“
völlig unbekleidet sein
W enn man heute diesen Ausdruck benutzt, will man ausdrücken, dass die Blöße noch nicht einmal durch einen winzigen Splitter bedeckt wird, also total ist. Aber ein solcher Splitter steckt nicht in diesem Ausdruck, denn auch hier hat man es wieder mit einem volksetymologischen Eingriff ins Vokabular zu tun. Das schon im 15. Jahrhundert gebräuchliche Adjektiv „splitternaket” wurde wahrscheinlich gebildet, weil den meisten Menschen der Begriff „Splint“ nicht geläufig war, auf den die Wendung zurückgeht. Es handelt sich dabei um die Faserschicht, die zwischen der Rinde und dem Stammholz eines Baumes liegt. Ein Stamm ist erst dann wirklich „nackt“, wenn außer der Rinde auch der Splint entfernt wurde – die verbreitete Abwandlung splitterfasernackt deutet darauf hin, wobei auch sie korrekt
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