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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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entnahm sie tassenweise, die Käselaibe
und das getrocknete Obst zerbröselte sie, damit es so aussah, als
wären es die Mäuse gewesen, so daß Bianca mehr als vier
Monate brauchte, ehe sie Verdacht schöpfte. Sie legte ein
schriftliches Inventar über die in der Vorratskammer gelagerten
Dinge an und hakte ab, was sie für den Hausgebrauch entnahm.
Aber Alba nutzte jede kleine Unaufmerksamkeit ihrer Mutter,
um ihrerseits Häkchen auf die Liste zu setze n, bis Bianca zuletzt
ganz verwirrt war und nicht mehr wußte, ob sie sich verrechnet
hatte oder ob die Familie dreimal soviel aß, als sie berechnet
hatte, oder ob es in diesem verdammten Haus vielleicht doch
noch verirrte Seelen gab. Das Produkt aus Albas Einbrüchen
landete in den Händen Miguels, der es in Siedlungen und
Fabriken verteilte, zusammen mit revolutionären Schriften, die
zum bewaffneten Kampf aufriefen, damit die Oligarchie
entmachtet würde. Aber niemand hörte auf ihn. Alle waren
überzeugt, daß, wenn sie auf legalem und demokratischem
Wege zur Macht gekommen waren, auch keiner ihnen diese
Macht wieder wegnehmen könnte, mindestens bis zu den
nächsten Wahlen.
»Diese Dummköpfe! Sie merken nicht, daß sich die Rechte
bewaffnet«, sagte Miguel zu Alba.
Alba glaubte ihm. Sie hatte mit eigenen Augen gesehen, wie
mitten in der Nacht große Holzkisten im Patio ihres Hauses
abgeladen und auf Befehl ihres Großvaters in aller Heimlichkeit
in ein anderes leerstehendes Zimmer geschafft wurden. Wie ihre
Mutter, hängte auch er ein Vorlegeschloß an die Tür und steckte
den Schlüssel in das Wildledertäschchen, in welchem er Claras
falsche Zähne mit sich herumtrug. Alba erzählte es ihrem Onkel
Jaime, der einen Waffenstillstand mit seinem Vater geschlossen
hatte und wieder im Haus wohnte. Jaime, der zu dieser Zeit auf
dem Mond lebte und von dort auch nicht herunterkam bis zu
dem Tag, an dem sie ihn töteten, wollte es nicht glauben, aber
seine Nichte bestand so sehr darauf, daß er einwilligte, beim
Essen mit seinem Vater darüber zu sprechen. Die Antwort des
alten Mannes zerstreute seine letzten Zweifel.
»Ich mache in meinem Haus, was ich will, und stelle so viele
Kisten ab, wie es mir paßt. Steckt gefälligst eure Nasen nicht
mehr in meine Angelegenheiten!« brüllte Senator Trueba und
schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Gläser sprangen.
Womit das Gespräch beendet war.
In dieser Nacht besuchte Alba ihren Onkel im Büchertunnel
und schlug vor, dieselbe Methode auf die Waffen des
Großvaters anzuwenden, mit der sie gegen die Lebensmittel
ihrer Mutter vorging. Das taten sie. Den Rest der Nacht
verbrachten sie damit, in dem Zimmer neben dem Arsenal ein
Loch in die Wand zu bohren, das sie auf der einen Seite mit
einem Schrank, auf der anderen mit den verbotenen Kisten
zustellten. Durch das Loch schlüpften sie in das vom Großvater
abgeschlossene Zimmer, ausgerüstet mit einem Hammer und
einem Stemmeisen. Alba, die in diesen Praktiken Übung hatte,
war dafür, die untersten Kisten zu öffnen, und sie fanden
Kriegsgerät darin, das sie offenen Mundes bestaunten, weil sie
nicht gedacht hatten, daß es so perfekte Instrumente zum Töten
gab. In den nächsten Tagen schafften sie fort, soviel sie konnten,
dann stellten sie die ausgeleerten Kisten, mit Steinen gefüllt,
damit es nicht auffiel, wenn sie gehoben wurden, unter die
anderen. Zu zweit schleppten sie Kampfpistolen, kurze
Maschinengewehre, Gewehre und Handgranaten in
Jaimes
Tunnel und versteckten sie dort, bis Alba sie im Kasten ihres
Violoncellos an einen sicheren Ort bringen konnte. Sena tor
Trueba sah seine Enkelin den schweren Kasten schleppen, nicht
ahnend, daß in dem mit feinstem Tuch gefütterten Gehäuse die
Kugeln rollten, die er mit soviel Mühe über die Grenze gebracht
und in seinem Hause versteckt hatte.
Alba hatte vor, die
konfiszierten Waffen Miguel zu übergeben, aber ihr Onkel
Jaime überzeugte sie, daß Miguel ebensogut ein Terrorist war
wie ihr Großvater und daß man sie besser so unterbringen sollte,
daß sie niemandem Schaden brachten. Sie diskutierten mehrere
Möglichkeiten, von Versenken im Fluß bis Verbrennen, bis sie
zuletzt entschieden, daß es praktischer war, sie in Plastiktüten an
einem sicheren, geheimen Ort zu vergraben, für den Fall, daß sie
eines Tages einer gerechten Sache dienen könnten. Senator
Trueba wunderte sich, als er hörte, daß sein Sohn und seine
Enkelin einen Ausflug ins Gebirge planten,

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