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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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konnten. Sein Leben
bestand aus geheimen Besprechungen. Anfangs behinderte sein
langer Umgang mit der Demokratie seine Fähigkeit, der
Regierung Fallen zu stellen, doch bald gab er den Gedanken, sie
innerhalb der Legalität zu Fall zu bringen, auf und akzeptierte
die Tatsache, daß sie nur durch die Anwendung verbotener
Mittel zu besiegen war. Er war der erste, der öffentlich zu sagen
wagte, daß nur ein Militärputsch das Fortschreiten des
Marxismus aufhalten könne, denn freiwillig werde das Volk
nicht auf die Macht verzichten, auf die es sehnsüchtig ein halbes
Jahrhundert lang gewartet habe, weil ihm das Huhn im Topf
fehlte.
    »Hören Sie auf mit diesen Albernheiten und greifen Sie zur
Waffe«, sagte er, wenn er von Sabotage reden hörte.
Er machte keinen Hehl aus seinen Ideen, sondern verbreitete
sie in alle Winde, und damit nicht zufrieden, ging er manchmal
in die Militärakademie, um den Kadetten Mais vor die Füße zu
werfen und ihnen zuzurufen, sie seien Hühner. Er mußte sich ein
paar Leibwächter nehmen, die ihn vor seinen eigenen Exzessen
bewahrten. Oft vergaß er, daß er selbst sie angestellt hatte, und
bekam Wutanfälle, wenn er sich bespitzelt fühlte. Dann
beschimpfte er sie und drohte ihnen mit dem Stock, was
gewöhnlich mit Atemnot und Herzschwäche seinerseits endete.
Er war überzeugt, daß diese zwei dummen Muskelprotze es
nicht würden verhindern können, wenn jemand die Absicht
hätte, ihn umzubringen, aber er vertraute darauf, daß ihre
Gegenwart wenigstens die spontan Vorlauten einschüchterte. Er
wollte auch seiner Enkelin eine Wache geben, weil er dachte,
daß sie sich in der Universität in einer Kommunistenhöhle
bewege und sich aufgrund ihrer Verwandtschaft mit ihm
jederzeit irgendwer an ihr vergreifen könne, aber sie wollte
davon nichts wissen. »Ein gemieteter Totschläger ist soviel wie
ein Schuldbekenntnis«, sagte sie und fügte hinzu, daß sie nichts
zu befürchten habe. Er wagte nicht zu insistieren, weil er es
müde war, gegen alle seine Angehörigen zu kämpfen, und seine
Enkelin der einzige Mensch auf der Welt war, der seine
Zärtlichkeit erwiderte und ihn zum Lachen brachte.
Unterdessen hatte Bianca über den schwarzen Markt und ihre
Verbindungen in den Arbeitersiedlungen, in denen sie den
Frauen das Töpfern beibrachte, eine Versorgungskette
organisiert. Es kostete sie viel Mühe und große Ängste, einen
Sack Zucker oder einen Riegel Seife abzuzweigen. Sie
entwickelte eine Schläue, deren sie selbst sich nicht für fähig
gehalten hätte, um in einem der leeren Zimmer des Hauses die
verschiedensten Waren zu lagern, darunter auch entschieden
nutzlose, wie die zwei Fäßchen Sojasauce, die sie einem
Chinesen abgekauft hatte. Sie verhängte das Fenster, brachte ein
Vorhängeschloß an der Tür an und nahm den Schlüssel, den sie
am Gürtel trug, nicht einmal zum Baden ab, weil sie jedermann
mißtraute, selbst Jaime und ihrer eigenen Tochter. Sie hatte
Grund dazu. »Du siehst wie ein Gefängniswärter aus, Mama«,
sagte Alba, beunruhigt über diese Manie, für die Zukunft
vorzusorgen, auch wenn einem die Gegenwart darüber sauer
wurde. Alba war der Ansicht, daß man Kartoffeln essen sollte,
wenn es kein Fleisch gab, und Alpargatas tragen, wenn keine
Schuhe aufzutreiben waren, aber Bianca, entsetzt über die
Einfalt ihrer Tochter, vertrat die Ansicht, daß man, geschehe,
was da wolle, von seinem Lebensstandard nicht herunter dürfe,
und rechtfertigte damit die mit Schmugglertricks vergeudete
Zeit. Tatsächlich hatte man seit Claras Tod im Hause Trueba nie
besser gegessen, weil endlich jemand da war, der den Haushalt
organisierte und festlegte, was in den Kochtopf kam. Aus den
Drei Marien trafen regelmäßig Kisten voll Lebensmittel ein, die
Bianca versteckte. Das erstemal verfaulte ihr fast alles, so daß
der Gestank aus den abgesperrten Zimmern durchs ganze Haus
zog und sich im Viertel verbreitete.
Jaime schlug seiner
Schwester vor, die verderblichen Produkte zu verschenken, zu
tauschen oder zu verkaufen, doch Bianca weigerte sich, ihre
Schätze mit anderen zu teilen. Da begriff Alba, daß ihre Mutter,
die bisher immer als der einzige ausgeglichene Mensch in der
Familie gegolten hatte, ebenfalls ihre Ticks hatte. Sie schlug ein
Loch in die Mauer der Vorratskammer und nahm in gleichem
Maße Dinge heraus, in welchem Bianca sie hortete. Sie ging mit
solcher Umsicht zu Werk, daß ihre Mutter nichts merkte:
Zucker, Reis und Mehl

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