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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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wollte nicht,
daß ich sie nackt sah, aber sie war meine Frau, und ich ließ nicht
zu, daß sich meine Frau vor mir schämte. Ich half ihr beim
Baden, beim Ankleiden, vorausgesetzt, daß Férula mir nicht
zuvorkam. Sie tat mir unendlich leid, mit diesem monströsen
Bauch und so gefährlich nahe an der Geburt. Oft ließ mich der
Gedanke nicht einschlafen, daß sie bei der Entbindung sterben
könnte, und ich schloß mich mit Doktor Cuevas ein und beriet
mit ihm, wie man ihr am besten helfen konnte. Wir waren uns
darin einig, daß es schlimmstenfalls besser war, ihr noch einmal
einen Kaiserschnitt zu machen, aber ich wollte nicht, daß sie in
eine Klinik gebracht würde, und Doktor Cuevas weigerte sich,
die Operation noch einmal auf dem Eßtisch durchzuführen. Es
fehlten die nötigen Einrichtungen, sagte er, aber die Kliniken
waren damals eine Brutstätte der Infektionen, und dort starben
mehr Menschen als geheilt wurden.
Eines Tages, kurz vor der Entbindung, stieg Clara von ihrem
brahmanischen Zufluchtsort auf die Erde herab und sprach
wieder. Sie verlangte eine Tasse Schokolade und wollte mit mir
Spazierengehen. Mir hüpfte das Herz in der Brust. Das ganze
Haus strahlte vor Freude, wir entkorkten Champagnerflaschen,
alle Vasen ließ ich mit frischen Blumen füllen, Kamelien
bestellte ich, ihre Lieblingsblumen, und pflasterte damit das
Zimmer voll, bis sie Asthma bekam und wir die Blumen rasch
wieder entfernen mußten. Ich lief in die Gasse der jüdischen
Juweliere und kaufte eine Brillantbrosche. Clara dankte mir
überschwenglich, fand den Schmuck sehr hübsch, aber an ihr
sah ich ihn nie. Ich nehme an, daß sie ihn an einen unmöglichen
Ort gelegt und dann vergessen hat, wie fast allen Schmuck, den
ich ihr während unserer Ehe schenkte. Ich rief Doktor Cuevas,
der unter dem Vorwand, mit uns Tee zu trinken, erschien, in
Wirklichkeit aber gekommen war, um Clara zu untersuchen. Er
führte sie in ihr Schlafzimmer. Danach sagte er uns, Férula und
mir, die geistige Krise scheine überwunden zu sein, aber wir
müßten uns auf eine schwierige Geburt gefaßt machen, das Kind
sei sehr groß. In diesem Augenblick betrat Clara den Salon. Sie
mußte den letzten Satz gehört haben.
»Alles wird gutgehen«, sagte sie.
»Ich hoffe, daß es diesmal ein Junge wird, damit er wie ich
Esteban heißen kann«, scherzte ich.
»Es ist nicht einer, es sind zwei«, antwortete Clara,
»Zwillinge sind es, und sie werden Jaime und Nicolas heißen«,
fügte sie hinzu.
Das war zuviel für mich. Ich nehme an, daß es der in den
vergangenen Monaten angestaute Druck war, unter dem ich
platzte. Ich wurde wütend, ich sagte, das wären Namen für
ausländische Vertreter, so hieße niemand weder in ihrer noch in
meiner Familie, wenigstens einer von beiden müßte Esteban
heißen wie ich und mein Vater, aber Clara behauptete, die über
Generationen wiederholten Vornamen stifteten in ihren
Lebensnotizheften Verwirrung, und blieb bei ihrem Entschluß.
Um sie einzuschüchtern, zerschlug ich einen Porzellankrug, das
letzte Stück, glaube ich, aus den glanzvollen Zeiten meines
Urgroßvaters, aber das machte keinen Eindruck auf sie, und daß
Doktor Cuevas hinter seiner Teetasse lächelte, empörte mich
noch mehr. Ich schmiß die Tür zu und ging in den Club.
In dieser Nacht betrank ich mich. Teils, weil ich es nötig
hatte, teils aus Rache ging ich in das bekannteste Bordell der
Stadt, das einen historischen Namen trug. Ich möchte hier ein
für allemal klarstellen, daß ich kein Freund von Prostituierten
bin und daß ich nur ins Freudenhaus ging, wenn ich lange Zeit
allein leben mußte. Ich weiß nicht, was an diesem Tag mit mir
los war, ich war zornig auf Clara und überha upt verärgert, ich
hatte überschüssige Energie, ich fühlte mich in Versuchung. Das
Cristóbal Colón war damals schon ein florierendes
Unternehmen, hatte aber noch nicht das internationale Prestige,
das es erst später bekam, als es in die Navigationskarten
englischer Schiffahrtsgesellschaften eingetragen wurde. Ich trat
in einen Salon mit französischen Möbeln, solchen, die
geschwungene Beine haben, und wurde empfangen von einer
einheimischen Matrone, die perfekt den Pariser Akzent imitierte.
Sie reichte mir die Preisliste und fragte mich, ob ich an ein
bestimmtes Mädchen dächte. Ich sagte ihr, daß sich meine
Erfahrungen auf den Farolito Rojo und ein paar lumpige
Freudenhäuser für Bergarbeiter im Norden beschränkten, jede

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