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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Doktor Cuevas die Bereitschaft zum
Gebären erreicht hatte, die sie bei ihrer ersten Tochter nicht
hatte aufbringen können, biß die Zähne zusammen, hielt sich am
Besanmast und am Fockmast ihres Segelschiffs fest und
schickte sich an, Jaime und Nicolas im sanften Wasser der
blauen Seide zur Welt zu bringen. Unter den aufmerksamen
Blicken ihrer Großmutter, deren noch immer offene Augen sie
von der Konsole aus beobachteten, kamen sie rasch
hintereinander. Férula, erfahren durch das Zusehen bei der
Geburt von Fohlen und Kälbern auf den Drei Marien, faßte sie
nacheinander an dem feuchten Haarschopf über dem Nacken
und half ihnen, Stück um Stück herauszukommen. Ehe der Arzt
und die Hebamme kamen, versteckte sie Niveas Kopf unter dem
Bett, um lästige Erklärungen zu vermeiden. Als sie eintrafen,
blieb nicht mehr viel zu tun, die Mutter ruhte friedlich, und die
zwei Knaben, winzig wie Siebenmonatskinder, aber mit allen
ihren Gliedmaßen und unversehrt, schliefen in den Armen der
erschöpften Tante.
Niveas Kopf wurde zu einem Problem, da sich kein Ort finden
wollte, wo man ihn unterbringen konnte, ohne daß er gesehen
wurde. Zuletzt verstaute ihn Férula, mit Stoff umwickelt, in
einer ledernen Hutschachtel. Man erörterte die Möglichkeit, ihn
gottwohlgefällig zu bestatten, aber ein endloser Papierkrieg
wäre nötig gewesen, um die Öffnung des Grabes zu erwirken
und das Fehlende hineinlegen zu können, und andererseits
fürchtete man den Skandal, wenn öffentlich bekannt wurde, auf
welche Weise der Kopf, an dem die Spürhunde versagt hatten,
von Clara gefunden worden war. Esteban Trueba, wie immer in
Angst, lächerlich zu erscheinen, entschied sich für eine Lösung,
die den Lästermäulern keinen Stoff zum Reden bot, wußte er
doch, daß das sonderbare Gebaren seiner Frau seit je eine
Zielscheibe des Klatsches war. Claras Geschick, ohne jede
Berührung Gegenstände zu bewegen und das Unvorhersehbare
zu erraten, hatte sich herumgesprochen, und irgend jemand hatte
die Geschichte von Claras Stummsein während ihrer Kindheit
ausgegraben und sich der Anklage erinnert, die Pater Restrepo
gegen sie erhoben hattte, der heilige Mann, von dem die Kirche
hoffte, er würde als erster Chilene selig gesprochen werden. In
den Jahren, die sie auf den Drei Marien verbracht hatten, waren
die Gerüchte verstummt, hatten die Leute vergessen, aber
Trueba wußte, daß ein Vorfall wie der mit dem Kopf seiner
Schwiegermutter Anlaß genug wäre, das Gerede neu zu beleben.
Dies, und nicht, wie später behauptet wurde, Nachlässigkeit, war
der Grund, weshalb die Hutschachtel im Keller blieb, bis sich
eine passende Gelegenheit fand, dem Kopf ein christliches
Begräbnis zu geben.
    Clara erholte sich rasch von der Doppelgeburt. Das Aufziehen
der Kinder überließ sie ihrer Schwägerin und der Nana, die sich
nach dem Tod ihrer alten Herrschaft im Hause Trueba hatte
anstellen lassen, um, wie sie sagte, weiter dem gleichen Blut zu
dienen. Sie war geboren worden, um die Kinder anderer zu
wiegen, die Kleider zu tragen, die andere ablegten, zu essen,
was sie übrigließen, von geliehenen Freuden und Leiden zu
leben, alt zu werden unter dem Dach anderer, eines Tages im
hintersten Patio in einem Bett zu sterben, das nicht ihr gehörte,
und zuletzt in einem Massengrab auf dem Hauptfriedhof
beerdigt zu werden. Sie war fast siebzig Jahre alt, aber
ungebrochen in ihrem Diensteifer, unermüdlich bei der Arbeit,
beweglich genug noch immer, um sich als Popanz zu verkleiden
und in irgendeinem Winkel Clara aufzulauern, wenn sie wieder
von ihrem Schweigerappel und ihrer Schiefertafelmanie befallen
wurde, kräftig genug, mit den Zwillingen zu balgen, und zärtlich
genug, um Bianca ebenso zu verwöhnen wie früher ihre Mutter
und ihre Großmutter. Sie hatte die Gewohnheit angenommen,
Gebete zu murmeln, wo sie ging und stand, denn als sie
herausfand, daß keiner in diesem Haus glaubte, übernahm sie
die Verantwortung und betete für die Lebenden der Familie und
sicherlich auch, in Fortsetzung der Dienste, die sie ihnen zu
ihren Lebzeiten erwiesen hatte, für ihre Toten. Im Alter vergaß
sie, für wen sie betete, aber mit der Gewohnheit bewahrte sie
sich die Gewißheit, daß es irgend jemandem schon nützen
würde. Die Frömmigkeit war das einzige, was sie mit Férula
teilte. In allem übrigen waren sie Rivalinnen.
    Eines Freitagnachmittags klopfte es an der Tür des großen
Eckhauses, und herein kamen drei

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