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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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durchscheinende Damen mit
zarten Händen und umflorten Augen, altmodische Blumenhüte
auf dem Kopf und umschwebt von einem intensiven Duft wilder
Veilchen, der sich in allen Zimmern festsetzte, so daß noch
tagelang das ganze Haus von Blumenduft erfüllt war. Es waren
die drei Schwestern Mora. Clara, die im Garten saß und sie den
ganzen Nachmittag erwartet zu haben schien, empfing sie mit
einem Knaben an jeder Brust und der spielenden Bianca zu
ihren Füßen. Sie sahen sich an, sie erkannten sich, sie lächelten
sich zu. Das war der Anfang einer leidenschaftlichen spirituellen
Beziehung, die dauerte, solange sie lebten, und die sich, wenn
ihre Vorhersagen eintrafen, im Jenseits fortsetzte.
    Die drei Schwestern Mora waren Adeptinnen des Spiritismus
und erfahren im Umgang mit übernatürlichen Erscheinungen.
Sie als einzige besaßen den unwiderleglichen Beweis, daß sich
die Seelen Verstorbener materialisieren können: eine Fotografie,
die sie an einem runden Tisch zeigte und, schwebend über ihren
Köpfen, ein diffuses, geflügeltes Ektoplasma, das einige
Ungläubige für einen Flecken auf dem Abzug, andere sogar für
einen billigen Trick des Fotografen hielten. Über
geheimnisvolle, nur Initiierten zugängliche Kanäle hatten sie
von Claras Existenz erfahren, telepathisch Kontakt mit ihr
aufgenommen und auf der Stelle gewußt, daß sie
Astralschwestern waren. Mittels diskreter Nachforschungen
fanden sie ihre irdische Adresse, und so erschienen sie denn mit
ihren eigenen, von günstigen
Fluida
durchpulsten
Wahrsagekarten, einigen Sätzen geometrischer Figuren samt
selbsterfundenen kabbalistischen Zahlen zur Entlarvung falscher
Parapsychologen und einem Tablett ganz gewöhnlicher Kuchen
als Geschenk für Clara. Sie wurden eng vertraute Freundinnen
und versammelten sich von diesem Tag an möglichst jeden
Freitag, um Geister zu beschwören und Kabalen und
Küchenrezepte auszutauschen. Sie fanden eine Methode,
geistige Energie vom großen Eckhaus bis ans andere Ende der
Stadt, wo die Schwestern Mora sich in einer alten Mühle eine
ausgefallene Wohnung eingerichtet hatten, und auch in
umgekehrter Richtung zu übertragen, so daß sie sich in
schwierigen Situationen des täglichen Lebens gegenseitig
Beistand leisten konnten. Die Moras kannten viele Leute, die an
diesen Dingen interessiert waren und die nun ebenfalls zu den
Freitagssitzungen kamen und ihre eigenen Kenntnisse und
magnetischen Fluida einbrachten. Esteban Trueba sah sie
kommen und gehen in seinem Haus und stellte nur drei
Bedingungen: sie sollten seine Bibliothek verschonen, die
Kinder nicht zu psychischen Experimenten benutzen, und sie
sollten diskret sein: er wünschte kein öffentliches Ärgernis.
Férula mißbilligte diese Aktivitäten Claras, weil sie ihr gegen
die Religion und die guten Sitten zu verstoßen schienen. Sie
beobachtete die Sitzungen aus vorsichtige r Entfernung, ohne
selbst daran teilzunehmen, aber hinschielend mit einem Auge,
während sie strickte, und bereit einzugreifen, falls Clara sich bei
einer Aufgabe übernahm. Sie hatte festgestellt, daß ihre
Schwägerin nach Sitzungen, in denen sie das Medium machte
und mit einer Stimme, die nicht die ihre war, in heidnischen
Zungen sprach, vollständig erschöpft war. Auch die Nana war
wachsam. Unter dem Vorwand, Kaffee zu servieren,
verscheuchte sie die Seelen mit dem Rascheln ihrer gestärkten
Unterröcke und dem Klappern gemurmelter Gebete und
wackelnder Zähne, aber sie tat es nicht, um Clara vor Exzessen
zu bewahren, sondern um nachzusehen, ob niemand die
Aschenbecher mitgehen ließ. Clara konnte ihr noch sooft
erklären, daß ihre Besucher nicht das geringste Interesse an
diesen Aschenbechern hatten, schon allein deshalb, weil keiner
von ihnen rauchte, aber es war zwecklos: für die Nana waren
alle, außer den bezaubernden Schwestern Mora, eine Bande
evangelischer Gauner.
    Die Nana und Férula haßten sich. Sie suchten sich gegenseitig
die Liebe der Kinder zu entziehen und rivalisierten in der Sorge,
Clara vor ihren Extravaganzen und Verrücktheiten zu bewahren:
es war ein immerwährender, stummer Kampf, der sich in der
Küche, in Höfen und Gängen abspielte, nie jedoch vor Clara,
denn darin, daß ihr dieser Ärger erspart werden mußte, waren
beide sich einig. Férulas Liebe zu Clara hatte sich zu einer
eifersüchtigen Leidenschaft entwickelt, die mehr der eines
anspruchsvollen Ehemanns als der einer Schwägerin glich.
    Mit der Zeit ließ

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