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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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eigentlich, Oheim. Mich aufheitern mit deinen unseligen Geschichten? Weit gefehlt. Du nur bis Schuld daran, dass Ewald nicht mehr bei uns ist. Du hast dich nicht gekümmert. Du warst mit deinen Gedanken so weit weg in all der Zeit hier in dieser Stadt. Nur deswegen hat er diese neuen Freunde kennengelernt, diesen Montfort, diesen Teichner …« Sander unterbrach seine Schimpftiraden, weil er von Schluchzern geschüttelt wurde.
    »Es tut mir leid, Sander«, meinte Randegg und strich ihm begütigend über den Rücken. Sogleich rückte der Jüngling drei Handbreit weit weg und fuhr sich beschämt über die Augen.
    Verständnisvoll blickte Bernhard zu seinem Mündel und meinte leise: »Mich hat hier die Vergangenheit eingeholt, mein Sohn. Dagegen war ich eine Zeit lang machtlos. Dämonen aus früherer Zeit sind auf mich eingestürmt, dass ich dachte, ich weile an der Pforte der Hölle und nicht in einer der liebenswertesten Städte.«
    »Pah. Liebenswert. Ich wünschte, wir hätten diese Reise nie angetreten. Ich wünschte, ich wäre nie auf dieser Hochzeit mit all ihrem Gepränge gewesen. Ich wünschte, ich hätte dieses arme Mädchen nie getroffen, die auf der toten Frau gelegen hat, und ich wünschte, ich wäre nie ihrem grün und blau geprügelten Mörder in diesem Schandkäfig da begegnet!« Sander hielt erschöpft inne.
    »Welcher Mörder?«, fragte Randegg erstaunt.
    »Der Bischof von Passau hat den Stallknecht von den Wallseern überführt. Er hat die Frau in der Gosse getötet, mit den Lederriemen, die sie für die Pferde nehmen als Bandagen, damit hat er sie erdrosselt.«
    »Mit Lederriemen für Pferde?« Der Patriarch schüttelte zweifelnd den Kopf. »Das war eine Lederschnur, wie sie die Falkner verwenden, Sander, nichts anderes, da …«
    Unwirsch unterbrach ihn sein Neffe: »Das ist mir doch gleichgültig. Jetzt kannst du dir deine Einwände sparen, Oheim. Sie kommen zu spät. Man hat den armen Mann auf der Gänsewiese gehängt. Aber Sie kommen ja immer zu spät, Oheim. Auch bei Ewald. Ich wünschte, ich hätte ihn nie kennengelernt …«
    »Nein, das wünscht du nicht, Sander. Sei nicht ungerecht. Ewald wird immer dein Freund bleiben. Eure Wege werden sich vielleicht wieder kreuzen, vielleicht auch nicht. Aber jetzt – nun er muss seinen eigenen Weg beschreiten.«
    »Aber warum«, hier sah Sander seinen Oheim an, wie wenn er keine 14 Lenze, sondern nur vier zählen würde, »musste er denn mit dem Herzog verreisen? Warum ist er nicht mit uns nach Hause gekommen?«
    »Ewald ist Sänger. Tief in seinem Inneren hat die Kunst ihren Platz gefunden. Albrecht hat ihn beordert, die Preußenreise mit ihm zu unternehmen und Lieder über seine Heldentaten zu schreiben. Mein Gott, Sander, das muss deinem Freund vorgekommen sein, als hätte sich das Tor in den Himmel der Glückseligkeit geöffnet!«
    »Aber er hat doch versprochen, mit uns zu reisen.«
    »Nichts hat er versprochen.«
    »Aber sein Vater, was sagst du dem jetzt?«
    »Dass sein Sohn in den Diensten der Herzogs von Österreich steht.«
    »Aber so einfach ist das nicht.«
    »Oh doch, so einfach ist das. Er hat seinen Platz gefunden, so jung er auch ist. Ewald wird niemand aufhalten können, das weißt du genauso gut wie ich, und sein Vater weiß das auch.«
    »Was soll ich jetzt tun?«
    »Also geht es gar nicht so um Ewald, sondern um dich?«
    »Also …«
    »Ja, Sander, du wirst auf eigenen Beinen stehen müssen, dich nicht mehr hinter einem dreisten Freund, der auf alles und jedes eine Antwort weiß, verstecken können.«
    Randegg setzte fort: »Wir haben ja auch die drei Dienstboten vom Bischof dabei. Der jüngere macht mir einen ganz guten Eindruck. Wenn du auf ihn zugehst, dann könnte da auch so etwas wie eine Reisefreundschaft entstehen, auch wenn es nur ein einfacher Jüngling ist.«
    Sander rümpfte die Nase.
    »Ja, ich weiß«, meinte Bernhard abschwächend, »ein bisschen sonderbar ist er schon, und deinen Ewald wird er dir kaum ersetzen können. Aber ich denke, du musst lernen, die Menschen zu nehmen, wie sie nun einmal sind, das gehört zum Erwachsenwerden dazu.«
    Sander schwieg eine Weile, dann meinte er kleinlaut: »Wirst du mir helfen, erwachsen zu werden, oder wirst du wieder in deine eigene Welt versinken, Oheim?«
    Bestürzt und traurig zugleich musterte Bernhard seinen jungen Verwandten: »Ich hatte vergessen, wie feinfühlig du sein kannst, Sander. Ich entschuldige mich dafür, dass du dich von mir im Stich gelassen fühltest.

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