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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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erhobenem Kopf, ausladenden Hüften und herausgereckter Brust am Portal vorbei. Beide schlüpften hintereinander durch den Durchlass und waren nicht mehr gesehen. Nur ein »Jetzt hör aber auf, du damischer Aff du bleder …« war von Ferne noch zu hören.
    Bernhard von Randegg wischte sich Lachtränen aus den Augen und sagte zu Sander, der wie ein schlimmer Junge hinter den beiden her kicherte:
    »Und das, werter Neffe, das ist wirkliche Liebe!«
    Erschrocken wehrte der Jüngling ab: »Nie und nimmer, die beschimpfen sich ja ständig.«
    »Ja, eben, das ist Liebe auf wienerisch!«
    Entschlossen stand der Patriarch von den Stufen auf, klopfte sich den Staub von seinem Reisemantel und meinte: »Jetzt verabschiede dich von dieser schönen Stadt. Vielleicht hast du Glück und darfst wieder einmal hierher kommen. Ich wünsche es dir! Ich bin zu alt, die weite Reise noch einmal zu unternehmen …«
    Damit ging er, ohne sich noch einmal umzudrehen, zu seinem Pferd, stieg auf und ritt Richtung Widmertor, das ihn hinausbringen sollte aus Wien und auf den Weg nach Italien.
    Sander folgte ihm und später, als sie die Befestigungen und die Palisaden hinter sich gelassen hatten und in der Ferne bereits ihren Tross ausmachen konnten, meinte er zweifelnd zu seinem Oheim: »Jetzt war ich so lang in Wien, aber verstehen tu ich überhaupt nichts von den Leuten hier.«
    Beruhigend klopfte ihm Bernhard auf die Schulter: »Da bist du nicht allein. Das geht jedem so. Aber das macht nichts!«

    2 Veilchenlied aus der Logau’schen Literaturepoche , Kisch Bd.1 S. 72

Zweiter Teil
    Acht Jahre waren vergangen, aus dem Jungfalken war ein erfahrener Greifvogel geworden. Freilich einer, der nur in seinem Käfig hockte und nicht zur Jagd eingesetzt wurde. Aber sein inneres Feuer, das ihn selbst zu verbrennen drohte, brannte immer noch. Er war sicher, wenn man ihn fliegen ließe, dann könnte er auch wieder töten. Aber er musste sich in Geduld üben und warten. Nur mühsam brachte er sich durch den Tag, einen nach dem anderen. Gewiss, das Leben war bequem für ihn geworden, aber langweilig und eintönig. Zu leicht war alles zu erreichen, gutes Essen, ein weiches Bett, ein gemütlicher Platz am Ofen. Immer wieder musste er sich daran erinnern, dass er noch eine Aufgabe zu bestehen hatte. Er musste es ihm beweisen, dass er würdig war. Für dieses Bild lebte er, Anerkennung von ihm, Lob aus seinem Munde, Billigung seiner Taten. Er durfte jetzt nicht nachlassen und sich einlullen lassen von den Annehmlichkeiten dieses Lebens. Herausreißen musste er sich aus der Stumpfsinnigkeit, die ein voller Magen, ein durch Wein und Bier benebelter Verstand und ein nicht der Unbill der Natur ausgesetzter gepflegter Körper erzeugte. Gleich einem Falken, der in der Ausbildung stand, musste er wieder lernen zu hungern, zu fasten, sich zu kasteien. Nur so konnte aus der Mastgans, die er geworden war, wieder ein stolzer Falke werden, ein Raubvogel, der hoch in die Lüfte schwebt und schnell und geschickt seine Beute reißt. Es war an der Zeit, diesem Müßiggang Lebewohl zu sagen. Fast liebevoll kramte er seinen alten, zerschlissenen Beutel wieder hervor und nahm zärtlich seine Lederhaube heraus. Er strich über das graugrüne Leder mit den braunroten Flecken und grinste wohlig bei der Erinnerung an Vergangenes. Sehr genau musterte er sein Federspiel und die lange Lederschnur. Sie durfte ihn nicht im Stich lassen, wenn es darauf ankam. Als Letztes kamen seine beiden Messer an die Reihe. Das eine, das er stets am Gürtel trug und ihm auch als Tafelmesser diente, hatte einen gesteckten Griff aus hellem Holz. Er fuhr mit seiner Fingerspitze über die Schneide und schnalzte missbilligend. Da würde er wohl noch nachschleifen müssen. Dann, bereits wieder ein entrücktes Lächeln auf den Lippen, ergriff er ein dunkelbraunes, mit allerlei Flechtwerk verziertes Lederetui und zauberte daraus ein Messer mit dickem Rücken und einer sichelähnlichen Klinge an der Spitze hervor. Wie die Kralle eines Raubvogels, dachte er entzückt und strich sanft über den Griff aus Pflaumenholz und über die Klinge, wo kunstvoll zwei Hornplatten eingelegt waren. Er ließ sich viel Zeit beim Einräumen seiner Schätze in den Beutel, räumte ihn wieder in den untersten Teil seiner Truhe und legte zwei seiner Schlafdecken darauf.
    Entschlossen drehte er sich um und beschloss einmal mehr zu warten. Unauffällig zu sein, sich bedeckt zu halten und auf sein Schicksal, das ihm bislang immer

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