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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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fast aus dem Mieder hüpfte, antwortete sie selbstbewusst: »Wir sind beim Einzug dabei, schon vergessen? Lassts uns durch, ihr Deppen!«
    Trude, die gleich hinter ihr stakste, blickte missbilligend auf die lachende Menge und raunte: »So viele blöde Gaffer auf einmal!« Damit zog sie das Oberteil mit einer raschen Handbewegung weiter nach unten, um den Umstehenden einen Blick auf ihre von der Kälte zusammengeschrumpelten Brustwarzen zu gönnen.
    Dahinter kam Ursel, die genug zu tun hatte, um das Tempo der beiden zu halten, und der die Spucke aus dem linken Mundwinkel troff, weil ihr dort seit dem Vortag ein weiterer Zahn fehlte. Gestern hatte sie so lang herumgewerkelt, bis er endlich draußen war. Alle anderen Frauen folgten mehr oder weniger aufreizend gekleidet mit wiegenden Hüften, lüsternen, aufmunternden Blicken und voll Tatendrang. Die blauen Kleider für alle Dirnen waren rechtzeitig fertig geworden. Wann immer die Hübschlerinnen Zeit hatten, nähten sie an ihren ›Hochzeitsroben‹. Dementsprechend stolz präsentierten sie nun ihre neuen Gewänder.
    Als die tuschelnde und hin und her wogende Menge die Gasse schon wieder schließen wollte, drängten sich noch Dorthe und Elsbeth durch die Schaulustigen. In der Mitte führten sie Gretlin, die als Einzige nicht in blauen Samt, sondern in helles, etwas zerschlissen wirkendes Leinen gekleidet war. Elsbeth hatte günstig ein abgetragenes Kleid erwerben können und es für die zarte Gretlin umgeschneidert. Die Haare trug das Mädchen nicht aufgetürmt, sondern in zwei braven Flechten, die sie noch um den Kopf gewickelt hatte. Der Gegensatz zu den Hübschlerinnen hätte nicht krasser sein können. Doch Elsbeth bestand auf diesem Aufzug, anders wollte sie Gretlin auf keinen Fall unter die Meute potenzieller Freier lassen.
    »Jetzt sei nicht so neugierig, sondern geh da einfach durch«, zischte sie sogleich und drängte Gretlin unsanft vorwärts.
    »Aber schau nur, die vielen Leute. Und so freundlich lächeln sie uns an!«
    Elsbeth war sprachlos über so viel Naivität und bereute einmal mehr, das Mädchen überhaupt mitgenommen zu haben.
    »Sag mal, sieht man auch das gelbe Tüchel gut«, setzte Gretlin wieder an und strich stolz über ihre Schulter, wo sie ein gelbes Stück Stoff als freie Tochter auswies. Jenes Gelb, das sie immer trug, wenn sie mit Elsbeth auf der Straße spazierte. Nur – bis jetzt hatte sie es noch nie bei einer so großen Feierlichkeit getragen. Noch nie haben so viele Leute mein Tuch gesehen, dachte sie stolz und reckte ihr Kinn ein wenig höher.
    Elsbeth biss die Zähne zusammen und versuchte, ihre Tränen, so gut es ging, zu verbergen. Dorthe nickte ihr beruhigend zu, bevor sie sich an das Mädchen, das ganz rote Wangen vor Aufregung hatte, wandte:
    »Alles in Ordnung, Gretlin. Du siehst wunderhübsch aus, das Tüchel sitzt ganz ausgezeichnet. Jetzt geh aber bitte weiter, dass wir uns ganz hinten im Festzug einreihen können.«
    »Aber«, meinte Gretlin ganz aufgeregt, »da müssen wir ja erst von vorn bis nach hinten gehen, da komme ich ja bei allen vorbei, da sehe ich ja einfach ALLES!«
    »Ja natürlich«, schmunzelte Dorthe und nickte der betrübten Elsbeth zu, »du bleibst brav zwischen uns beiden, und wir bringen dich vorbei bei allen Festgästen, die da vorn schon Aufstellung genommen haben.« Damit zeigte sie auf eine bunte Schar zu Pferd, zu Fuß, in kirchlichen Ornat, in bestickten Überkleidern, mit ausladenden Hüten, opulenten Gürteln und glitzernden Silberschnallen an ungewöhnlich spitz geformten Schuhen.
    »Komm jetzt, Kleines, wir müssen uns beeilen, dass wir den Anschluss an die anderen nicht verlieren. Fronika«, rief Dorthe nach vorn »jetzt wart doch einmal, was hast es denn so eilig?«
    »Na, ich weiß, warum«, rief ihr da der grobschlächtige Mann von vorhin nach, »sie kann es nicht erwarten, uns mehr als nur ihre fetten Waden zu zeigen!« Wieder brüllten die Umstehenden vor Lachen.
    Dorthe zwinkerte dem Mann zu: »Ihr werdet es schon erwarten können, bis der offizielle Festzug vorbei ist, wir warten auf euch alle«, damit zeigte sie in eine Männerrunde, »gleich beim Stephansfreithof … so wie immer!« Damit schleuste sie Elsbeth und Gretlin durch das wartende Volk und schmunzelte, als sie in den Augenwinkeln sah, wie die dazugehörigen Ehefrauen ihre Männer erbost ankeiften.
    Gretlin ließ sich widerstandslos von Dorthe und Elsbeth durch die Menge schleifen, bis sie auf einen freien Platz traten und

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