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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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Hochzeit die Straße, auf der der Festzug stattfinden sollte, aus Granit fertiggestellt.
    »Ach schau nur, Elsbeth, wie hübsch die Häuser ganz oben aussehen, und so hell sind sie, dass sie blenden, wie die Sonne selbst!« Gretlins Begeisterung war ansteckend, und Elsbeth entspannte sich ein wenig und sah sich ebenfalls um. Ja, Wien sah heute selbst wie eine Braut aus! Die Häuser waren zum Teil mit sündhaft teuren Dachziegeln gedeckt oder mit Schindeln, die man mit roter Farbe angestrichen hatte. Fast alle Bauten am Weg des Trosses hatten einen frischen weißen Anstrich, und die Fenster waren mit sauberen Häuten bespannt. An einigen Häusern sahen sie sogar die neumodischen Butzenscheiben aus Waldglas in den Fenstern. Gretlin war sprachlos über solchen Luxus und deutete ehrfürchtig auf das glitzernde Glas.
    »Einmal nur möchte ich in einem Zimmer wohnen, wo die Sonne so hell wie Edelstein hereinscheint!«, hauchte sie.
    Endlich hatte die Gruppe der Hübschlerinnen das Ende des Zuges erreicht. Umständlich richteten sie ihre Kleider und achteten peinlich darauf, dass sie ihre Waden und ihre nackten Oberarme zeigten und so hier und da eine unbedeckte Brust blitzen ließen. Begehrliche Blicke, Zungenschnalzen und lautes Johlen der umstehenden Männer begleiteten jede ihrer aufreizenden Gesten. Als die Trompeten endlich erschallten, setzte sich der Festzug langsam in Bewegung. Elsbeth und Dorthe nickten sich zu, hakten sich beide links und rechts bei Gretlin unter und führten sie inmitten der Gruppe der freien Töchter vom Widmerturm zur neuen Herzogsburg. Auf dem großen Turnierplatz verweilte der Zug noch ein wenig, und man wartete gespannt, dass Braut und Bräutigam sich aus ihren Wohntrakten begaben und gut beschirmt unter prunkvollen Baldachinen ihren Platz an der Spitze des Zuges einnahmen. Aufgeregt blickte Gretlin zur Burg mit den mächtigen vier Ecktürmen. Alles war so groß, so sauber und so mächtig! Der größte im Südwesten musste wohl der Bergfried sein! Rundherum war ein Burggraben angelegt, wo eine massive Zugbrücke in das Innere des Hofes führte. Gretlin konnte einen Brunnen erkennen, wenn sie sich vorbeugte und am Torhaus vorbeilugte. Rund um die Burg war ein wunderschöner Garten angelegt, und aufgeregt stupste Gretlin Elsbeth in die Seite: »Schau, da drüben neben dem Gang zum Kloster, schau nur, da steht ein Haus mit lauter Vögeln drinnen!«
    Elsbeth lächelte nachsichtig: »Du schaust in die falsche Richtung, Gretlin! Schau hier zur Brücke, da kommt gleich der Herzog mit Braut und Gefolge!« Und richtig, Gretlin blieb der Mund offen stehen, als Albrecht mit seiner Braut Beatrix und den kirchlichen Würdenträgern, alle unter purpurfarbenen Baldachinen den Burggraben überquerten und sich ganz nach vorn begaben. Eine ganze Reihe von Adeligen in kostbaren Gewändern, teilweise mit Dienern, die Handpferde am Zügel führten, folgte dem Paar. Die Pferde trugen keinen Sattel, nur kunstvoll gestickte Schabracken mit dem Wappen des jeweiligen Geschlechts. Gretlin staunte: »Schau dir diese vielen Herrschaften an! Die kommen alle zur Hochzeit!«
    »Nun, Gretlin«, meinte Dorthe, »geheiratet haben die beiden schon. In der Kapelle der Burg, aber jetzt ziehen sie durch die Stadt nach Sankt Stephan, um ein Dankgebet zu sprechen. Und da dürfen wir mit. Ganz hinten zwar, aber doch!«
    »Und die da, wer sind die?«, damit zeigte Gretlin auf zwei junge Männer in der Gruppe der Adeligen, die unverhohlen in ihre Richtung starrten.
    »Also ich schätze, mein Kind, dass das junge Ehrengäste sind, die freie Töchter so wie wir es sind, bisher nur von der Ferne gesehen haben. Ihre Gesichter, die mich entfernt irgendwie an einen Esel erinnern, den man aufs Eis tanzen geschickt hat, lassen mich etwas in dieser Richtung vermuten.« Elsbeth lachte und zwinkerte den beiden zu, sofort drehte sich der eine weg. »Na schau dir doch nur diesen Blondschopf an, so schüchtern!«, meinte sie verschmitzt. Gretlin verstand gar nichts, aber das machte ihr nichts aus, denn ihr gefielen die beiden und vor allem die schönen Wamse und dazu passenden Gugeln, die Samtbarette und feinen Beinlinge und – natürlich – die Schnabelschuhe aus feinstem Leder.
    Endlich setzte sich der Zug vorbei an der Hofburg durch den Witmarkt in Bewegung. Brav blieb Gretlin in der Mitte ihrer beiden Bewacherinnen und ließ sich durch die Menge schieben. Mittlerweile hatten sie das Ende des Witmarktes erreicht und bogen rechts in den

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