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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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den Augen, das er bei den Spekulanten gut kannte, war ihm klar, daß auch sie nichts wußte. Eine Blutwelle stieg ihm in den Kopf und bereitete ihm ein Wonnegefühl.
    »Und Sie haben mir nichts zu sagen, Herr Saccard?«
    »Nichts, gnädige Frau, was Sie nicht schon wüßten.«
    Und er dachte, als er sie verließ: Du bist nicht nett gewesen, so wird es mir ein Vergnügen sein, wenn du mal einen Hieb einstecken mußt. Vielleicht stimmt dich das ein andermal freundlicher. Nie war sie ihm begehrenswerter erschienen, und er war sicher, sie zu gegebener Stunde zu bekommen.
    Als er auf den Place de la Bourse zurückkehrte, krampfte ihm der Anblick Gundermanns, der in der Ferne aus der Rue Vievienne auftauchte, erneut das Herz zusammen. Sosehr ihn die Entfernung auch verkleinerte, er war es doch mit seinem langsamen Gang, mit dem blassen Kopf, den er hoch erhoben trug, ohne jemand anzusehen, als wäre er in seiner Königswürde inmitten der Menge allein. Und er folgte ihm mit Schrecken, deutete jede seiner Bewegungen. Als er sah, wie Nathansohn ihn ansprach, glaubte er alles verloren. Aber der Kulissenmakler zog sich mit enttäuschter Miene zurück, und Saccard faßte wieder Hoffnung. Er fand wirklich, daß der Bankier wie alle Tage aussah. Da hüpfte ihm plötzlich das Herz vor Freude: Gundermann ging zum Konditor hinein, um wie gewöhnlich Bonbons für seine Enkeltöchter zu kaufen; und das war ein sicheres Zeichen, an Krisentagen tat er das nie.
    Es schlug ein Uhr, die Glocke kündigte die Eröffnung des Börsenmarktes an. Es sollte eine denkwürdige Börse werden, einer dieser großen schwarzen Tage, einer der seltenen durch die Hausse verursachten Börsenkrachs legendären Angedenkens. In der drückenden Hitze fielen die Kurse anfänglich noch weiter. Gleich dem leichten Vorgeplänkel am Beginn einer Schlacht gab es dann plötzlich vereinzelte Käufe, die Staunen erregten. Aber bei dem allgemeinen Mißtrauen wollten die Geschäfte trotzdem nicht recht in Gang kommen. Die Käufe mehrten sich und wurden allenthalben lebhafter, in der Kulisse und an der Corbeille; man hörte nur noch, wie die Stimmen von Nathansohn unter dem Säulengang, von Mazaud, Jacoby und Delarocque an der Corbeille laut verkündeten, sie kauften alle Papiere zu jedem Preis. Da ging ein Beben, ein Aufbranden durch die Menge, ohne daß sich in der Verwirrung dieses unerklärlichen Umschwungs jemand herausgewagt hätte. Die Kurse waren leicht gestiegen; Saccard hatte Zeit, Massias neue Orders für Nathansohn zu geben. Ebenso bat er den kleinen Flory, der an ihm vorbeirannte, Mazaud einen Zettel zu überbringen mit dem Auftrag, zu kaufen und immer weiter zu kaufen, so daß Flory, als er den Zettel gelesen hatte, in einem Anfall von Gläubigkeit das Spiel seines großen Mannes spielte und nun auch auf eigene Rechnung kaufte. Und in dieser Minute, Viertel vor zwei, schlug es wie der Blitz mitten in die Börse ein: Österreich trat Venetien an den Kaiser ab, der Krieg war zu Ende. Woher stammte diese Nachricht? Niemand wußte es, sie kam aus jedem Munde zugleich, selbst aus den Pflastersteinen. Irgend jemand hatte sie mitgebracht, und alle wiederholten sie in einem Geschrei, das wie eine Sturmflut brausend anschwoll. In rasenden Sprüngen kletterten die Kurse inmitten dieses schrecklichen Tumults nach oben. Vor dem Schlußglockenschlag hatten sie um vierzig, um fünfzig Francs angezogen. Es gab ein unvorstellbares Kampfgetümmel, eine dieser verworrenen Schlachten, in denen alle, Soldaten und Hauptleute, drauflosschlagen, um ihre Haut zu retten, betäubt und geblendet, ohne ein klares Bild von der Lage zu haben. Von den Stirnen rann der Schweiß; die unbarmherzige Sonne, die auf die Stufen herniederbrannte, tauchte die Börse in den Flammenschein einer Feuersbrunst.
    Und als man bei der Liquidation das Unheil abschätzen konnte, schien es unermeßlich. Das Schlachtfeld war mit Verwundeten und Ruinen übersät. Moser, der Baissier, gehörte zu den am meisten Betroffenen. Pillerault büßte hart für seine Schwäche, daß er ein einziges Mal an der Hausse gezweifelt hatte. Maugendre verlor fünfzigtausend Francs, sein erster ernsthafter Verlust. Die Baronin Sandorff hatte so hohe Differenzen zu begleichen, daß Delcambre, wie es hieß, sich weigerte, sie zu bezahlen; sie wurde ganz weiß vor Zorn und Haß, wenn man nur den Namen ihres Mannes nannte, des Botschaftsrates, der die Depesche noch vor Rougon in Händen gehabt hatte, ohne ihr etwas zu sagen. Und vor

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