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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Wenn er, auf seinen neuen Millionen hockend, Verlangen nach einer Frau verspürte, dachte er nur daran, eine sehr teure zu kaufen, um sie vor ganz Paris zu besitzen, so als würde er sich einen sehr großen Brillanten schenken, um ihn sich lediglich aus Eitelkeit in die Krawatte zu stecken. Und war das nicht eine ausgezeichnete Reklame? Wenn ein Mann in der Lage war, viel Geld für eine Frau auszugeben, mußte er dann nicht ein klar erfaßbares Vermögen haben? Seine Wahl fiel sofort auf Madame de Jeumont, bei der er zwei- oder dreimal mit Maxime zu Abend gegessen hatte. Mit ihren sechsunddreißig Jahren war sie noch sehr schön, von der ebenmäßigen, ernsten Schönheit einer Juno, und ihre große Berühmtheit rührte daher, daß ihr der Kaiser hunderttausend Francs für eine Nacht gezahlt hatte, nicht gerechnet den Orden für ihren Gatten, einen untadeligen Mann, der keine andere Rolle zu spielen hatte, als der Gatte seiner Frau zu sein. Beide lebten auf großem Fuße, gingen in den Ministerien und bei Hofe aus und ein, bezogen ihre Einkünfte aus wenigen auserwählteh Geschäften und begnügten sich mit drei oder vier Nächten im Jahr. Es war bekannt, daß diese Frau schrecklich viel kostete, denn sie war das Vornehmste vom Vornehmen. Und Saccard, den besonders das Verlangen reizte, in diesen kaiserlichen Happen zu beißen, ging bis zweihunderttausend Francs, nachdem der Gatte zunächst ein schiefes Gesicht gezogen hatte, weil er diesen alten zwielichtigen Finanzmann für zu unbedeutend hielt, von kompromittierender Immoralität.
    Fast zur gleichen Zeit lehnte es die kleine Frau Conin rundweg ab, sich mit Saccard einzulassen. Er kam oft in den Papierwarenladen in der Rue Feydeau, weil er immer Handbücher brauchte, und diese liebenswürdige, rosige, rundliche Blondine mit dem hellen, mattseidenen Haar, dieses kleine gelockte Schäfchen, so anmutig und schmeichlerisch und immer fröhlich, hatte es ihm sehr angetan.
    »Nein, ich will nicht, mit Ihnen niemals!«
    Wenn sie »niemals« gesagt hatte, so war der Fall erledigt, nichts konnte sie von ihrer Weigerung abbringen.
    »Aber warum nicht? Ich habe Sie doch auch mit einem anderen gesehen, als Sie eines Tages aus einem Hotel in der Passage des Panoramas herauskamen …«
    Sie errötete, schaute ihm aber weiter tapfer ins Gesicht. Dieses Hotel gehörte einer alten Dame, einer Freundin von ihr, und diente ihr tatsächlich als Treffpunkt für Rendezvous, wenn sie aus einer Laune heraus einem Herrn aus der Börsenwelt nachgab, in Stunden, da ihr braver Kerl von Ehemann seine Registerbücher zusammenklebte und sie, die immer auf den Beinen war und die Besorgungen für das Geschäft erledigte, Paris abklapperte.
    »Sie wissen schon, mit Gustave Sédille, diesem jungen Mann, Ihrem Geliebten.«
    Mit einer hübschen Gebärde widersprach sie. Nein, nein, sie hatte keinen Geliebten! Kein einziger Mann durfte sich rühmen, sie zweimal besessen zu haben. Wofür hielt er sie? Einmal, ja! Aus Zufall, zum Spaß, ohne daß es Folgen hatte! Und alle blieben ihre Freunde, sehr dankbar und sehr verschwiegen.
    »Liegt es vielleicht daran, daß ich nicht mehr jung genug bin?«
    Aber mit einer neuerlichen Gebärde, immer noch lächelnd, schien sie ihm sagen zu wollen, daß es ihr überhaupt nichts ausmachte, ob einer jung war oder nicht! Sie hatte sich Männern hingegeben, die weniger jung waren, auch weniger gut aussahen, oft sogar armen Teufeln.
    »Warum also nicht, sagen Sie mir, warum nicht?«
    »Mein Gott! Das ist doch ganz einfach … Weil Sie mir nicht gefallen … Mit Ihnen – niemals!«
    Und sie blieb trotzdem sehr freundlich, schien untröstlich, daß sie ihn nicht zufriedenstellen konnte.
    »Hören Sie«, sagte er plötzlich, »ich gebe Ihnen, was Sie wünschen … Wollen Sie tausend, wollen Sie zweitausend für ein einziges Mal?«
    Bei jedem höheren Angebot, das er machte, schüttelte sie freundlich den Kopf.
    »Wollen Sie … hören Sie, wollen Sie zehntausend, wollen Sie zwanzigtausend?«
    Sanft unterbrach sie ihn und legte ihre kleine Hand auf die seine.
    »Nicht zehn-, nicht fünfzig-, nicht hunderttausend! Sie könnten noch lange so fortfahren, immer mehr zu bieten, ich würde nein, immer wieder nein sagen … Sie sehen doch, daß ich keinen Schmuck trage. Oh, man hat mir welchen angeboten, schöne Sachen, auch Geld und alles! Aber ich will nichts, reicht es nicht, wenn es Spaß macht? … So begreifen Sie doch: mein Mann liebt mich von ganzem Herzen, und ich liebe ihn

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