Das Geld - 18
in dem Ruf stand, trotz seines jugendlichen Feuers noch nicht allzusehr auf eigene Rechnung zu spekulieren. Und diesen Duft von Glück und ungetrübter Wonne atmete man wirklich in dem verschwiegenen Frieden der Teppiche und Wandbespannungen, in dem Wohlgeruch, mit dem ein großer Rosenstrauß, der üppig aus einer chinesischen Vase quoll, das ganze Zimmer erfüllte.
Frau Mazaud, die Saccard flüchtig kannte, sagte heiter zu ihm:
»Nicht wahr, mein Herr, um immer glücklich zu sein, braucht man es nur zu wollen?«
»Davon bin ich überzeugt, gnädige Frau«, antwortete er. »Außerdem, wenn jemand so schön und so gut ist, wagt ihn das Unglück niemals anzurühren.«
Strahlend hatte sie sich erhoben. Sie umarmte ihren Mann und ging mit dem kleinen Jungen auf dem Arm davon, vom Töchterchen gefolgt, das sich seinem Vater an den Hals gehängt hatte. Dieser wollte seine Rührung verbergen und drehte sich mit einem Pariser Scherzwort zu dem Besucher um.
»Wie Sie sehen, sind wir hier nicht zu bedauern.«
Dann fragte er lebhaft:
»Sie haben mir etwas zu sagen? Gehen wir hinauf, wenn es Ihnen recht ist. Dort sind wir ungestörter!«
Oben vor der Kasse erkannte Saccard Sabatani, der sich Differenzbeträge auszahlen lassen wollte, und er war überrascht von dem herzlichen Händedruck, den der Makler mit seinem Kunden wechselte. Als er im Arbeitszimmer Platz genommen hatte, erklärte er gleich den Grund seines Besuchs und fragte Mazaud über die Formalitäten aus, die für die Zulassung eines Wertpapiers auf dem amtlichen Kurszettel erforderlich waren. In seiner laxen Art sprach er von dem Geschäft, das er starten wollte, die Banque Universelle mit einem Stammkapital von fünfundzwanzig Millionen. Ja, ein Kreditinstitut, das vor allem zu dem Zweck gegründet werden solle, große Unternehmungen zu finanzieren, die er kurz andeutete. Mazaud hörte ihm zu, ohne ein Wort zu sagen, und erläuterte freundlich und gefällig die Formalitäten, die zu beachten waren. Aber er ließ sich nicht täuschen, er ahnte, daß sich Saccard wegen einer solchen Kleinigkeit nicht zu ihm bemüht hätte. Als daher letzterer endlich den Namen Daigremont aussprach, mußte er unwillkürlich lächeln. Gewiß, Daigremont konnte sich auf ein Riesenvermögen stützen; man sagte zwar, daß er es mit der Treue nicht allzu genau nehme, doch wer war schon treu in Geschäften und in der Liebe? Niemand! Im übrigen hatte er, Mazaud, Bedenken, über Daigremont nach ihrem Bruch, der die ganze Börse beschäftigt hatte, die Wahrheit zu sagen. Daigremont erteilte jetzt seine meisten Orders Jacoby, einem Juden aus Bordeaux, ein fideler Bursche von sechzig Jahren mit breitem, fröhlichem Gesicht, dessen brüllende Stimme berühmt war, der aber jetzt schwerfällig wurde und einen Schmerbauch bekommen hatte; und so bestand eine gewisse Rivalität zwischen den beiden Maklern, dem jungen, vom Glück begünstigten Mazaud und dem in die Jahre gekommenen Jacoby. Ehemals Prokurist, hatte Jacoby mit Zustimmung der Kommanditäre seinem Chef das Maklerbüro abkaufen können. Er war außerordentlich erfahren und verschlagen, doch leider durch seine Leidenschaft für die Spekulation verloren, trotz beträchtlicher Gewinne stand er immer am Rande einer Katastrophe. Alles schmolz in den Liquidationen dahin. Germaine Cœur kostete ihn nur ein paar Tausendfrancsscheine, und seine Frau sah man nie.
»Jedenfalls«, so schloß Mazaud, trotz seiner großen Korrektheit dem Groll nachgebend, »hat Daigremont in der Caracas-Affäre Verrat begangen und die Profite an sich gerissen. Er ist sehr gefährlich.«
Nach einer Pause fuhr er fort:
»Aber warum wenden Sie sich nicht an Gundermann?«
»Niemals!« schrie Saccard, den die Leidenschaft hinriß.
In diesem Augenblick trat der Prokurist Berthier ein und flüsterte dem Makler ein paar Worte ins Ohr. Die Baronin Sandorff wollte ihre Differenzen bezahlen und wandte alle möglichen Kniffe an, um ihre Rechnungen zu verkleinern. Für gewöhnlich beeilte sich Mazaud, die Baronin selbst zu empfangen; aber wenn sie verloren hatte, mied er sie wie die Pest, da er eines allzu heftigen Angriffs auf seine Galanterie gewärtig sein mußte. Es gibt keine schlimmeren Kunden als die Frauen, die weder Treu noch Glauben kennen, sobald sie bezahlen sollen.
»Nein, nein, sagen Sie, ich bin nicht da«, antwortete er übellaunig. »Und lassen Sie keinen Centime nach, hören Sie!«
Als Berthier gegangen war, sah Mazaud an Saccards Lächeln, daß
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