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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Gundermann ein riesiges Palais, das für seine vielköpfige Familie gerade groß genug war. Er hatte fünf Töchter und vier Söhne, davon waren drei Töchter und drei Söhne verheiratet und hatten ihm schon vierzehn Enkel geschenkt. Wenn sich diese Nachkommenschaft zum Abendessen geschlossen einfand, so saßen, seine Frau und er mit einbegriffen, einunddreißig Menschen bei Tisch. Und abgesehen von zwei Schwiegersöhnen, die nicht mit im Palais wohnten, hatten alle anderen dort ihre Wohnungen im rechten und linken Seitenflügel, die auf den Garten hinausgingen, während die weitläufigen Geschäftsräume der Bank das ganze Hauptgebäude einnahmen. In weniger als einem Jahrhundert war das ungeheuerliche Vermögen in dieser Familie entstanden und auf eine Milliarde angewachsen, durch Sparsamkeit und das glückliche Zusammenwirken günstiger Umstände. So etwas wie Vorherbestimmung lag darin, der ein lebhafter Verstand, verbissene Arbeit und eine unbesiegbare kluge Anstrengung, die sich ständig auf das gleiche Ziel richtete, zu Hilfe gekommen waren. Jetzt flossen alle Ströme des Goldes in dieses Meer, die Millionen verschwanden in diesen Millionen, der öffentliche Reichtum wurde von diesem immer noch wachsenden Reichtum eines einzigen verschlungen; und Gundermann war der wahre Herr, der allmächtige König, den Paris und die Welt fürchteten und dem sie gehorchten.
    Während Saccard die breite Steintreppe emporstieg, deren Stufen vom ständigen Kommen und Gehen der Menge schon mehr abgenutzt waren als die Schwellen der alten Kirchen, spürte er unauslöschlichen Haß gegen diesen Mann in sich aufwallen. Dieser Jude! Er hegte gegen den Juden den alten Rassengroll, dem man vor allem im Süden Frankreichs begegnet; etwas wie eine Auflehnung des Fleisches, eine heftige Abneigung der Haut überkam ihn, fernab aller Vernunft und ohne daß er sich bezwingen konnte, beim Gedanken an die geringste Berührung und erfüllte ihn mit Ekel und dem Verlangen nach Gewalttätigkeit. Aber das Sonderbare war, daß er, Saccard, dieser schreckliche Geschäftemacher, dieser Henker des Geldes mit den schmutzigen Händen, jede Selbstbesinnung verlor, sobald es sich um einen Juden handelte; er sprach dann von seinesgleichen mit einer Schärfe, mit der rachedürstigen Empörung eines ehrlichen Menschen, der von seiner Hände Arbeit lebt und an jeglicher Art von Wuchergeschäften nicht teilhat. Er hielt die Anklagerede gegen die Rasse, diese verfluchte Rasse, die kein Vaterland und keinen Fürsten mehr hat, die als Schmarotzer in den Nationen lebt und heuchelt, die Gesetze anzuerkennen, während sie in Wirklichkeit nur ihrem Gott des Diebstahls, des Blutes und des Zornes gehorcht; und er zeigte, wie sie überall den Auftrag grausamer Eroberung erfüllte, den dieser Gott ihr erteilt hat, und sich in jedem Volk wie die Spinne in der Mitte ihres Netzes niederließ, um auf ihre Beute zu lauern, allen das Blut auszusaugen und sich zu mästen am Leben der anderen. Hat man je einen Juden gesehen, der mit seinen zehn Fingern arbeitete? Gibt es Juden, die Bauern oder Arbeiter sind? Nein, Arbeit entehrt, ihre Religion verbietet sie beinahe, preist nur die Ausbeutung der Arbeit anderer. Diese Halunken! Saccards Wut schien um so größer, als er sie bewunderte und ihnen ihre großartigen Fähigkeiten in Geldsachen neidete, dieses angeborene Wissen von Zahlen, dieses natürliche, ungezwungene Gebaren in den komplizierten Geschäften, dieses Gespür und dieses Glück, die allem, was sie unternehmen, den Triumph sichern. Zu diesem Diebsspiel, sagte er, sind die Christen nicht imstande, sie ertrinken am Ende immer; nehmt hingegen einen Juden, der nicht einmal die Buchführung versteht, werft ihn in das trübe Wasser irgendeines dunklen Geschäfts, und er rettet sich und trägt den ganzen Gewinn auf seinem Buckel davon. Das ist die Gabe der Rasse, ihre Daseinsberechtigung über alle Völker hinweg, die werden und vergehen. Und er prophezeite voller Zorn die endgültige Eroberung aller Völker durch die Juden, sobald sie erst das Gesamtvermögen des Erdballs werden an sich gerafft haben, was nicht mehr lange dauern werde, da man ja zuließ, daß sie Tag für Tag ihr Königreich ungehindert vergrößerten – in Paris konnte man schon sehen, wie ein Gundermann auf einem Thron herrschte, der fester und geachteter war als der des Kaisers.
    Als Saccard oben in das Vorzimmer eintreten wollte, wich er unwillkürlich zurück, denn es war voll von Remisiers,

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