Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
eingeräumten zehnprozentigen Prämie; und noch deutlicher merkte er, daß sie nicht bezahlen würde, wenn er ihr ein Konto eröffnete.
    »Ich habe mein persönliches Vermögen, mein Mann kümmert sich niemals darum. Das bringt mir viel Ärger ein, macht mir aber auch ein wenig Spaß, wie ich gestehen muß … Nicht wahr, wenn man sieht, daß eine Frau sich mit Geld befaßt, zumal eine junge Frau, so wundert man sich und ist versucht, sie zu tadeln … Es gibt Tage, wo ich nicht ein noch aus weiß, denn ich habe keine Freunde, die mir raten wollen. Erst am letzten Medio habe ich, weil ich nicht Bescheid wußte, einen ziemlich hohen Betrag eingebüßt … Ach, wo Sie jetzt bald immer alles in Erfahrung bringen können, wenn Sie da so freundlich sein wollten …«
    Hinter der Dame von Welt kam die Spekulantin zum Vorschein, die gierige, versessene Spekulantin, jene Tochter der Ladricourts, deren Vorfahre Antiochia erobert hatte, jene Diplomatenfrau, vor der die Ausländerkolonie in Paris untertänigst den Hut zog und die ihre Leidenschaft als zwielichtige Bittstellerin zu allen Finanzleuten führte. Ihre Lippen leuchteten blutrot, ihre Augen loderten noch mehr, ihr Begehren brach hervor und brachte die feurige Frau, die sie zu sein schien, in Wallung. Und er war einfältig genug zu glauben, sie sei gekommen, sich ihm anzubieten, nur um an seinem großen Geschäft beteiligt zu sein und bei Gelegenheit nützliche Börsentips zu bekommen.
    »Aber gnädige Frau«, rief er aus, »ich wünsche nichts sehnlicher, als Ihnen meine Erfahrung zu Füßen legen zu dürfen.«
    Er hatte seinen Stuhl herangerückt und ihre Hand ergriffen. Sie schien sofort ernüchtert. O nein, so weit war sie noch nicht! Es war immer noch Zeit, daß sie die Kenntnis einer Depesche mit einer Nacht bezahlte. Schon ihr Verhältnis mit dem Generalstaatsanwalt Delcambre war für sie eine scheußliche Fron; die Knauserei ihres Gatten hatte sie gezwungen, diesen hageren, gelbgesichtigen Mann zu empfangen. Und ihre sinnliche Gleichgültigkeit, die geheime Verachtung, die sie für die Männer hegte, offenbarte sich in einer bleichen Müdigkeit auf ihrem Gesicht, das nur die Hoffnung des Börsenspiels mit einem Schein falscher Leidenschaft entflammte. Sie erhob sich, im Stolz ihrer Rasse und ihrer Erziehung getroffen, denen zuliebe sie sich bisweilen noch Geschäfte durch die Finger gehen ließ.
    »Nun, Herr Saccard, Sie waren also zufrieden mit diesem Küchenchef?«
    Verwundert stand auch Saccard auf. Was hatte sie sich denn erhofft? Daß er sie ohne Gegenleistung einschrieb und ihr Auskünfte gab? Man mußte den Frauen entschieden mißtrauen, sie waren bei Geschäften ganz besonders unredlich. Und obwohl er sie begehrte, drang er nicht weiter in sie, sondern verbeugte sich mit einem Lächeln, was heißen sollte: Bitte schön, liebe gnädige Frau, sobald es Ihnen beliebt! Laut sagte er jedoch:
    »Sehr zufrieden, ich kann es nur wiederholen. Lediglich aus Gründen der Umgestaltung in meinem Haushalt habe ich mich entschlossen, mich von ihm zu trennen.«
    Die Baronin Sandorff zögerte noch den Bruchteil einer Sekunde; nicht daß sie ihre Auflehnung bedauerte, aber zweifellos spürte sie, wie einfältig es war, einen Saccard aufzusuchen, ohne sich vorher mit den Konsequenzen abgefunden zu haben. Das brachte sie gegen sich selbst auf, denn sie erhob den Anspruch, eine ernst zu nehmende Frau zu sein. Schließlich erwiderte sie mit einem einfachen Kopfnicken den ehrerbietigen Gruß, mit dem er sie verabschiedete; und er geleitete sie zu der kleinen Tür, die plötzlich von vertrauter Hand geöffnet wurde. Es war Maxime, der an jenem Morgen bei seinem Vater frühstücken wollte und der als Eingeweihter über den Flur kam. Er grüßte ebenfalls und trat beiseite, um die Baronin hinauszulassen. Als sie dann fort war, lachte er leise.
    »Kommt dein Geschäft in Gang? Streichst du schon die Prämien ein?«
    Trotz seiner großen Jugend besaß er die Sicherheit eines erfahrenen Mannes und war unfähig, seine Kräfte unnütz in einer gewagten Lustbarkeit zu vergeuden. Sein Vater verstand seine spöttisch überlegene Haltung.
    »Nein, ganz und gar nicht! Ich habe überhaupt nichts eingestrichen, und das keineswegs aus Besonnenheit. Ich bin nämlich ebenso stolz, mein Kleiner, auf meine zwanzig Jahre, wie du auf deine sechzig stolz zu sein scheinst.«
    Maximes Lachen wurde lauter, sein altes perlendes Mädchenlachen, dessen zweideutiges Gurren er beibehalten hatte, obwohl er

Weitere Kostenlose Bücher