Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
Vom Netzwerk:
auch nicht die Brüder von Baddi aus Thule, sondern er sei der Bruder unserer Mutter … Aber wie es sich auch mit den Verwandtschaftsverhältnissen verhielt, der Dichter fand es bemerkenswert, dass ich mit dieser berühmten Wahrsagerin zusammenwohnte und ein naher Verwandter von Baddi war. Bjálki war ein paar Mal mit ihm in Besäufnissen gelandet, und das war Stoff für Anekdoten. Als wir unsere Tassen geleert hatten, lud der Dichter zum Autoausflug ein, er fuhr einen uralten, klapprigen Skoda, der halb auf dem Gehsteig vor dem Café geparkt stand, und wir zuckelten ab, hinunter in die sonnenerleuchtete Stadt.
    Wir hielten an der Mündung des Abwasserkanals, der unten in der Brandung an der Skúlagata lag. Einmal, als ich als Bote gearbeitet hatte, sollte ich hinunterfahren zum Ablauf in der
Skúlagata, irgendeine Warensendung abholen, die auf einem Zettel notiert war. – Was, sagte ich. – Unten am Ablauf in der Skúlagata? Gibt es jemand Bestimmten, den ich da ansprechen soll? – Ja, der Hafsteinn ist da, dem gibst du diesen Zettel. Ich radelte also hinunter und stand dort auf dem Gehweg oberhalb des Ablaufs, der die Dreckbrühe dort aus sich ins Meer erbricht. Es regnete, niemand war unterwegs außer den Vögeln, und deren Schreie mischten sich mit dem Rauschen der Brandung und des Verkehrs. Kein Hafsteinn natürlich. Schließlich fragte ich ein paar Männer an der Tankstelle etwas weiter die Straße hinauf, und die wollten sich ausschütten vor Lachen, als sie fassten, wie begriffsstutzig ich war; der Name Hafsteinn bedeutet Meeresstein …
    Diese Geschichte erzählte ich den Dichtern Manni und Bjálki nicht. Wir stiegen aus dem Auto und blickten hinunter in die dreckige Brandung. Bjálki sagte, dass es dort normalerweise von Ratten nur so wimmelte, aber uns zeigten sich keine. So dass wir uns zurück in den Skoda setzten, Zigaretten rauchten und unser Gespräch wieder aufnahmen.
    – Nein, sagte Bjálki, als Manni fragte, ob er immer noch in Kleppur arbeitete, er habe damit aufgehört. Jetzt lebe er nur noch von der Dichtung und dem Bücherverkauf. Außerdem, sagte er, habe er sich nicht länger daran beteiligen können: dieser kranken Gesellschaft dabei zu helfen, die einzigen gesunden Leute einzusperren. Die technisierte Gesellschaft und die ganze Welt, das sei alles so verrückt und geisteskrank geworden, dass die, die die gesamten Zusammenhänge verstünden, aus dem Verkehr gezogen würden, in Heimen eingesperrt und mit Dope niedergehalten; alles werde getan, um zu verhindern, dass sie die Wahrheit unter das Volk bringen könnten. Es seien vor allem Weise, Seher und Propheten, die in solchen Anstalten verwahrt würden. Wenn Männer wie Jesus Christus, Nostradamus
oder Buddha heute auf die Erde kämen, dann würde man sie auf direktestem Wege nach Kleppur bringen. Bis oben hin abgefüllt mit Tryptysol. So sei das heute. – Ich konnte mich daran nicht länger beteiligen, sagte Bjálki, – ich wasche meine Hände von diesem Unflat.
    Manni sagte, er habe dieses Gefühl eigentlich sofort bekommen und unter anderem deswegen nach einigen Tagen wieder aufgehört. Aber da sagte Bjálki, – dass es ihm nicht geschadet hätte, ein wenig länger zu bleiben, persönlich bereue er nicht, fast ein ganzes Jahr dort gearbeitet zu haben. Es sei natürlich eine unschätzbare Lebenserfahrung, diese Seite der gesellschaftlichen Wirklichkeit kennengelernt zu haben, nicht zuletzt für Dichter und Künstler. Außerdem habe er dort einige großartige Leute kennengelernt, unter anderem diesen berühmten Onkel von dir, sagte Bjálki und wandte sich zu mir.
    – Meinen Onkel?
    – Ja, oder wie zum Teufel er nun mit dir verwandt ist, der Graf von Thule, Baddi.
    – Wart mal, der soll in Klepp …
    – Jaja, das sind genau so geniale Leute wie er da.
    – Du glaubst, dass Baddi ein Seher ist …?
    – Ja, natürlich ist Baddi viel gesünder als alle diese Ärzte in der Anstalt. Andererseits ist er vor allem deshalb ein besonderer Fall, weil er so viel schlauer ist als alle anderen dort. Er kann alle um den Finger wickeln. Mit dem ganzen Krankenhaus von Kleppur spielt er wie auf einer Ziehharmonika. Am Ende sind alle Nervenärzte und Psychologen völlig durchgedreht und sagen nur: Dieser Mann hat nichts. Raus mit ihm. Wissen dabei auch, dass er ein potenzieller McMurphy ist, wie in Einer flog über das Kuckucksnest .
    – Hat er die anderen Kranken irgendwie aufsässig gemacht?
    – Das war einfach großartig, als er da reinkam,

Weitere Kostenlose Bücher