Das Gelobte Land
Amerika. Von ihr sagt Patient, sie sei sorglos und gutmütig. Aber ist nicht sehr konstant und lässt sich selten irgendwo nieder. Sie war fünfzehn oder zwanzig Jahre mit einem Amerikaner verheiratet, aber ließ sich dann scheiden. Damals hatte sie Interesse daran, mit ihrem Sohn (Pat.) zusammenzuziehen, aber blieb nicht dabei, sondern zog mit norwegischem Holzfäller nach Norwegen, trennte sich dann und zog zusammen mit einem sehr viel jüngeren Dänen, aber trennte sich vor kurzem von ihm und zog dann nach Island und wollte nun doch noch mit Pat. zusammenleben. Wohnten eine Zeitlang in Hotel hier in der Stadt, aber dann kam Däne zurück und darauf zog Mutter wieder nach Dänemark. Pat. kommt sehr schlecht mit Situation zurecht, aber hat Mutter trotzdem gern und will Kontakt halten.
Geschwister: Patient hat keine Vollgeschwister, aber mindestens sieben Halbgeschwister, das heißt: Kinder seiner Mutter, und die sind alle ebenfalls Halbgeschwister, außer zwei Schwestern in den U.S.A. (näher überpr.). Pat. gibt an, wenig Kontakt mit seinen Geschwistern zu haben außer höchstens mit einer Schwester, die hier in der Stadt Hausfrau sei, aber Verhältnis scheint kühl zu sein. Patient erklärt jedoch, seinem Bruder sehr nahegestanden zu haben, der Pilot war und vor vielen Jahren starb, als sein Flugzeug abstürzte, und Pat. sagt, dass dieser Tod ein sehr harter und schwerer Schlag gewesen sei.
Schulbildung: Pat. gibt an, nur Pflichtschulbesuch absolviert zu haben, habe aber auch damit aufgehört, bevor dieser geendet hätte, im Alter von ungefähr dreizehn Jahren.
Das sei nicht zuletzt wegen Streitigkeiten zwischen ihm und einem Lehrer sowie der Schulleitung geschehen, aber Pat. gibt auch zu, dass eigene Faulheit und Nachlässigkeit hineingespielt hätten, zumal derartiges in seiner Familie noch gefördert worden sei. Erst danach, gibt er an, habe er für wenige Tage im Jahr am Hafen, auf dem Bau u.a. gearbeitet, aber nie als Matrose, nicht zuletzt, da seine Großmutter das strengstens verboten habe.
Zusammen mit Patienten ist Verlobte gekommen, Sigrídur Thormódsdóttir. Sie ist sehr viel jünger als Patient und wirkt sehr unsicher und nervös. Begnügt sich damit, allem zuzustimmen, was Patient sagt, wenn Gespräch mit beiden gleichzeitig, aber privat löst sich ihre Zunge, und man kann eine schwache und kindliche Seele erkennen. Sie sagt, Pat. sei undurchschaubar und wenig mitteilsam, habe schlechte Nerven und sei böse zu Unbekannten. Schnell verletzt, wenn etwas gegen ihn gesagt oder getan wird, aber treu und gefühlvoll. Meint, die Strenge der Großmutter könnte viell. irgendeinen Einfluss gehabt haben, sie habe ihm nicht die mütterliche Wärme gegeben, die er brauchte. Er habe sich immer sehr um seine Mutter bemüht und spreche oft über diesen deutschen Vater, in ziemlich negativem Ton. Meint, sein Trinken sei schlimmer geworden nach der letzten Abreise der Mutter. Sagt, Pat. sei im täglichen Leben ein Ordnungsmensch und sehr großer Kinderfreund.
Charakter: ruhig, wortkarg, furchtlos.
Interessen: Keine.
Gesundheitszustand allgemein: Kräftig. Kinderkrankheiten normal, ohne Komplikationen. Keine Krankenhausaufenthalte oder Operationen.
Somatisch, kräftig, schwere Zahnschäden.
Phys.: Gutaussehender, sonnengebräunter Mann. Wirkt eher groß, kräftig gebaut, ordentlich, ruhig, spricht deutlich, aber »streut« viele englische Ausdrücke ein. Spricht ziemlich spontan, aber scheint nicht auffällig schlecht begabt.
Medik: Valium 50 mg
Promazin 50 mg
1/2 Antabus. 1/1 in den nächsten Tagen
Auffällige neurotische Symptome, Depression, Angst, Aggressionen, darunter erkennbar schwach ausgeprägter, kaum entwickelter Charakter mit Kontaktschwierigkeiten, die auf negative Weise ausagiert werden. Psychoneurosis angurris et depressiva in persona pathalogica.
2. Tag: Gibt an, viel mehr Energie zu haben durch Vitamine. Wirkt motiviert.
4. Tag: Geht gut. Jedes Bedürfnis nach Alkohol verschwunden.
5. Tag: Kommt nicht zum Gespräch. Wurde danach nicht mehr in der Ambulanz gesehen.
II. Besuch: (zwei Jahre später) Patient kommt in Begleitung seiner Verlobten und klagt über große geistige und körperliche Beschwerden. Habe eine Zeit lang als Lagerarbeiter in einem Supermarkt gearbeitet, aber nach einigen Tagen aufgehört, weil ihm die Arbeitsatmosphäre dort nicht gefiel. Danach habe er in den folgenden Wochen die meiste Zeit getrunken und Schwierigkeiten gehabt, sein Leben in geordnete Bahnen zu
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