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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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gegen das Fenster, und Schlummer übermannte mich. Öffnete nach einem dumpfen Schlag die Augen und sah, dass Bóbó vom Sitz auf den Boden gerutscht war und zusammengerollt vor der Toilettentür schlief. Zwei gutgekleidete Schwarze, die auf den Sitzen vor uns saßen, betrachteten ihn mit verächtlichem Grinsen im Gesicht und sagten etwas zueinander, lachten höhnisch. Manni saß steif und schlief mit offenem Mund. Ich entschwand wieder in den Schlummer.

     
    Ich schreckte auf, weil Manni mit schriller Verzweiflungsstimme schrie: – Bóbó! Bóbó, hör auf damit! Ich öffnete die Augen und sprang auf und sah da, dass Bóbó im Gang stand, den Rücken der Toilettentür zugewandt, und den einen gutgekleideten Mann in der Sitzreihe vor uns bepisste. Der sprang auf und versuchte, dem Strahl zu entkommen, hinauf auf seinen Nachbarn, im gleichen Augenblick, in dem Manni Bóbó zu fassen bekam, ihn mit der einen Hand beim Kragen nahm, mit der anderen die Toilettentür aufriss und den Burschen hineinschleuderte.
    Wir versuchten, dem Mann sorri und skjusmi zuzuflöten, der den nassen Jackenärmel schüttelte, sich abklopfte und zwischen zusammengebissenen Zähnen fluchte. Dann setzte er sich wieder. Die Toilettentür ging auf, und Bóbó fiel schlafend heraus und rollte sich wieder auf dem Boden zusammen. Die gutgekleideten Schwarzen sahen mit Wut und Abscheu im Gesicht zu ihm hinunter. Manni tat sein Bestes, um ihn zu wecken, ihn vom Boden hochzubekommen, ihn dazu zu kriegen, sich zu uns zu setzen, aber Bóbó knurrte nur irgendetwas Sinnloses, machte sich ganz steif und schlug um sich. So dass wir aufgaben und ihn liegen ließen. Mit pochendem Herzen saßen wir da und hörten zu, wie der Mann vor uns langsam fertig wurde mit Fluchen und Schimpfen.
    Schließlich passierte es wie von selbst dort in der spannungsgeladenen Stille, dass Manni und ich gleichzeitig zueinander hinübersahen, und als sich unsere Augen trafen, explodierten wir. Es war unmöglich, sich zu beherrschen. Man war ängstlich und bedrückt, unausgeschlafen und unsicher, und die Eruption des Gelächters im Innern war überwältigend. Das alles war so ekelhaft lächerlich. Ich lachte und lachte, größtenteils lautlos zum Glück, aber Manni schaffte das nicht, er gackerte. Ich versuchte, ihm mit der Hand wedelnd ein Zeichen
zu machen, dass er ruhig sein sollte, aber da gackerte er nur noch lauter und weinte. Ich hatte das Gefühl, mir würden die Adern im Gesicht platzen. Es brachte uns kurz zum Schweigen, als der Bepisste das Kichern nicht länger ertrug, sich umdrehte und mit zornverzerrtem Gesicht sagte: – Are you looking for trouble? Aber bald hatte Manni wieder angefangen zu fiepsen, und da ging auch mein Zwerchfell mit mir durch. Es rettete unser Leben, dass der Bus plötzlich hielt, der Fahrer zwanzig Minuten Aufenthalt verkündete und wir zwei hinausflüchten konnten, um draußen zu lachen.
    Da war ein kleines Restaurant, das Around The Clock hieß. Es waren nur wenige Leute dort, hauptsächlich aus dem Bus, die an der Selbstbedienungstheke einkauften. Manni und ich besorgten uns Orangenlimonade und ein belegtes Brot und setzten uns damit an einen Tisch in der Ecke. Ich goss die Orangenlimonade in ein Plastikglas, und es zeigte sich dabei, dass mir die Hände wie verrückt zitterten, und als Manni das bemerkte, brach er zusammen vor Lachen. Wir brauchten Ewigkeiten, um das in uns hineinzubekommen, die Limonade und das Brot, denn wir mussten auf die seltenen Momente zwischen den Lachanfällen warten, in denen wir schlucken konnten. Manni versuchte die ganze Zeit, etwas zu sagen, konnte es am Ende hervorstöhnen; er bat mich, mit dem Lachen aufzuhören. Es ginge ihm so schlecht. Sein Gesichtsausdruck war mittlerweile schmerzverzerrt, und er lachte, von Krämpfen geschüttelt. Und ich versuchte, in eine andere Richtung zu sehen, trotzdem war es noch lustig genug.
    Aber dann hatte man aufgehört zu lachen. Nie hat man ein so grabesernstes und schlaffhängendes Gesicht wie nach einer solchen Lachorgie. Der Ernst des Lebens holte uns schweißnass und klebrig ein, auf einmal begannen wir, uns Sorgen wegen Bóbó zu machen. Erstarrten. Er war allein und wehrlos draußen
im Bus; gut möglich, dass die Männer, die er bepisst hatte, Auftragsmörder der Mafia waren. Und Bóbó nicht länger in sehr gesundem Zustand, wenn das der Fall wäre. Wir wischten uns schnell den Mund ab und eilten hinaus zum Bus, der still und hoch auf dem Parkplatz stand. Stiegen

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