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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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das Ganze dem Untersuchungsausschuß erklären sollte, falls sie so lang überhaupt noch leben würde. Es gab keine Einsatzvorschriften, die solche Umstände vorgesehen hatten. Sie erinnerte sich an etwas über ›zivile Freiwillige, die sich an militärischen Einsätzen beteiligtem – was nicht empfohlen wurde, aber gelegentlich vorkam –, und an mehr als einen Abschnitt, der Flottenoffizieren davon abriet, sich in die Lokalpolitik einzumischen. Hier allerdings ging es kaum um Lokalpolitik. Sie vertrat einen Teil der Flotte, und obwohl sie die Leute, die in die Sache verwickelt waren, als Verräter betrachtete, konnten die anderen dasselbe von ihr behaupten.
    Sie wagte nicht zu weit vorauszudenken, sonst hätte die Last ihrer Verantwortung sie erdrückt. Ein einziger Flottencaptain gegen die mächtigsten Familien in der Föderation, gegen die vereinten Piraten, dazu die Seti? Und mit keinen weiteren Verbündeten als einem Haufen zerlumpter Verrückter und Verlierer? Wie konnte sie nur auf eine solche Idee kommen? Doch dieser Gedanke schüchterte sie nur für einen Moment ein. Sie hatte entgegen aller Wahrscheinlichkeit den Überfall auf ihre Heimatwelt überlebt. Sie hatte eine Raumschlacht nach der anderen überlebt, und manchmal war sie nah daran gewesen, einen tödlichen Fehler zu begehen. Sie hatte die Eifersucht anderer Offiziere und unzählige Unfälle überlebt, um dorthin zu kommen, wo sie heute war.
    Wenn du nicht, wer dann? hatte Abe mehr als einmal gesagt.
    Sie hatte keine Zeit, ihre Gedanken abschweifen zu lassen, nicht einmal im Hinblick auf die Dinge, die Fleur ihr erzählt hatte. Sie würde später Zeit für solche Gespräche haben, für ausgiebige Erinnerungen, für gemeinsames Lachen und Weinen – sofern sie dann nicht schon tot wäre. Im Moment hatte sie keine andere Sorge, als daß Aygar die Verabredung mit seinem studierten Freund wahrnehmen konnte und alles überstand, was danach kam. Sie betastete ihren Bauch, wo die zusätzliche Last, die Fleur ihr unbedingt in den blaßblauen Arbeitsanzug hatte stopfen wollen, juckte und drückte. Noch schlimmer war der leichte Buckel, der kribbelte, wenn ihre Schultern zuckten und sie sich daran erinnerte, daß sie sich geduckt bewegen sollte. Obwohl sie im Spiegel gesehen hatte, daß die grauen Strähnen, die Fleur ihr ins Haar gefärbt hatte, sowie ein Make-up sie um Jahre älter aussehen ließen, wurde sie den Gedanken nicht los, daß eine komplette Tarnung besser gewesen wäre. Aygar, dessen Größe und breite Schultern nicht zu übersehen waren, hatte sie in einen eitlen Gecken verwandelt. Ein weites, magentarotes Hemd steckte, bis zur Brust aufgeknöpft, in engen, grauen Shorts, daß er nicht im mindesten mehr wie ein Flüchtling aussah. Sein Kartierungsmodul war als Schmuckstück getarnt, mit dem ein riesiges Medaillon besetzt war, das ihm an einer Kette um den Hals hing.
    Die ersten ›Überirdischen‹ die sie sahen, nahmen sie kaum zur Kenntnis. Durch den aufsteigenden Tunnel, der ein Geschoß des U-Bahn-Systems mit dem anderen verband, hasteten Scharen von Fußgängern in beide Richtungen. Die meisten trugen einteilige graue, braune und blaue Arbeitsanzüge; andere waren so auffallend wie Aygar gekleidet. Die meisten, hatte Fleur ihr erklärt, waren Arbeiter auf dem Heimweg, die sich mit den Vergnügungssüchtigen vermischten, die ebenfalls dazu neigten, während der Hauptverkehrszeit die ›Schicht zu wechseln^ Sassinak folgte Aygar und versuchte den Eindruck zu erwecken, als ginge sie nur zufällig in dieselbe Richtung. In der kurzen Zeit unter der Erde hatte sie vergessen, wie laut große Menschenmengen sein konnten. Aus den Geschossen über und unter diesem dröhnten Lautsprecherdurchsagen, die niemand verstehen konnte; das Getrappel der Füße wurde durch das unaufhörliche Stimmengewirr übertönt. Eine Handvoll Ryxi kreischten, drohte mit den Schnäbeln – und die Menschen machten ihnen Platz. Jemand in einer grauen Uniform trabte heran.
    Ein Geschoß höher teilte sich der Menschenstrom. Ein Drittel strebte nach links und zwei Drittel nach rechts. Noch mehr Lärm brach über Aygar und Sassinak herein. Die synthetisierte Stimme der Transportcomputer kündigte eintreffende und abfahrende Züge an, warnte Passagiere, sich von den Schienen fernzuhalten, wiederholte dieselbe Liste von Sicherheitsempfehlungen immer wieder. Auf den Bahnsteigen begrüßten sich Freunde mit Freudenschreien, so als hätten sie sich nicht am Vortag in der

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