Das Generationenschiff
mußte. Arly wäre nie ohne triftigen Grund mit der Zaid-Dayan gestartet. Das wußte sie mit Sicherheit. Aber abgesehen von ihren eigenen Interessen, ihrem brennenden Verlangen, an Bord zu sein, wenn etwas mit ihrem Schiff geschah, hing das Wort › Kriegsgericht drohend über ihr. Für einen Captain, der sich auf einem Planeten aufhielt, während sein Schiff einen Einsatz hatte, gab es wenige akzeptable Entschuldigungen außer seinem Tod.
Sie klopfte auf die vereinbarte Weise gegen die Luke, und sie wurde geöffnet. Sassinak stieg voran, und als sich die Luke hinter ihnen schloß, sahen sich die Jugendlichen denselben Waffen gegenüber wie sie.
»Was soll das?« fragte Gerstan.
»Nur eine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Sassinak. Und zu Coris: »Niemand hat uns bemerkt, und wir hatten keine Probleme. Einige von diesen jungen Leuten hatten ein etwas loses Mundwerk, aber die Imbißstube, in der wir saßen, war randvoll mit Pendlern. Dürfte kein Problem sein.« Sie wandte sich wieder den Studenten zu. »Ihr wolltet eine Verschwörung? Jetzt seid ihr auf eine gestoßen. Das hier«, sie deutete auf die bunte Truppe, »sind meine Mit-Verschwörer. Flüchtlinge und ehemalige Sklaven. Die Armen und Heimatlosen dieser Stadt, denen ihr, wie Aygar sagte, mit einem Umsturz zu helfen hofft.«
Ihren Gesichtern nach zu urteilen hatte keiner dieser Studenten jemals jemanden aus dem Untergrund kennengelernt. Man mußte ihnen zugutehalten, daß sich keiner davonzumachen versuchte.
»Vertrauen Sie diesen vieren?« fragte Coris.
»Noch nicht ganz, aber am besten gehen wir noch etwas runter und schauen mal, ob Erdra so gut ist, wie Gerstan behauptet.« Corin nickte und winkte Sassinak nach vorn durch. Über die Schulter fragte sie Erdra: »Wurde etwas Genaueres darüber gesagt, warum das Schiff gestartet ist? Zum Beispiel, welche feindliche Flotte es aufhalten wollte?«
»Äh … nicht direkt.« Erdra klang längst nicht mehr so blasiert. Vielleicht hatte das Mädchen begriffen, daß hier unten echte Waffen benutzt wurden. »Nur, daß sie – die Leute an Bord – die Sicherheitsmannschaften rausgeworfen haben, die darauf achten sollten, daß keine Waffen einsatzfähig sind. Ein Shuttle wurde gestartet, und danach hat das Schiff die Orbitalstation verlassen. Der Captain sagte etwas von einer Invasion, aber da ist nichts dran. Es ist bestätigt worden, daß sich draußen nichts befindet, das nicht dort sein sollte.«
»Und das glauben Sie?« Sassinak wartete nicht auf eine Antwort, sondern machte ihrer Verärgerung Luft. »Sie, die einen Bahnunfall fingiert hat? Die genauso leicht einen echten hätte vertuschen können?«
»Aber das habe ich nicht getan. Und das bedeutet, daß jemand anderes …«
»… genau so schlau ist wie Sie. Genau.«
»Soll das heißen, daß wirklich etwas da draußen ist?« fragte Gerstan, der nervös zu ihr aufgeschlossen hatte. Sassinak mußte sich beherrschen, um ihn nicht zurück an seinen Platz zu scheuchen.
»Arly würde die Zaid-Dayan nicht ohne Grund starten. Sie ist nicht verrückter als ich. Deshalb nehme ich an, daß da draußen etwas ist. Was, kann ich nicht einmal vermuten.«
Sie vermutete allerdings schon etwas: eine Piraten-Streitmacht oder eine Seti-Flotte. Beides konnte Teil einer größeren Verschwörung sein, und sie hoffte, daß sich nicht beide Bedrohungen zur gleichen Zeit manifestierten. Ihre Überlegungen kamen auf etwas zurück, das Erdra kurz vorher gesagt hatte. Ein Shuttle? Warum hatte Arly ein Shuttle starten lassen?
Dann grinste sie. Ganz klar! Sie wäre jede Wette eingegangen, daß sie den Piloten nennen konnte, auch wenn sie nicht wußte, was der ungestüme junge Mann als nächstes tun würde.
»Sie wollen also sagen«, fuhr Gerstan fort, »daß die Föderation selbst Interesse daran hat, eine Bedrohung aus dem Tiefenraum zu verleugnen?«
Sassinak nickte. »Ja, weil irgendeine Fraktion sich erhofft, so an die Macht zu kommen. In solchen Fällen gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wollen die gegenwärtigen Herrscher Gewalt anwenden, um uneingeschränkte Macht zu erlangen, oder eine Fraktion, die noch nicht ganz das Ruder in der Hand hat, will das Gleichgewicht zu ihren Gunsten verlagern.«
»Und welche?«
»Ich weiß es nicht.« Sie grinste über die Verwirrung der anderen. »Es ist nicht besonders wichtig. Wenn die herannahende Flotte in Scannerreichweite der Zaid-Dayan ist, wird es immer noch Tage dauern, bis sie den Planeten erreicht. Sie wird nicht einfach
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