Das Generationenschiff
Programmierung außer Kraft setzen konnte, würde er dafür einige Sekunden benötigen. Wenn der Captain den Eindruck hatte, daß Panis Hilfe brauchte, würde er die Schotts öffnen, damit Panis oder inzwischen befreite Kameraden leichten Zugang hatten.
Dupaynil lief die Treppe hinauf und erinnerte sich daran, daß er tief durchatmen mußte. Eins. Zwei. Kein Geräusch von oben, und er konnte die Brückenluke nicht sehen, ohne selbst gesehen zu werden. Noch eine Stufe und noch eine. Wenn er Zeit gehabt, wenn er sein komplettes Werkzeugset mitgenommen hätte, dann hätte er überall Wanzen plaziert und gewußt, ob diese Luke …
Auf einer Seite des Schiffs brach ein wilder Krach los. Metall kreischte, und Leute schrien durcheinander. Über sich und hinter der Biegung hörte er die Stimme des Captain, sowohl live wie über den Bordfunk.
»Los, Siris!«
Dann polternde Schritte, als der Captain die Brücke verließ (kein Geräusch einer sich öffnenden Luke; die Luke hatte also wirklich offengestanden) und in den Parallelgang hineinlief. Dupaynil hatte keine Ahnung, was vor sich ging, lief aber die letzten Stufen hinauf und steckte den Kopf in den Parallelkorridor. Dabei sah er den Captain, der mit einer Waffe, wahrscheinlich einem Nadelwerfer, in der geballter Faust nach achtern lief. Panis und der Mann, den er befreit hatte, schrien durcheinander.
Plötzlich kam Dupaynil darauf, daß Ollery seinen Stellvertreter umbringen wollte. Vielleicht vermutete er, daß Panis mit Dupaynil gemeinsame Sache machte, vielleicht brauchte er auch nur einen Vorwand, um zu behaupten, Panis habe gemeutert. Dupaynil setzte dem Captain nach und hoffte, daß der Befreite nicht bewaffnet war. Panis und Siris prügelten sich immer noch auf dem Boden. Dupaynil sah nur zwei miteinander verschlungene Druckanzüge. Die Schreie und Schläge der beiden Männer übertönten seine eigenen Schritte. Ollery blieb über ihnen stehen und wartete offenbar auf eine Gelegenheit, um zu schießen. Dupaynil sah, daß der junge Offizier den Captain erkannte und wohl auch begriff, was er im Sinn hatte. Sein Gesichtsausdruck schlug von Überraschung in nacktes Entsetzen um.
Dann schlang Dupaynil einen dünnen schwarzen Draht um den Hals des Captains und zog zu. Der Captain bäumte sich auf, sackte zusammen und stürzte hin. Er zuckte noch, war aber hilflos. Dupaynil hob den Nadelwerfer auf, nach dem der Befreite griff, und trat dem Mann mit trügerischer Eleganz aufs Handgelenk. Er konnte die Knochen unter seiner Ferse knirschen spüren.
»Was war das? Und wer …?« Ein völlig zerzauster Panis, der bereits ein blaues Auge bekam, war immerhin noch so geistesgegenwärtig, daß er den Arm des anderen weiter festhielt.
Dupaynil lächelte. »Bringen wir erst einmal wieder alles unter Kontrolle«, sagte er.
»Ich weiß nicht, was passiert ist«, fuhr Panis fort. »Irgend etwas hat mit den Luken der Fluchtkapseln nicht gestimmt. Es hat ewig gedauert, um die hier zu öffnen, und dann ist Siris auf mich losgegangen, und der Captain …« Er verstummte, als er einen Blick auf den Captain warf, der mit puterrotem Gesicht auf dem Deck lag.
Siris versuchte sich mit einer schnellen Bewegung zu entwinden, aber der Jig hielt ihn fest. Dupaynil drückte ihm die Ferse noch etwas fester aufs Handgelenk. Der Mann fluchte wild.
»Lassen Sie das lieber«, warnte Dupaynil und wedelte vor ihm mit dem Nadelwerfer. »Wenn Sie sich von Panis losreißen, bringe ich Sie einfach um. Aber vielleicht würden Sie das einem Prozeß vorziehen. Was meinen Sie?«
Siris blieb ruhig liegen und atmete schwer. Panis hatte ihm auch ein paar ordentliche Schläge versetzt. Sein Gesicht war zerschrammt, und die Lippe, an der er nervös herumleckte, war aufgeplatzt. Dupaynil empfand kein Mitgefühl. Mit einem Blick auf Siris, der immer noch Ärger machen konnte, wandte er sich an Panis.
»Ihr Captain war in illegale Machenschaften verwickelt. Er hatte geplant, uns beide umzubringen.« Als er es aussprach, fragte er sich, ob er wirklich einen Untersuchungsausschuß davon überzeugen konnte, daß der ganze Plan, einschließlich der Manipulation an den Steuermechanismen der Rettungskapseln, auf dem Mist des Captain gewachsen war. Wahrscheinlich nicht, aber es lohnte sich, in den nächsten Tagen darüber nachzudenken.
»Ich kann nicht glauben, daß …« Wieder verstummte Panis. Wieso konnte er es nicht glauben? Er hatte den Nadelwerfer in den Händen des Captain gesehen und gehört, was der
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