Das Generationenschiff
Recyclingkapazität reicht nur für maximal hundert Stunden, stimmt’s? Ich glaube nicht, daß einer von uns beiden die Männer rauslassen will, nicht einmal einen nach dem anderen.«
»Nein. Aber ich kann …«
»Sie könnten den Männern anbieten, sie in den Kälteschlaf zu versetzen. Die entsprechenden Drogen und Einrichtungen sind vorhanden. Sie wären vollkommen sicher, bis sie die nächsten Flottenanlage erreicht hätten.«
Panis nickte nachdenklich. »Das wäre eine bessere Alternative, an die ich noch gar nicht gedacht habe. Aber was ist, wenn sie es nicht wollen?«
»Warnen Sie sie. Warten Sie zwölf Stunden. Warnen Sie sie noch einmal und trennen Sie die Kapseln dann von der Luftversorgung des Schiffes ab. Dann hätten sie einige Stunden Zeit, um sich zu entscheiden und vorzubereiten. Sind das Standardkapseln, die über einen Luftvorrat für hundert Stunden verfügen?«
»Ja. Aber was ist, wenn sie sich immer noch weigern?«
Dupaynil zuckte die Achseln. »Wenn sie lieber ersticken wollen, als vor einem Kriegsgericht zu landen, ist es ihre Entscheidung. Wir können nichts dagegen tun, ohne die Kapseln zu öffnen, und das würde ich nicht empfehlen. Nur Siris ist verletzt und nicht so schwer, daß es ihn davon abhalten könnte, die Induktionsmedikamente zu nehmen.«
Als es darauf ankam, zeterten zwar die meisten, aber nur drei warteten so lang, bis die Schiffsventilatoren ausgeschaltet wurden. Der Waffenoffizier, stellte Dupaynil fest, war einer von ihnen. Alle anderen versetzten sich selbst in den Kälteschlaf, lang bevor die Luft in der Kapsel verbraucht war. Als die Werte auf dem Bioscan auch des letzten Mannes absackten, feierten Dupaynil und Panis mit dem Besten, was die Kombüse zu bieten hatte.
Dupaynil hatte entdeckt, daß die Mannschaft in ihren Kabinen besondere Genüsse versteckte. Zwar keine frische Nahrung, aber immerhin eine Blechdose mit trockenem Fruchtkuchen und eine gedrungene Flasche teuren Likörs, mit der es sich feiern ließ.
»Ich glaube, ich hätte darauf bestehen sollen, die Mannschaftsunterkünfte zu versiegeln«, sagte Panis zwischen zwei Bissen Kuchen. »Aber Sie mußten nach Beweisen suchen.«
»Die ich auch finden werde.« Dupaynil goß ihnen beiden mit einer schwungvollen Bewegung die Gläser voll. »Der Waffenoffizier hat ein kleines Buch geführt. Aus echtem Papier, wenn Sie das glauben können. Ich bin mir nicht sicher, was all die Einträge bedeuten – noch –, aber ich habe größte Zweifel, daß es etwas Unverfängliches ist. Ollery hatte unter seinen persönlichen Sachen Gegenstände, die er sich mit seinem Flottengehalt unmöglich leisten konnte, und das gilt nicht nur für dieses Paar antiker Duellpistolen. Wir können von Glück reden, daß er Ihnen nicht mit einem dieser Dinger ein Loch in den Pelz gebrannt hat.«
»Sie hören sich an wie ein Moskito in einer Blutbank«, knurrte Panis. »Sie gieren geradezu nach den Informationen, die Sie hier finden könnten.«
»Das stimmt«, pflichtete Dupaynil ihm bei. »Sie haben ganz Recht. Selbst wenn wir das hier nicht hätten«, er hob sein Glas, »wäre ich betrunken vor Freunde über die Möglichkeiten, die ich jetzt habe. Haben Sie eine Ahnung, wie hart wir sonst für jeden Informationsschnipsel arbeiten müssen? Wie oft wir überprüfen und wieder überprüfen müssen? Wie viele Stunden wir uns das Hirn zermartern, um Zusammenhänge aufzuspüren, die nicht einmal einem Computer auffallen würden?«
»Mir blutet das Herz«, sagte Panis, und sein Mund zuckte.
»Sie sind nur ein Jig. Aber zum Teufel, Sie werden einen fabelhaften Kommandanten abgeben.«
»Sofern ich überlebe. Ich nehme an, Sie wollen sich morgen in die Computer hineinhacken?«
»Mit Ihrer Erlaubnis.« Dupaynil deutete im Sitzen eine Verbeugung an. »Wir können nur hoffen, daß die Männer zu bequem waren, um mehr als die einfachsten Sicherheitsvorkehrungen für die heiklen Dateien zu treffen. Wenn Ollery es so eingerichtet hat, daß die Dateien sich selbst löschen, wenn ein neuer Offizier das Kommando übernimmt …«
Panis wurde blaß. »Daran habe ich nicht gedacht.«
»Ich schon. Aber dann dachte ich an Ollery. Leute, die so überheblich sind, ziehen nie in Betracht, daß sie auch einmal Pech haben könnten. Außerdem mußten Sie einen Kommandowechsel ins Logbuch eintragen. Das steht in den Vorschriften.«
»An die Sie sich immer halten.« Panis ließ diese Bemerkung im Raum stehen. Sie klang wie eine Art Herausforderung.
Dupaynil
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