Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
nicht, sich einzuschalten - obwohl ihn die Versuchung fast in den Wahnsinn trieb. Statt dessen hatte Alex ein Offizierspatent erhalten, weil Rod Bruce immerhin gewissen Militärpersonen den Hinweis gegeben hatte, daß man Alex’ Erfahrungen in dem Büro für asiatische Angelegenheiten, das das Pentagon unterhielt, gut nutzen konnte. Es hatte also den Anschein, als würde ihr Leben weitergehen – in aller Stille und Liebe. Und dann hatte man Alex plötzlich ohne Planung, ohne vorheriges Wissen, ohne Warnung gesagt, daß er vier Stunden Zeit hätte, seine Habseligkeiten zu sammeln und sich auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews zu melden.
Er sollte um die halbe Welt nach Saigon fliegen.
Niemand wollte ihm sagen, weshalb.
Und dann begannen Alex’ Briefe einzutreffen. Er gehörte einem Abwehrteam an, das für irgendeinen Einsatz in dem nordöstlichen Bereich ausgebildet wurde. Man hatte ihm gesagt, daß sie einen amerikanischen Dolmetscher brauchten – den ortsansässigen Agenten wollten sie nicht vertrauen. Einen Mann mit einigen Kenntnissen um die religiösen Gewohnheiten und den Aberglauben des Volkes. Die Computer hatten seinen Namen geliefert; so hatte der Befehlshaber der Einheit es ihm dargestellt. Ein Major namens Bonner, der ein wahrer Teufel zu sein schien. Alex wußte, daß dieser Bonner ihn verachtete. »Er ist ein unterdrückter Duweißt-schon-was. « Der Major trieb Alex unablässig, hörte nicht auf, ihn zu peinigen und war brutal in seinen Beleidigungen.
Plötzlich hörten die Briefe auf. Wochenlang fuhr Roderick Bruce in die Innenstadt zum Postamt, manchmal zwei- oder dreimal täglich. Nichts.
Und dann bestätigte er sich das Schreckliche.
Der Name war einfach ein Name auf der Gefallenenliste des Pentagon. Einer von achtunddreißig jener Woche. Diskrete Nachforschungen unter dem Vorwand, die Eltern zu kennen, brachten die Tatsache zum Vorschein, daß Alex in Chung-Kal im nördlichen Kambodscha in der Nähe der thailändischen Grenze gefangengenommen worden war. Es hatte sich um eine Abwehroperation unter dem Befehl von Major Paul Bonner gehandelt – einer der sechs Männer, die die Operation überlebten. Alex’ Leiche war von kambodschanischen Bauern gefunden worden.
Man hatte ihn exekutiert.
Und einige Monate später tauchte der Name Paul Bonner wiederum auf, diesmal in einer etwas öffentlicheren Untersuchung, und Roderick Bruce wußte, daß er die Möglichkeit gefunden hatte, seinen Geliebten zu rächen. Seinen Geliebten, den ein arroganter Major in den Tod geführt hatte.
Die Jagd begann, als Roderick Bruce seine Redaktion davon informierte, daß er von Südostasien aus eine Reihe von Artikeln schreiben würde. Allgemein angelegt, vielleicht auf die Männer im Feld konzentriert – sozusagen eine zeitgenössische Arbeit im Stile eines Ernie Pyle; niemand hatte das bislang in Vietnam gut gemacht.
Die Redakteure waren entzückt. Roderick Bruce mit einem Bericht aus Da Nang oder Son Toy oder dem Mekong Delta – das klang nach den besten Traditionen der Kriegsberichterstattung. Das würde die Auflagen steigern und den ohnehin schon außergewöhnlichen Ruf des Kolumnisten noch fördern.
Rod Bruce brauchte weniger als einen Monat, um seine erste Story zu liefern, die besagte, daß Major Bonner unter Hausarrest festgehalten wurde und die Entscheidung eines Militärgerichts abwarten mußte, ob Grund zur Anklage bestand. Einige weitere Kolumnen folgten, von denen jede mehr Schaden anrichtete als die vorangegangene. Sechs
Wochen nachdem er Washington verlassen hatte, prägte Roderick Bruce den Satz >Killer aus Saigon<. Er benutzte ihn gnadenlos.
Aber das Militärgericht hörte nicht auf ihn. Es hatte Anweisungen von anderer Stelle, und Major Paul Bonner wurde in aller Stille freigelassen und in die Staaten zurückgeschickt, um irgendwelchen obskuren Dienst im Pentagon wahrzunehmen.
Diesmal würde das Militär auf ihn hören.
36.
Trevayne war darüber verstimmt, daß Walter Madison zögerte. Er drehte die Telefonschnur um seinen Finger und blickte auf die gefaltete Zeitung, die vor ihm lag. Er sah immer wieder auf die drei Spalten umfassende Meldung in der unteren linken Ecke der Titelseite. Die Überschrift war einfach und knapp: »Offizier wegen Totschlag festgenommen«.
Der Untertitel war etwas weniger zurückhaltend: >Ehemaliger Major der Special Forces, der vor drei Jahren wegen Mord in Indochina angeklagt war, des brutalen Mordes in Connecticut bezichtigt<.
Madison murmelte jetzt
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