Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
eine Lüge ... Warten Sie, Walter, ist das alles – Pauls Aussagen, der Wagen, die Streifen – ist das alles öffentlich?«
»Wie meinen Sie?«
»Ist es öffentliche Information?«
»Das kann man sich leicht aus der Anklage und den Erklärungen
der Verteidigung zusammenstückeln. Jedenfalls ist es kein Problem für einen erfahrenen Reporter, ganz besonders nicht für jemanden wie Bruce.«
Trevayne vergaß einen Augenblick, daß er sich mitten in einer Auseinandersetzung mit Walter Madison befand. Plötzlich galt sein besonderes Interesse Roderick Bruce. Nämlich einem Aspekt des zwergenhaften Journalisten, über den er bislang nicht gründlich nachgedacht hatte. Trevayne hatte angenommen, Bruce sei aus irgendwelchen mythischen Theorien bezüglich einer Verschwörung von Politikern des rechten Flügels hinter Paul Bonner her, wobei Paul für ihn das Symbol des militärischen Faschisten war. Aber Bruce hatte seine Attacke nicht so aufgebaut. Vielmehr hatte er Bonner isoliert und sich auf die Einzelheiten des Zwischenfalls in Connecticut konzentriert. Es gab Andeutungen auf Indochina, auf die dort verübten Morde; aber das war alles, nur Andeutungen. Keine Verschwörung, keine Schuld des Pentagon, keine philosophischen Implikationen. Nur Major Paul Bonner, der >Killer aus Saigon<, den man in Connecticut auf die Menschheit losgelassen hatte.
Es war nicht logisch, dachte Trevayne, während sein Gehirn fieberhaft arbeitete, weil er wußte, daß Madison erwartete, daß er etwas sagte. Bruce verfügte über die Munition, um auf die Militärs im Pentagon loszugehen, die Männer, die allem Anschein nach Befehle an jemanden wie Bonner erteilten. Aber er hatte sie nicht angewendet; er hatte nicht einmal Spekulationen über Bonners Vorgesetzte angestellt.
»Walter, ich kenne Ihre Position, und ich will keine schmutzigen Spielchen spielen. Keine Drohungen ... «
»Das will ich auch hoffen, Andy.« Jetzt war Madison an der Reihe, den anderen zu unterbrechen, und das begriff er auch. »Wir haben gemeinsam zu viele produktive Jahre hinter uns gebracht, um diese Arbeit von einem Offizier zunichte machen zu lassen, der, was ich bisher erfahren habe, für Sie gar nicht so viel übrig hat.«
»Sie haben recht.« Trevayne sah das Telefon an. Madisons Feststellung verwirrte ihn, aber er hatte keine Zeit, näher darauf einzugehen. »Überlegen Sie es sich; sprechen Sie mit Ihren Partnern. Geben Sie mir in ein paar Stunden Bescheid.
Wenn Sie sich dazu entscheiden, den Auftrag abzulehnen, werde ich darauf bestehen, daß Sie mir Ihre Gründe nennen – ich glaube, darauf habe ich Anspruch. Wenn Sie annehmen, erwarte ich eine dicke Rechnung.«
»Ich rufe Sie heute nachmittag oder am frühen Abend zurück. Werden Sie in Ihrem Büro sein?«
»Wenn nicht, dann weiß Sam Vicarson, wo man mich erreichen kann. Ich erwarte also Ihren Anruf.«
Trevayne legte auf und traf eine Entscheidung. Sam Vicarson würde ein neues Projekt bekommen.
Am frühen Nachmittag hatte Sam sämtliche Artikel von Roderick Bruce gesammelt, in denen Paul Bonner, der >Killer aus Saigon<, erwähnt war.
Aus ihnen war lediglich zu entnehmen, daß Bruce sich da eine äußerst explosive Story aufgegabelt hatte, die dadurch noch explosiver wurde, daß die Regierung vor drei Jahren darauf bestanden hatte, sie zur Verschlußsache zu erklären. Es war schwierig zu sagen, ob die gegen Paul Bonner gerichteten Tiraden für ihn oder seine Vorgesetzten bestimmt waren, die den Major der Special Forces beschützten. In dieser Hinsicht waren die Artikel halb ausgeglichen. Aber sporadisch kam diese Einstellung doch zum Vorschein, und dann diente sie gleichsam als Sprungbrett, um eine Attacke gegen einen Mann vorzutragen – das Symbol der Ungeheuerlichkeit, das Paul Bonner hieß.
Und dann veränderten die gegenwärtigen Artikel ihre Richtung. Da war kein Versuch mehr, Bonner mit seinem System in Verbindung zu bringen.
Ein isoliertes Monstrum, das seine Uniform verriet.
»Mann, der will ja ein Erschießungskommando!« Vicarson stieß einen langgedehnten Pfiff aus, ehe er diese Erklärung abgab.
»Das will der ganz bestimmt, und ich würde gerne wissen, warum. Stellen Sie fest, wo die Bonner untergebracht haben. Ich möchte ihn sprechen.«
Paul nahm die störende Nackenstütze ab und lehnte sich, auf dem Militärbett sitzend, mit dem Rücken gegen die
Wand. Andrew blieb stehen; die ersten paar Minuten ihres Zusammentreffens waren peinlich gewesen. Der Raum, in dem sie
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