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Das geraubte Leben des Waisen Jun Do

Das geraubte Leben des Waisen Jun Do

Titel: Das geraubte Leben des Waisen Jun Do Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Johnson
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Produktionsgenossenschaft ihre Planvorgaben erfüllen und die Frau trotzdem glücklich werden kann.«
    Sie seufzte, ihre Stimme war voller Trauer. »Nein, es gibt keine überraschende Wendung. Die Handlung ist genau wie in allen anderen Filmen. Ich leide und leide, und dann ist der Film zu Ende.«
    »Die Menschen finden deine Filme inspirierend«, sagte er.
    »Tatsächlich?«
    »Ich jedenfalls finde sie inspirierend. Deine Schauspielkunst zeigt den Menschen, dass Leiden einen Sinn haben kann, dass es nobel sein kann. Das ist besser als die Wahrheit.«
    »Die da wäre?«
    »Dass Leiden sinnlos ist. Manchmal gibt es einfach keine Alternative, aber selbst wenn dreißigtausend andere Leute mit dir leiden, leidest du doch allein.«
    Sie gab keine Antwort. Er versuchte es noch einmal.
    »Du solltest es wirklich als große Ehre auffassen. Der Geliebte Führer hat so viel zu tun und hat trotzdem eine ganze Woche damit zugebracht, einen neuen Film für dich zu schreiben.«
    »Hast du etwa vergessen, wie dieser Mann dir einen Streich gespielt und dich vor den Yangbans von ganz Pjöngjang hat zusammenschlagen lassen? Oh, ich kann mir nur zu gut vorstellen, welch diebische Freude es ihm bereiten wird,wenn ich mich völlig für einen Film verausgabe, den er nie ins Kino bringen wird. Er wird sich endlos darüber amüsieren, dass ich eine Frau spiele, die sich einem neuen Ehemann unterwerfen muss.«
    »Er will dich nicht demütigen. In zwei Wochen kommen die Amerikaner. Er ist vollauf damit beschäftigt, die mächtigste Nation der Welt zu demütigen. Er hat deinen Ehemann in aller Öffentlichkeit ersetzt. Er hat dir Trostfrau weggenommen. Damit hat er gesagt, was er sagen wollte. Wenn er dir wirklich weh tun wollte, dann würde er das auch tun.«
    »Ich will dir was über den Geliebten Führer verraten«, erklärte sie. »Wenn er will, dass du mehr verlierst, gibt er dir mehr zu verlieren.«
    »Aber er hatte etwas gegen mich, nicht gegen dich. Was sollte er für einen Grund haben ...«
    »Da«, unterbrach sie ihn. »Genau da haben wir den Beweis, dass du keine Ahnung hast. Die Antwort lautet: Der Geliebte Führer braucht keinen Grund, für nichts.«
    Er drehte sich auf die Seite und sah ihr in die Augen.
    »Komm, wir schreiben das Drehbuch um«, sagte er.
    Sie sagte nichts.
    »Wir nehmen den Laptop von deinem Mann und schreiben eine neue Fassung mit einer unvorhergesehenen Wendung. Die Bauern erfüllen ihr Produktionssoll hundertfünfzigprozentig, und die Ehefrau findet ihr Glück. Vielleicht lassen wir den ersten Ehemann einfach gegen Ende überraschend zurückkehren.«
    »Weißt du überhaupt, was du da redest?«, fragte sie. »Dieses Drehbuch hat der Geliebte Führer geschrieben.«
    »Zwei Dinge habe ich schon über den Geliebten Führer gelernt: Genugtuung ist ihm wichtig. Und gewiefte Ideen erkennt er an.«
    »Was interessiert es dich überhaupt?«, fauchte sie. »Du hast selbst gesagt, dass er dich verschwinden lassen wird, sobald die Amerikaner weg sind.«
    Er rollte sich wieder auf den Rücken. »Da hast du allerdings recht«, sagte er.
    Jetzt fiel ihm nichts mehr ein.
    »Ich finde nicht, dass der erste Ehemann aus dem Krieg zurückkehren sollte«, überlegte sie weiter. »Dann würde es ein großes Kräftemessen zwischen den beiden geben, und das würde eher das Ehrgefühl als das Pflichtbewusstsein des Publikums ansprechen. Wir könnten ja sagen, dass der Leiter eines anderen landwirtschaftlichen Kollektivs neidisch auf den Erfolg des Narbenmannes ist. Der andere Leiter ist korrupt, und er bringt einen korrupten Parteikader dazu, einen Haftbefehl für den Ehemann auszustellen, damit er in ein Umerziehungslager gesteckt wird, als Strafe für seine frühere Planuntererfüllung.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Kommandant Ga. »Jetzt ist es also nicht die Frau, die in der Falle sitzt, sondern der Mann mit den Verbrennungen, der sich entscheiden muss. Wenn er bekennt, dass er ein Hochstapler ist, kann er frei seiner Wege gehen, allerdings nicht ohne Schande. Wenn er darauf beharrt, dass er tatsächlich ihr Ehemann ist, dann hat er sein Gesicht gewahrt, muss aber ins Lager.«
    Sun Moon spann weiter: »Die Ehefrau ist sich fast sicher, dass sich unter den Brandnarben nicht ihr wahrer Ehemann verbirgt. Aber was ist, wenn sie sich irrt, wenn er nur durch das Grauen des Krieges kaltherzig geworden ist und sie nun zulässt, dass der Vater ihrer Kinder deportiert wird?«
    »Das nenne ich eine wahre Geschichte über

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