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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Pitlit. Genauer gesagt duckte er sich in den Türrahmen, und seine Miene war angespannt. Dass er ihren nackten Beinen nur einen kurzen Blick zuwarf, zeugte vielleicht mehr als alles andere vom Ernst der Lage. Pitlit gab ihr zu verstehen, dass er reinkommen wollte, und Carya ließ ihn an sich vorbei, bevor sie die Tür wieder schloss.
    »Was ist los?«, flüsterte sie.
    »Wir müssen hier weg«, eröffnete ihr Pitlit. »Wir sind in Gefahr.«
    Carya blinzelte verwirrt. »Was? Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe mich im Haus mal umgeschaut.«
    »Du hast …« Sie hielt den Atem an.
    Beschwichtigend hob Pitlit die Hände. »He, keine Sorge. Ich war ausgesprochen vorsichtig. Du kennst mich doch.« Er grinste, wurde jedoch umgehend wieder ernst. »Ich habe dem Braten einfach nicht getraut und wollte nur sichergehen, dass wir morgen auch erwachen, wenn wir heute die Augen schließen. Naja, mein Misstrauen war berechtigt, schätze ich.«
    »Sag schon, was hast du gesehen?«, forderte Carya ihn auf weiterzusprechen, während Elje und sie möglichst leise anfingen, sich anzuziehen.
    »Gesehen gar nichts«, antwortete Pitlit kopfschüttelnd. »Aber gehört. Erst mal bin ich nur bis zur Treppe geschlichen, um mich zu versichern, dass im ersten Stock unter uns die Luft rein ist. War sie. Also bin ich tiefer runter, und da habe ich im Esszimmer die saubere Familie beisammensitzen und flüstern hören. Zum Glück sprechen sie Arcadisch, sonst hätte ich vermutlich kein Wort verstanden, und auch so kamen nur Fetzen bei mir an, aber eins wurde klar: Sie planen, Jonan und mich heute Nacht loszuwerden.«
    Carya spürte, wie ihr eiskalt wurde. Waren sie doch in die Fänge von Irren geraten? »Warum?«
    »Was weiß ich. Es klang so, als wären wir nur überflüssige Mäuler, die sie nicht stopfen wollten.«
    »Und was soll mit Elje und mir geschehen?«
    Der Straßenjunge verzog angewidert den Mund. »Euch wollten sie wohl unter den Söhnen aufteilen. Damit das heile Familienleben weitergehen kann. Das versteht Reno dann wohl unter Weitsicht. Der Mistkerl.«
    »Weiß Jonan schon Bescheid?«
    »Nein, ich habe ihm gesagt, ich müsse mal aufs Klo. Mittlerweile wird er sich aber vermutlich seinen Teil denken, denn ich bin jetzt schon eine ganze Weile weg.«
    »Na schön, sammeln wir leise unsere Sachen, und dann müssen wir von hier verschwinden«, entschied Carya.
    »Wie sollen wir das anstellen?«, wollte der Straßenjunge wissen. »Im Erdgeschoss sind die Hunde, die sofort Alarm schlagen, wenn sie uns bemerken.«
    »Dann müssen wir eben rennen – und hoffen, dass niemand hier auf unseren Ausbruch vorbereitet ist.« Carya zog ihre Jacke an und hängte sich ihre zusammengerollte Wolldecke und die leere Provianttasche um. »Es gibt keinen anderen Weg. Mitten in der Nacht übers Dach zu flüchten, ist Selbstmord.«
    »Einfach toll, wenn man die Wahl zwischen schlechtem Plan und ganz schlechtem Plan hat«, murmelte Pitlit. Er nickte in Richtung Tür. »Ich schleiche zu Jonan hinüber und erzähle ihm alles. Danach holen wir euch ab. Oh, und hier … Wenn es hart auf hart kommt, ist es besser, wenn du ihn hast.« Der Straßenjunge gab Carya seinen Revolver.
    »Du gehst mit einer Waffe aufs Klo«, stellte Carya trocken fest.
    »Wir leben in gefährlichen Zeiten«, entgegnete Pitlit.
    Er öffnete die Tür und huschte hinaus. Durch den Türschlitz sah Carya, wie er im Nachbarzimmer verschwand. Kurz vernahm sie die verwunderte Stimme Jonans. Dann hörte sie nichts mehr, weil die beiden offenbar im Flüsterton weitersprachen.
    Stattdessen vernahm sie unvermittelt etwas anderes. Ein Knarren im Stockwerk unter ihnen, so als sei jemand auf eine morsche Bodendiele getreten. Unwillkürlich verkrampfte sich ihre Hand um den Griff des soeben entgegengenommenen Revolvers. Sie drehte sich zu Elje um und legte einen Finger auf die Lippen. Das Mädchen verstand und nickte. Auf Zehenspitzen huschte es zwischen Schrank und Waschkommode in Deckung.
    Carya drückte sich neben der Tür an die Wand, winkelte den Arm mit der Waffe an und lauschte angestrengt. Sie hatte sich nicht geirrt. Dem leisen Tappen von Schritten nach zu urteilen, bewegten sich zwei Personen verstohlen die Treppe zu ihnen herauf. Behutsam zog Carya die Tür so weit zu, wie sie konnte, ohne die Klinke bewegen zu müssen. Sie hoffte, dass es im Korridor dunkel genug war, um den Umstand der bloß angelehnten Zimmertür vor den Augen ihrer heimlichen Besucher zu verbergen.
    Lautlos atmete Carya

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