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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Jonan, Pitlit, Elje und sie durch eine tote, schwarze Landschaft hetzten.
    Am nächsten Morgen rief Freeman bei ihnen an und sagte das gemeinsame Mittagessen ab. »Tut mir leid, es liegt einfach zu viel Arbeit auf meinem Schreibtisch. Aber heute Abend sehen wir uns, einverstanden? Ich hole dich ab.«
    »Einverstanden«, antwortete Carya. Was hätte sie auch sonst sagen sollen? Ihr fiel auf, dass er Pitlit in seine Einladung nicht mit eingeschlossen hatte, ob aus Versehen oder absichtlich vermochte sie schwer einzuschätzen.
Na ja, vielleicht ist es ganz gut, wenn ich mit ihm alleine weggehe. Pitlit würde ihn nur daran erinnern, dass wir eigentlich Fremde sind.
Wenn Freeman dagegen mit Carya allein war, mochten aufkeimende Vatergefühle seine Zunge lockern.
    Bis zum Mittag blieben sie in der Wohnung. Carya nutzte die Gelegenheit, mal wieder ihr lange vernachlässigtes Haar zu waschen, und danach wusch sie auch sich selbst, wobei sie sich scheute, sich nackt in die Nasszelle zu stellen. Das Wissen um unsichtbare Beobachter saß ihr im Nacken. Glücklicherweise konnte sie ihre Beinmanschette als Grund für ihr Zaudern vorschieben. Also betrieb sie nur eine gründliche Katzenwäsche. Gerne hätte sie die Manschette abgenommen, um zu schauen, wie ihre Verletzung aussah. Sie schien wirklich schnell zu verheilen, denn Schmerzen hatte sie praktisch keine mehr. Es kam ihr wie ein Wunder vor, wenn man bedachte, dass sie erst vor wenigen Tagen von dem Rotorschweber angeschossen worden war.
    Da sich ihr geheimnisvoller Obstschalenkontakt nach wie vor bedeckt hielt, beschlossen Carya und Pitlit, den Ausflug in den Industriebezirk zu unternehmen, den sie gestern nicht mehr gemacht hatten. »Ich bin gespannt, ob wir überhaupt in die Nähe kommen, solange wir diese
Sklavenbänder
tragen«, bekannte Carya. Sie war diesbezüglich skeptisch.
    Sie begaben sich wieder ins Stadtzentrum, wo sie durch ein wenig Herumfragen herausfanden, dass es einen kostenlosen Schienentransporter gab, der zwischen den Industriebezirken im östlichen Teil des Tals und den Zentralbezirken verkehrte. Sie suchten eine der auffällig gekennzeichneten Haltestellen auf, und kurz darauf waren sie unterwegs.
    Das Tal erwies sich als größer, als Carya gedacht hätte. Die steil aufragenden Bergketten mochten zur Linken und zur Rechten stets präsent sein, aber der schmale Landstrich dazwischen, in dessen Mitte der Fluss, eine mehrspurige Straße und die Schienenstrecke lagen, zog sich dahin. Zu Fuß hätten sie für diesen Weg sicher fast einen Tag benötigt.
    Nach einigen Stationen kam schließlich der Industriebezirk in Sicht, riesige Bauwerke mit glänzenden Metalldächern, manche kastenförmig, andere zylindrisch. Schornsteine, aus denen erstaunlicherweise nur dünner weißer Rauch in den klaren Himmel aufstieg, ragten dazwischen auf, und ein Geflecht aus Leitungen und Rohren erstreckte sich von Gebäude zu Gebäude. Auf einem Berggipfel oberhalb der Anlagen befand sich neben einem schmucklosen Bauwerk ein Feld aus seltsamen weißen Schüsseln, die auf Metallständern ruhten und gen Himmel zeigten.
    Der Schienentransporter fuhr in die nächste Station ein und kam zum Halt. »Los«, sagte Pitlit unternehmungslustig, »steigen wir aus und schauen uns mal um.«
    »Na schön«, antwortete Carya, unverändert zweifelnd, ob das so eine gute Idee war.
    Sie verließen das Gefährt und traten auf den Bahnsteig. Allerdings hatten sie sich kaum zwei Schritte von dem Transporter entfernt, als ihre Armbänder zu piepen und zu blinken anfingen. »Achtung, Sperrbezirk«, drangen unisono zwei mechanische weibliche Stimmen auf Arcadisch aus ihren Bändern. »Bitte verlassen Sie diesen Bereich umgehend.«
    Oh nein
, durchfuhr es Carya.
Das musste ja passieren.
    Einer der anderen aussteigenden Gäste, von denen viele Armbänder wie sie trugen, blickte irritiert zu ihnen hinüber. Er stellte eine Frage, die Carya nicht verstand.
    Sie schenkte ihm ein gequältes Lächeln und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich kann kein Albionisch. Wir sind … wir sind nur falsch gefahren. Kein Grund zur Aufregung. Wir wollten eigentlich nach Westen.« Sie deutete mit dem Daumen über die Schulter, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wo genau Westen in diesem Moment lag.
    Der Mann sagte noch etwas, zuckte mit den Schultern und ging davon. Stattdessen tauchte plötzlich ein uniformierter Fahrbegleiter auf. Er zeigte mit dem Finger auf Caryas und Pitlits hartnäckig mahnende Armbänder und

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