Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
McIntyre, hatte gerade mit sechzehn seinen Highschoolabschluss gemacht und ein halbes Jahr zuvor international Aufsehen erregt, als er darauf bestand, mit einem gleichgeschlechtlichen Partner zum Abschlussball seiner katholischen Schule in Santa Rosa zu gehen. Die Schule hatte das nicht nur verboten, sondern ihm auch das Recht aberkannt, als Jahrgangsbester die Abschlussrede zu halten. Daraufhin hatte sich Stuart an die Medien gewandt und allen und jedem Interviews per Telefon und E-Mail gegeben.
    Es war nicht das erste Mal, dass Stuart als Aktivist der Schwulenbewegung in Erscheinung getreten war. Aber vor dem Skandal um den Abschlussball hatte er hauptsächlich als Mitglied der Theatergruppe seiner Schule Berühmtheit erlangt, weil er eine Aufführung von
Cyrano de Bergerac
durchsetzte, nur um darin die Hauptrolle zu spielen, was er dann auch sehr erfolgreich getan hatte.
    Als Reuben sein Foto in den Nachrichten sah, erkannte er ihn sofort. Er hatte ein kantiges Gesicht, Sommersprossen auf der breiten Nase und den Wangen und einen ungebändigten Blondschopf, der an einen Heiligenschein erinnerte. Seine Augen waren blau, sein Lächeln eher ein spitzbübisches Grinsen. Er hatte ein sympathisches Gesicht, und auf manchen Fotos war er sogar ausgesprochen hübsch. Die Kameras liebten ihn.
    Reuben hatte gerade beim
Observer
angefangen, als Stuart in der näheren Umgebung zu bescheidenem Ruhm kam. Das Thema hatte ihn nicht sonderlich interessiert, aber er fand es amüsant, dass ein aufmüpfiger Schüler glaubte, eine katholische Schule würde ein schwules Pärchen dulden.
    Stuarts Freund, ein gewisser Antonio Lopez, war derjenige, den die vier Angreifer letzte Nacht ermordet hatten. Die Killer hatten sogar angekündigt, dass sie die Leichen ihrer beiden Opfer schänden und verstümmeln würden.
    Bis zum Mittag war die Geschichte die Topmeldung. Und immer noch ging es nicht in erster Linie darum, dass der «unbesiegbare» Wolfsmensch wieder eingegriffen und Stuart das Leben gerettet hatte. Viel interessanter schien zu sein, dass die treibende Kraft hinter dem Überfall auf die Homosexuellen Stuarts Stiefvater sein sollte, ein Golftrainer namens Herman Buckler. Darüber hinaus waren zwei der Killer Cousins von Antonio, dem toten Jungen, und jemand aus seiner Familie hatte den Medien die Information zugespielt, Stuarts Stiefvater habe seine Neffen zu dem Überfall angestachelt, weil der seinen schwulen Stiefsohn loswerden wollte. Stuart bestätigte das, indem er der Presse erzählte, die Angreifer selber hätten ihm das gesagt.
    Und da war noch mehr Medienwirksames. Stuarts platinblonde Mutter, Buffy Longstreet, hatte als Teenager in einer kurzlebigen Sitcom mitgespielt, und Stuarts leiblicher Vater, ein IT -Genie, hatte vor dem Firmensterben in Silicon Valley ein Vermögen gemacht und war während einer Traumreise ins Amazonasbecken in Salvador de Bahia an einer Infektion gestorben. Sein Tod hatte Stuart reich gemacht, und auch seine Mutter war gut versorgt. Dem neuen Partner seiner Mutter, seinem Stiefvater, sei es aber nicht nur um Stuarts Geld gegangen, vielmehr habe er Stuart aus ganzem Herzen gehasst. Der Mann stritt jedoch alles ab und drohte Stuart eine Verleumdungsklage an.
    Inzwischen studierte Stuart an der Universität von San Francisco und besaß ein Apartment in Haight-Ashbury, drei Blocks von der Universität entfernt. Tags zuvor, sagte er, sei er in Santa Rosa gewesen, um seinen Freund Antonio zu besuchen.
    Offenbar wurde Stuart nicht müde, den Medienvertretern zu versichern, sein höchstes Ziel sei, Anwalt zu werden und für die Menschenrechte zu kämpfen. Radiosender landauf, landab führten Live-Interviews mit ihm, denn er war der Erste, der einen Angriff des Wolfsmenschen überlebt hatte und die Medien nicht scheute, seit Susan Larson mit Reuben in den Räumen des
San Francisco Observer
gesprochen hatte.
    Reuben war noch dabei, sich einen Überblick über die Berichterstattung zu verschaffen, als zwei Polizisten aus Mendocino kamen, um mit ihm noch einmal über den Wolfsmenschen zu sprechen und ihn zu fragen, ob er sich in der Zwischenzeit doch noch an Einzelheiten der Schreckensnacht, in der Marchent umgekommen war, erinnert habe.
    Das Gespräch war kurz, denn Reuben sagte, leider könne er sich an nichts erinnern, was er nicht schon gesagt habe. Darauf drückten die Polizisten ihre Wut und ihr Bedauern darüber aus, dass nicht genügend Anstrengungen unternommen würden, diesem Wolfsmenschen das

Weitere Kostenlose Bücher