Das Geschenk der Wölfe
Becher auf den Nachttisch.
Als die Krankenschwester kam, stellte sie fest, dass Stuart wieder Fieber hatte, und sagte, Reuben müsse jetzt gehen. Sie bestätigte, dass man Stuart auf Tollwut behandelte und ihm einen Mix von Antibiotika gab, um ihn vor allem zu schützen, womit dieses Wolfswesen ihn eventuell angesteckt hatte. Aber Reuben müsse jetzt wirklich gehen.
«Das Wolfswesen», wiederholte Stuart. «Klingt gut.» Dann fragte er Reuben: «Kommen Sie noch mal wieder, oder meinen Sie, dass Sie für Ihre Story schon alles haben, was Sie brauchen?»
«Ich komme morgen wieder, um zu sehen, wie’s dir geht», sagte Reuben. Er gab Stuart seine Karte und schrieb seine Adresse in Mendocino auf die Rückseite.
Auf dem Weg nach draußen hinterließ er eine weitere Visitenkarte im Schwesternzimmer und bat darum, informiert zu werden, wenn sich Stuarts Zustand verändern sollte. Der Gedanke, dass er sterben könnte, war ihm unerträglich.
Vor dem Fahrstuhl fing er die behandelnde Ärztin ab, Dr. Angie Cutler, und bat sie, sich mit Grace in San Francisco in Verbindung zu setzen. Er versuchte, taktvoll zu sein und die Fähigkeiten der Ärztin nicht in Frage zu stellen, aber inzwischen war er davon überzeugt, dass er nur dank seiner Mutter überlebt hatte. Dr. Cutler war aufgeschlossener, als er erwartet hatte. Sie war jünger als Grace, hatte aber schon von ihr gehört und schätzte sie. Auch ihr gab Reuben eine Visitenkarte. «Sie können mich jederzeit anrufen», sagte er und murmelte etwas davon, dass er das auch schon alles durchgemacht habe.
«Ich weiß», sagte Dr. Cutler und lächelte freundlich. «Ich bin froh, dass Sie den Jungen besucht haben. Er platzt vor Mitteilungsbedürfnis und weiß nicht, wohin mit sich. Aber er erholt sich erstaunlich schnell. Es grenzt an ein Wunder. Sie hätten die Verletzungen sehen sollen, mit denen er eingeliefert wurde.»
Im Fahrstuhl rief Reuben Grace an und drängte sie noch einmal, sich mit der Ärztin in Verbindung zu setzen, weil der Junge tatsächlich gebissen worden sei.
«Reuben, wenn ich dieser Frau erzähle, was ich an dir alles beobachtet habe, erklärt sie mich für verrückt.»
«Ich weiß, Mom. Aber vielleicht kannst du für die Behandlung des Jungen irgendein Detail beisteuern, auf das sonst niemand gekommen wäre.»
«Wie stellst du dir das vor, Reuben? Ich kann die Frau doch nicht einfach anrufen! Der einzige Mensch, der sich je für deine Symptome und ihre Behandlung interessiert hat, ist Dr. Jaska, und der hat dir ja offenbar gar nicht gefallen.»
«Ich weiß, Mom. Aber es geht doch nur darum, wie medizinisch mit dem Biss umgegangen wird.»
Der Fahrstuhl hielt im Erdgeschoss, und Reuben verließ das Krankenhaus. Ihm war kalt bis in die Knochen, als er zu seinem Wagen ging. Es regnete wieder, aber das war nicht der Grund für sein Frieren.
«Es tut mir leid, dass ich nicht geblieben bin, um mich mit diesem Dr. Jaska zu unterhalten, Mom. Ich weiß, dass du es gern gesehen hättest. Wenn es dir so wichtig ist, kann ich mich ja bald mal mit ihm treffen.»
Wäre ich länger geblieben, wäre ich zu spät durch Santa Rosa gekommen, um Stuart McIntyre noch zu retten.
Grace schwieg so lange, dass Reuben schon fürchtete, die Verbindung sei unterbrochen. Doch dann sprach sie weiter, wenn auch mit gänzlich veränderter Stimme.
«Warum bist du nach Mendocino gegangen, Reuben? Willst du mir nicht sagen, was wirklich mit dir los ist?»
Was sollte er darauf antworten?
«Mom, bitte nicht jetzt! Ich war den ganzen Tag unterwegs. Bitte ruf diese Ärztin an und sag ihr, wie du mich behandelt hast, als ich …»
«Hör zu, Reuben! Morgen ist die letzte Tollwutimpfung fällig. Das ist dir doch klar, oder?»
«Nein, das hatte ich völlig vergessen.»
«Ich habe dir jeden Tag auf deine Mailbox gesprochen. Morgen sind es genau vier Wochen, und du musst diese letzte Dosis unbedingt bekommen. Hat diese hübsche junge Frau, diese Laura, eigentlich auch ein Telefon? Und geht sie im Gegensatz zu dir ran, wenn’s klingelt? Oder kann ich ihr wenigstens Nachrichten für dich hinterlassen?»
«Ich schwöre Besserung, Mom!»
«Dann pass jetzt auf! Eigentlich wollten wir eine Krankenschwester zu dir raufschicken, um dir die letzte Injektion zu geben, aber wenn du willst, rufe ich diese Ärztin in Santa Rosa an und bitte sie, die Impfung morgen vorzunehmen, wenn du den Jungen wieder besuchst. Bei der Gelegenheit kann ich sie in ein Gespräch verwickeln, und wenn ich
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