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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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jemanden zu stören.»
    «Mach mir den Mund nicht wässrig, sonst niste ich mich hier noch ein. Sehr zur Freude deiner Mutter. Sag einfach Bescheid, wenn’s dir passt, okay?»
    Reuben küsste ihn auf die Bartstoppeln und half ihm in den Wagen.
    Schließlich waren alle weg. Reuben ging durch den Regen ins Haus zurück und verriegelte die Tür.

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    36
    I m Esszimmer zündeten sie die Kerzen an, die in schweren Silberleuchtern auf dem Tisch und den Truhen standen. Thibault fachte das Kaminfeuer neu an.
    Felix saß am Tisch und hatte den Arm um Laura gelegt, die leise weinte und die Hand an die Lippen presste. Das Haar trug sie jetzt offen, sodass es ihr wie ein zarter weißer Schleier vors Gesicht fiel und mit tausend glitzernden Pünktchen das Licht der Kerzen reflektierte.
    Reuben liebte diesen Anblick, aber dass Felix Laura so nah war, gab seinem Herzen einen Stich. Doch schon im nächsten Moment stand Felix auf, als hätte er Reubens Unbehagen gespürt, nahm Abstand von Laura und forderte ihn mit einer Handbewegung auf, sich zu Laura zu setzen. Dann ging er um den Tisch herum und setzte sich neben Thibault.
    Einen Moment lang herrschte Stille in dem großen, warmen Zimmer. Nur das Feuer knisterte. Der Schein der flackernden Kerzen huschte über ihre Gesichter, und es roch süßlich nach Bienenwachs.
    Laura hatte aufgehört zu weinen und den Kopf an Reubens Brust gelegt. Er hielt sie fest, streichelte ihr Gesicht und küsste sie auf die Stirn.
    «Es tut mir alles so leid», flüsterte er.
    «Du kannst ja nichts dafür», sagte sie. «Außerdem bin ich freiwillig hier. Ich weiß gar nicht, warum ich weine.»
    Plötzlich schämte Reuben sich für seine Eifersucht. Endlich war Felix gekommen. Reuben hatte sich dieses Treffen anders vorgestellt, aber immerhin waren der so sehr Herbeigesehnte und Thibault jetzt da, und er und Laura hatten die beiden für sich allein. Er konnte sich keine bessere Gesellschaft vorstellen, um den Schrecken dieser Nacht zu verwinden. Es war vorbei.
    Felix sah ihn so freundlich an, dass er innerlich zur Ruhe kam. Auch Thibault saß ganz ruhig da, die schweren Lider halb geschlossen, das graue Haar zerzaust – ein freundlicher, weiser alter Mann.
    «Wir konnten Sie nicht vorher darüber informieren, was wir vorhatten», sagte Felix. «Wir mussten Klopow und Jaska unschädlich machen. Mit Jaska war es einfach. Er hatte sich an Ihre Mutter und an Stuart herangemacht. Aber Klopow ist erst im letzten Moment aufgetaucht.»
    «Jaska scheint ihr untergeben gewesen zu sein», sagte Reuben. «Steckte sie hinter alledem?»
    «Sie war die letzte Überlebende der Regierungsabteilung, die uns vor zwanzig Jahren gefangen genommen hat», sagte Felix. «Jaska war ihr Schüler. Wir mussten sie provozieren, um sie herzulocken. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Wir konnten Sie leider nicht vorwarnen. Aber so, wie es nun gelaufen ist, bleibt kein Verdacht an Ihnen und Stuart hängen. Das Wüten des Wolfsmenschen wird nicht mehr mit Ihnen in Verbindung gebracht.»
    «Ja, das war clever», sagte Reuben.
    «Sie waren aber niemals wirklich in Gefahr», sagte Thibault. «Und wenn ich das sagen darf: Sie haben ganz großartig reagiert. Genau wie mit Marrok. Wir hätten nie gedacht, dass Marrok Sie aufsuchen würde. Das war nicht Teil unseres Plans.»
    «Seit wann beobachten Sie mich denn schon?», fragte Reuben.
    «Eigentlich von Anfang an», sagte Felix. «Seit ich in Paris im
Herald Examiner
von Marchents Tod las. Als dann der ‹Wolfsmensch von San Francisco› zum ersten Mal in den Medien auftauchte, bin ich sofort hergeflogen.»
    «Dann waren Sie nach unserem Treffen bei den Anwälten also gar nicht außer Landes?»
    «Nein. Wir waren die ganze Zeit in Ihrer Nähe. Thibault traf nur wenige Stunden nach mir ein, Margon hatte einen weiteren Weg, weil er erst den Atlantik überqueren musste, und dann kamen auch Vandover und Gorlagon. Ich war die ganze Zeit hier im Haus. Es war clever, wie Sie das Allerheiligste entdeckten. So bezeichnen wir die Geheimkammer unter uns. Nur den Eingang vom Keller her haben Sie nicht entdeckt. Der stillgelegte Heizkessel ist eine Attrappe. Später kann ich es Ihnen zeigen. Wenn man an der rechten unteren Klappe zieht, öffnet sich die Tür, die dahinterliegt. Sie führt zu einer ganzen Reihe von Geheimkammern, die alle beleuchtet und beheizt sind. Sie sind mit einem Tunnel verbunden, der nach Westen führt und am Fuße der Klippen in einer Höhle endet,

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