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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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herholen.
    Das Schlafzimmer an der Südostecke des Hauses war ebenso urig wie das Elternschlafzimmer und ähnelte den beiden Zimmern an der Vorderseite des Hauses, die nach Süden gingen. Alle drei waren mit den schweren Möbeln aus Grand Rapids bestückt, und auch hier hingen William-Morris-Tapeten an den Wänden, die allerdings stellenweise schimmelig waren und sich ablösten. Hier gab es akuten Renovierungsbedarf. Galton gab zu, dass er noch nicht dazu gekommen war, sich um diese Räume zu kümmern. Es fehlte auch an Steckdosen, und die Kamine waren schadhaft. Und so ansehnlich die dazugehörigen Badezimmer mit ihren Waschständen und freistehenden Wannen auch waren, boten sie doch keinen Komfort. «Felix wollte sich um all das kümmern», sagte Galton und schüttelte bedauernd den Kopf.
    Sogar der Teppich in diesem Teil des Hausflurs war abgewetzt.
    Sie sahen sich noch die Zimmer an, die im Osten lagen. Auch sie waren mit amerikanischen Antiquitäten im Stil der Neorenaissance ausgestattet.
    «Hier ist bereits alles renoviert», sagte Galton stolz. «Inklusive Kabelanschluss. Für Zentralheizung und funktionierende Kamine hat Felix noch gesorgt, aber Marchent hatte keinen Fernseher, sie hielt nicht viel davon, und nachdem ihre Brüder aus dem Haus waren, gab es keinen Grund, einen neuen Apparat anzuschaffen. Natürlich hat sie oft Freunde mitgebracht, einmal einen ganzen Verein aus Südamerika, aber auch die machten sich nichts aus Fernsehen.»
    «Können Sie im großen Schlafzimmer trotzdem einen guten Flatscreen installieren?», fragte Reuben. «Ich kann ohne Nachrichten nicht leben, muss immer auf dem neuesten Stand sein. In der Bibliothek unten können wir auch einen gebrauchen, und etwas Kleineres in der Küche wäre schön. Apropos Küche: Ich koche selbst.»
    «Kein Problem. Ich kümmere mich darum.» Galton schien ganz begeistert zu sein.
    Sie gingen die Treppe wieder hinunter und passierten noch einmal den Tatort.
    «Es gibt da zwei Männer, die mir helfen», sagte Galton. «Sie haben wohl nichts dagegen, wenn die hier ein und aus gehen, oder? Der eine ist mein Cousin, der andere mein Stiefsohn. Denen können Sie genauso vertrauen wie mir. Wann immer Sie Wünsche haben, kümmert sich einer von uns darum.»
    Unten zeigte Galton dem neuen Hausherrn stolz, wie gut die Fenster im Esszimmer repariert worden waren. Man konnte kaum sehen, dass einige Scheiben neu waren, was bei den rautenförmigen, bleigefassten Scheiben ein ziemliches Kunststück war.
    Marchents Brüder hatten auch die Abstellkammern links und rechts der Diele aufgerissen und Silbertabletts und Teekannen überall im Raum verstreut, um es wie einen Einbruchsdiebstahl aussehen zu lassen. Aber sie hatten sich so dumm angestellt, dass niemand darauf hereingefallen war.
    «Das ist alles wieder in Ordnung gebracht worden», sagte Galton und ließ Reuben einen Blick in die Abstellkammern werfen. «Es gibt noch mehr solcher Kammern. Eine befindet sich kurz vor der Küche. Ich hoffe, Sie wollen einmal eine Familie gründen und viele Kinder in die Welt setzen, dann brauchen Sie viel Geschirr. Am anderen Ende des Hausflurs befindet sich noch ein großer Schrank mit Porzellan und Besteck und so weiter.»
    Reuben musste tief durchatmen, als er dem alten Mann in die Küche folgte. Ganz langsam ließ er den Blick über den Fußboden schweifen. Er war aus weißem Marmor, der hier und da mit geflochtenen Fußmatten bedeckt war. Irgendwo darunter mussten sich Marchents Blutflecke befinden. In den Fugen der Marmorfliesen waren sie bestimmt noch zu sehen, vielleicht sogar auf dem Marmor selbst. Reuben wusste nicht, wo genau sie gelegen hatte. Er wusste nur, dass er es in dieser Küche kaum aushielt. Bei der Vorstellung, sich von dem Eintopf zu bedienen, der auf dem Herd stand, drehte sich ihm der Magen um.
    Noch nie hatte er etwas herunterbekommen, wenn er an den Tod denken musste. Auch als Celestes Bruder in Berkeley gestorben war, hatte er tagelang nichts essen oder trinken können, ohne sich sofort zu übergeben.
    Er bemühte sich, Galton nicht merken zu lassen, wie ihm zumute war. Aber der Mann beobachtete ihn und schien auf etwas zu warten.
    «Ich gebe Ihnen freie Hand», sagte Reuben. «Machen Sie alles so, wie Sie es für richtig halten.» Er holte seine Brieftasche heraus und gab Galton einen Packen Scheine. «Das sollte für den Anfang reichen. Bitte füllen Sie auch die Tiefkühltruhe und die Speisekammer mit den üblichen Dingen. Ich weiß, wie man

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