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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sein Cousin und Stiefsohn sowie Nina, das Mädchen aus dem Dorf, das Felice zur Hand ging, seien dort gewesen. Nina gehe gern in den Wäldern spazieren und würde bestimmt nichts anrühren, was sie nicht anrühren sollte.
    «Und dann ist da ja auch noch die Alarmanlage», sagte Galton. «Ich habe sie eingeschaltet, nachdem die Polizei weg war.» Die Anlage habe noch nie versagt. Hätte Miss Nideck sie in jener Nacht eingeschaltet, wäre sie ganz gewiss in der Sekunde losgegangen, als die Fenster eingeschlagen wurden.
    «Niemand kann in dem Haus gewesen sein», sagte er nachdrücklich. Außerdem wohne er ja nur zehn Minuten die Straße runter. Er hätte es gehört, wenn ein Auto die Straße hinaufgefahren wäre. Ja, es seien ein paar Reporter und Fotografen im Haus gewesen, aber nur in den ersten Tagen, und da sei er, Galton, oder die Polizei immer dabei gewesen, um sie im Auge zu behalten. Wenn er nicht da war, hätte niemand ins Haus gelangen können, ohne den Alarm auszulösen.
    «Glauben Sie mir, Reuben», sagte er. «In dieses Haus kann man nicht so leicht einbrechen. Auch dass es so abgelegen ist, macht es nicht angreifbarer. Die Wenigsten haben Lust, so weit heraufzufahren. Abgesehen von ein paar Naturliebhabern, Wanderern und so verirrt sich kein Mensch hierher.»
    Das stimmte natürlich.
    «Wenn Sie sich da oben unwohl fühlen, komme ich gern und schlafe hinten im Haus.»
    «Nicht nötig, Galton, aber danke.»
    Nach den Telefonaten saß er lange am Schreibtisch und starrte auf das große Foto von Felix und seinen Freunden über dem Kamin.
    Die Vorhänge waren offen, sodass die schwarz glänzenden Fenster wie Spiegel wirkten. Im Kamin waren Reisig und Holzscheite schon aufgeschichtet, aber er hatte keine Lust, Feuer zu machen.
    Warm war ihm nicht gerade, aber kalt auch nicht. Er saß einfach nur da und dachte nach.
    Vor allem über eine Möglichkeit: Einer von Felix’ Freunden aus alten Zeiten konnte erfahren haben, dass Marchent in diesem Haus ermordet worden war, und vielleicht hatte er sich zu diesem Zeitpunkt gerade am anderen der Welt befunden, wo er, wäre zwischenzeitlich nicht das Internet erfunden worden, nichts davon mitbekommen hätte. Daraufhin hatte dieser Mann sich vielleicht die Mühe gemacht, die ganze Geschichte zu recherchieren. Danach war er hergekommen und hatte heimlich und in aller Stille die unbezahlbaren Tontafeln an sich genommen.
    Dass sich die Nachricht von Marchents Ermordung wie ein Lauffeuer verbreitet hatte, war Reuben am Vorabend klargeworden, als er ein wenig recherchiert hatte.
    Angenommen, seine Überlegungen trafen zu, konnte es Verschiedenes bedeuten. Vielleicht waren Felix’ kostbare Tontafeln jetzt in guten Händen. Vielleicht hatte ein besorgter Archäologenkollege die Artefakte an sich genommen, um sie zu retten, und sobald er erfuhr, dass Reuben Felix’ Erbe bewahren wollte, würde er sie zurückgeben, oder sie kämen überein, dass er sie besser verwahren konnte als Reuben.
    Ein beruhigender Gedanke.
    Und er barg eine weitere Möglichkeit: Vielleicht wusste dieser Mann etwas über Felix’ Schicksal. Und selbst wenn nicht, wäre er zumindest eine direkte Verbindung zu Felix, denn es musste jemand sein, der Felix gut gekannt hatte.
    Natürlich war das die optimistischste und tröstlichste Lösung des Rätsels. Hätte Reuben Celestes mahnende Stimme im Ohr gehabt, hätte er sie sicher sagen hören:
Träum weiter!
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er diese Stimme nicht mehr ständig im Ohr hatte. Sie ruft auch nicht mehr ständig an oder schreibt SMS , dachte er. Stattdessen geht sie mit Mort Keller ins Kino. Auch von meiner Mutter höre ich nichts. Warum auch? Beide hatten keine Ahnung, worum es hier ging. Auch Phil hatte nicht zugehört, als Reuben ihm von den Tontafeln erzählt hatte, sondern weiter in dem Buch gelesen, das ihn gerade beschäftigte. Und Mort habe ich erst gar nichts davon erzählt, dachte Reuben. Dazu war ich von den Schmerztabletten und Antibiotika viel zu benebelt, als Mort mich im Krankenhaus besuchen kam.
    Reuben ging nach oben, packte seinen Laptop aus und brachte ihn nach unten in die Bibliothek.
    Links auf dem Schreibtisch lag die Unterlage für eine alte Schreibmaschine. Darauf stellte er den Laptop, stellte die WLAN -Verbindung her und ging online.
    Tatsächlich: Bevor der Wolfsmensch in San Francisco zugeschlagen hatte, war der Mord an Marchent um die Welt gegangen, sodass man in Japan genauso gut darüber informiert sein konnte wie in

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