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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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großen Lederstuhl hinterm Schreibtisch aus einem leichten Schlummer. Schultern und Nacken waren ganz steif, und er hatte Kopfschmerzen.
    Grace hatte ihm gemailt. Sie hätte noch einmal «mit diesem Spezialisten in Paris» gesprochen, Reuben solle sie dringend anrufen.
    Ein Spezialist in Paris? Wer sollte das sein? Statt anzurufen, mailte er zurück: «Ich brauche keinen Spezialisten, Mom! Mir geht’s gut. Alles Liebe, R.»
    Ich sitze hier in meinem neuen Haus und kann es gar nicht erwarten, mich in einen Werwolf zu verwandeln. Alles Liebe, Dein Sohn.
    Er war ruhelos und hungrig, aber nicht in Bezug auf Nahrung. Es war ein viel tiefer sitzender Hunger. Er sah sich in dem großen, dunklen Raum mit den vollgestopften Bücherregalen um. Das Feuer war ausgegangen. Er war nervös und hatte das Gefühl, sich bewegen und nach draußen gehen zu müssen, irgendwohin. Irgendwo musste er doch gebraucht werden!
    Er hörte das Murmeln des Waldes, das Geräusch der Regentropfen auf dem dichten Blätterdach. Ein größeres Tier war nicht zu hören. Falls es da draußen eine Berglöwin gab, schlief sie jetzt bei ihren Jungen.
    Dieses unerträgliche Warten!
    Er schrieb eine E-Mail an Galton, in der er Dinge auflistete, die noch im Haus benötigt wurden, obwohl es bereits gut ausgestattet war. Vor allem wollte er viele neue Pflanzen für den Wintergarten haben, Orangenbäumchen, Farne und Bougainvilleen. Was noch? Da war doch noch etwas! Reuben wurde immer unruhiger.
    Er ging wieder online und bestellte einen Laserdrucker und einen Mac für die Bibliothek. Beides sollte so schnell wie möglich geliefert werden. Dann bestellte er einige CD -Player von Bose und jede Menge Blu-rays. CD s waren das einzige altmodische technologische Spielzeug, das er liebte.
    Er packte die beiden Bose-Player aus, die er mitgebracht hatte. Beide waren zugleich Radios. Einen stellte er in die Küche, den anderen auf den Schreibtisch der Bibliothek.
    Stimmen konnte er nicht hören. Abgesehen vom Regen war die Nacht ganz still.
    Und er verwandelte sich nicht.
    Wieder streifte er durchs Haus, dachte nach und führte Selbstgespräche. Aus irgendeinem Grund musste er in Bewegung bleiben. Er legte Zettel an die Stellen, wo die Fernseher aufgestellt werden sollten. Dann setzte er sich, stand wieder auf, wanderte umher, ging nach oben, bis auf den Dachboden, und kam wieder herunter.
    Dann ging er durch die Hintertür nach draußen in den Regen. Unter dem Dachvorsprung blinzelte er in die Schlafzimmer des Dienstbotenflügels. Alle hatten ein Fenster und eine Tür, die auf den gepflasterten Weg hinausgingen. Die Zimmer schienen in gutem Zustand zu sein, waren einfach und rustikal möbliert.
    Am Ende des Dienstbotenflügels befand sich ein Schuppen, in dem Brennholz lagerte. Eine Werkbank nahm eine ganze Seite des Schuppens ein. Äxte und Sägen hingen darüber, und überall waren Werkzeuge für größere und kleinere Reparaturen zu sehen.
    Reuben hatte noch nie eine Axt in den Händen gehalten. Er nahm die größte von der Wand. Der Holzschaft war fast einen Meter lang, die Schneide extrem scharf und fast fünfzehn Zentimeter lang. Allein der Kopf musste an die fünf Pfund wiegen. Dutzende Male hatte Reuben im Fernsehen gesehen, wie Männer mit solchen Äxten Holz hackten, und er fragte sich, wie er sich wohl dabei anstellen würde. Der Schaft war erstaunlich leicht. Die Schlagkraft schien allein aus dem Gewicht des Axtkopfes zu kommen. Hätte es nicht geregnet, hätte er nach dem Hackklotz gesucht und die Axt ausprobiert.
    Plötzlich wurde ihm klar, dass dies die einzige Waffe war, die er besaß.
    Er nahm die Axt mit ins Haus und stellte sie neben den Kamin in der Diele. Dort wirkte sie ganz harmlos. Die Farbe war vom Schaft abgeblättert, und zwischen frischem Brennholz und der Feuerstelle fiel sie kaum auf.
    Es war ein gutes Gefühl, sie griffbereit zu haben, falls er sie brauchen sollte. Ein merkwürdiger Gedanke. Noch vor zwei Wochen hätte er nicht gedacht, dass er es je nötig haben könnte, sich mit einer Waffe zu verteidigen. Trotzdem hatte er jetzt nicht die geringsten Hemmungen, davon Gebrauch zu machen.
    Langsam wurde ihm die innere Unruhe unerträglich.
    Wehrte er sich gegen die Verwandlung? Oder war es einfach noch zu früh? Um diese Zeit war es noch nie passiert. Er musste einfach abwarten.
    Aber er konnte nicht warten. Es juckte ihn geradezu in Händen und Füßen.
    Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er traf einen Entschluss. Er konnte nicht

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