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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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täglich vor jeder Zeremonie durchführten. Rechter Hand befanden sich die Zellen der niederen Priester. Dahinter schlossen sich die der Dienerschaft an, die inzwischen fast nur noch aus Leibeigenen und Kriegsgefangenen bestand. Ramses hatte sein Wort gehalten und Osiris eine beträchtliche Anzahl von unfreien Arbeitskräften geschenkt. Hinter den Unterkünften konnte Satra die Werkstätten und Küchen des Gottes sehen, wo die Küchengehilfen unter der strengen Aufsicht der Priester die schmackhaftesten Gerichte zubereiteten, die dem Gott gereicht und später von den Priestern und Dienern verzehrt wurden. Linker Hand schmiegte sich der Arbeitsbereich der höheren Priesterschaft an die Außenmauern des Tempels, und davor befand sich in zentraler Lage der kleine Park mit seinem Teich, den sauber angelegten Wegen und den gepflegten Bäumen, Büschen und Blumenrabatten.
    Satras Blick glitt hinüber zum Haus des Oberpriesters, das links von dem des Schatzmeisters stand und im hinteren Teil des dazugehörigen Gartens durch hohe Bäume und eine Mauer von den riesigen Speichergebäuden getrennt wurde, die den gesamten südwestlichen Teil des heiligen Bezirks einnahmen. Sie dienten als Lager für Emmer, Gerste und Weizen, Zwiebeln, Knoblauch und anderes Gemüse. Sie beherbergten Obst und getrocknetes Fleisch, aber auch Kupfer, Leder, Flachs und Leinen sowie edle Hölzer, Halbedelsteine, Farben und all die Dinge, die die Handwerker des Gottes für ihre tägliche Arbeit benötigten.
    Ihr Blick schweifte weiter und fand das Haus für Baken, den Vorsteher des Lebenshauses, das in der Zwischenzeit fertiggestellt worden war genau wie die beiden kleineren Gästehäuser, die mit ihren weiß verputzten Fassaden einen schmucken Anblick boten. Nun war man dabei, die bei Weitem zu kleinen Häuser von Netnebu und Maj durch Anbauten zu vergrößern.
    Nut hatte in der Zwischenzeit Res Barke verschluckt, und die Dunkelheit breitete sich im Tempelbezirk aus. Trotzdem war es drückend heiß. Nur vereinzelt sah man einen Priester oder einen Diener noch seiner Aufgabe nachgehen. Die meisten hatten ihr Tagewerk beendet und begaben sich auf die Dächer ihrer Unterkünfte, um dort die Nacht zu verbringen.
    Die beiden Stundenpriester eilten an Satra und dem Wab-Priester vorüber und warfen ihr einen überraschten Blick zu, der schnell einem feindseligen wich.
    Betreten senkte Satra den Kopf.
    Man schien sie hier zu hassen, weil man annahm, dass sie Amunhotep niedergeschlagen hatte. Sie verübelte es den beiden Priestern nicht. Die Verhandlung hatte in Theben unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden, und anscheinend war hier im Tempel noch niemandem ihr Freispruch bekannt.
    Verstohlen blickte sie sich um und sah ihnen hinterher. Insgeheim beneidete sie die zwei, dass sie jetzt auf das hohe Dach des Tempels steigen konnten, wo der Nordwind ihnen etwas Kühlung bringen würde.
    Sie hatten das Grundstück des Oberpriesters erreicht, und der Wab übergab sie an Hekaib zusammen mit einer Schriftrolle, die von Nehis kam.
    Amunhoteps Haushofmeister beäugte Satra kritisch und befahl ihr zu warten, bis er sie holen lassen würde. Dann wandte er sich um und verschwand durch eine Pforte, hinter der sich ein Lagerhof befand, von dem es sowohl zu Amunhoteps als auch Hekaibs Wohnbereich ging.
    Als Hekaib die Pforte öffnete, konnte Satra einen kurzen Blick auf den Hof erhaschen. Überrascht stellte sie fest, dass ein ihr fremder Soldat vor dem Zugang zu Amunhoteps Bereich Wache hielt. Das war ihr bereits am Tor zum Grundstück aufgefallen.
    Was ging hier vor?
    Normalerweise hatte Amunhotep nur vier Wachposten, die abwechselnd ihren Dienst versahen, da sich der Oberpriester im Tempelbezirk sicher fühlte. Einer der Männer verrichtete am Tor seinen Dienst als Pförtner, der andere hielt Wache am Zugang zu den privaten Gemächern. Nun standen hier Soldaten, die ihr nicht bekannt waren, und dann noch an Stellen, die bisher unbewacht gewesen waren.
    Nachdenklich kratzte sie sich am Kinn.
    Sicherlich wollte man einen erneuten Anschlag auf Amunhoteps Leben verhindern, mutmaßte sie. Das aber würde bedeuten, dass irgendjemand wusste oder zumindest annahm, dass nicht sie ihn niedergeschlagen hatte.
    Weiter kam sie nicht in ihren Überlegungen. Hekaib erschien und gab ihr ein Zeichen, ihm zu folgen.
    Gehorsam betrat sie hinter ihm das Haus.
    »Geh dich baden, Satra, rasiere dich, und ziehe sauberes Leinen an!«, befahl er ihr. »Ich schicke Moses, deine Truhe

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