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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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reichen würde, stutzte mit einem Mal und kniff nachdenklich die Augen etwas zusammen. »Hoher Herr«, wandte sie sich eine Weile später an den Wesir, »bitte verzeih meine Kühnheit. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, wie ich meine Unschuld beweisen kann.«
    »Und wie?« Überrascht zog Nehi die Augenbrauen in die Höhe.
    »Bitte lass zwei gleich große Melonen holen, die in ihrer Größe in etwa einem menschlichen Kopf entsprechen. Dann spieße sie je auf einen Speer oder einen langen Stock, und ramme diese in den Boden, sodass die Melonen sich in der gleichen Höhe befinden wie der Kopf meines Gebieters. Anschließend hole einen Mann, der ungefähr die Größe des Mannes hat, den ich weglaufen sah. Er soll eine Keule nehmen, die der entspricht, mit der der Oberpriester niedergeschlagen wurde. Damit soll er auf die Melone einhauen. Nun nimm jemanden, der so groß ist wie ich, und lass ihn dasselbe mit der anderen Melone tun. Verzeih, Erhabener, dass ich mich selbst nicht zur Verfügung stelle. Niemand soll hinterher behaupten können, ich hätte absichtlich das Ergebnis verfälscht.«
    »Und was willst du damit beweisen?«
    Die Angeklagte schmunzelte verstohlen. »Bei allem nötigen Respekt, Tjati, das werde ich noch nicht sagen. Ich bitte dich aber, es zu tun. Vielleicht lässt sich mit diesem einfachen Versuch meine Unschuld beweisen.«
    Nehi atmete hörbar ein und aus und runzelte verärgert die Stirn. War man jetzt schon so weit, dass die Angeklagten dem Richter sagten, was er tun und wie er richten sollte? Sein Blick verfinsterte sich. Andererseits war es einen Versuch wert, die Unschuld einer Beklagten in einem Fall zu beweisen, der nicht auf Aussagen von Augenzeugen, sondern nur auf Annahmen beruhte.
    Er räusperte sich und schluckte den Ärger hinunter. »Man soll die genannten Dinge holen und auch zwei Männer, die die entsprechende Körpergröße haben«, wandte er sich an die beiden Tempelwachen, die etwas abseits standen und alles vernommen hatten. »Zur siebenten Stunde des Tages wird die Verhandlung fortgesetzt.«
    Nehi erhob sich von seinem Platz und begab sich in Begleitung des Zweiten Propheten in den Bereich des Tempelbezirks, wo die beiden Männer bereits von Ramses erwartete wurden.
    »Was gedenkt sie zu beweisen?«, fragte Ramses verwundert, nachdem er gehört hatte, was bei der Verhandlung vorgefallen war.
    »Ich denke, ich weiß es«, erwiderte Nesamun. Fragend sah er zum Wesir. »Wo genau wurde mein Sohn verletzt?«
    »An der linken Kopfseite.«
    »Das ist mir bekannt, aber wo genau? Weiter hinunter zum Ohr und Hals oder höher zum Scheitel hin?«
    »Das ist mir nicht bekannt. Ich weiß nur, dass seine linke Schädelhälfte zertrümmert wurde, aber ...« Der Wesir stutzte und sah Nesamun nachdenklich an, denn er begann zu verstehen. »Sie will mir beweisen, dass ...«
    »Genau, Nehi«, fiel ihm der Amun-Prophet ins Wort. »Mein Sohn ist für einen Mann aus Kemi sehr groß, und auch diese Satra ist für eine Fremdländische ungewöhnlich hochgewachsen. Ich schätze, sie ist nur eine Handbreite kleiner als Amunhotep. Der Mann hingegen, den sie hat weglaufen sehen, geht ihr gerade bis zum Kinn. Der Schlag dieses Mannes muss tiefer auftreffen als der Schlag einer so großen Person, wie es die Dienerin ist. Zudem ist er sehr wahrscheinlich Linkshänder, da Amunhoteps Kopf auf der linken Seite getroffen wurde.«
    »Möglich«, pflichtete Nehi ihm bei. »Es könnte allerdings auch sein, dass dein Sohn den Angriff bemerkt und sich weggeduckt hat, wobei er den Kopf nach links wendete.«
    Der Pharao hatte schweigend zugehört.
    »Muss dieser Versuch überhaupt stattfinden?« fragte er etwas ungehalten, da für ihn feststand, dass Satra unschuldig war. »Wenn wir sowieso nicht wissen, wo Amunhotep getroffen wurde oder ob der Angreifer Linkshänder war, ist es doch unsinnig, ihn durchzuführen.«
    »Majestät«, erwiderte Nehi vorsichtig, dem nicht entging, dass Ramses wieder ein Mal an einer Verurteilung der Dienerin nichts gelegen war, »es ließe sich in Erfahrung bringen, wo genau Amunhotep verletzt wurde. Ich werde einen Schreiber beauftragen, umgehend nach Abydos zu reisen und mit dem dortigen Heilkundigen zu sprechen. Wenn er zurück ist, werde ich mein Urteil über sie fällen.«
    »Also ein oder zwei Tage Verzögerung«, sinnierte Ramses mehr zu sich selbst. »Anschließend kann sie sofort nach Abydos zurückkehren, um ihren Gebieter gesund zu pflegen.«
    Nehi deutete eine zustimmende

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