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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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weniger ist, als jeder von uns erwartet hat, so haben wir einiges zu tun, wenn wir die Schätze herausbringen wollen.«
    Schweigend machten sich die Männer an die Arbeit. Wie Mann-ohne-Hand angenommen hatte, hatten sie fast die gesamte erste Nacht benötigt, um in die Kammer vorzudringen, denn die Nächte waren kurz, die Tage dafür umso länger. Am nächsten Tag schafften sie die wertvollsten Dinge zum Eingang des aufgegebenen Grabes, aber so, dass niemand sie von außen sehen konnte. Die beiden folgenden Nächte benötigten sie, um ihre Beute in ihr kleines Lager unweit des Königstals zu bringen. Bevor sie jedoch das verbotene Tal verließen, räumten sie den Schutt wieder vor die Öffnung der beraubten Grabstätte, damit niemand bemerken konnte, dass das Westliche Haus eines Königs geschändet worden war.
    Nach zwei Tagen und drei Nächten hatten sie es geschafft. Sie waren reich.
    Das Edelmetall musste nur noch eingeschmolzen und Gewinn bringend eingetauscht werden; dann konnte ihr sorgenfreies Leben irgendwo außerhalb des Schwarzen Landes beginnen. Mit so viel Reichtum würde sich keiner mehr dafür interessieren, dass sie einst für ein Verbrechen verstümmelt worden waren. Wer reich war, konnte sich alles leisten. Er wurde von den Leuten geachtet und respektiert. Und sollte ihr Reichtum irgendwann einmal aufgebraucht sein, konnten sie jederzeit wiederkommen, um das nächste Haus für die Ewigkeit leerzuräumen. Mann-ohne-Hand hatte von dem Steinhauer erfahren, dass sich genau unterhalb des beraubten Grabs das eines anderen Pharaos befand.

SECHZEHN
     
     
     
     
     
     
     
    Paheri war nicht gerade begeistert, dass er schon bald seinen erst kürzlich erworbenen Landsitz außerhalb von Abydos aufgeben sollte, um ständig im Tempelbezirk zu wohnen. Der neue Oberpriester hatte das aber von allen Bediensteten der höheren Ränge verlangt. Paheri hatte seinen Unmut darüber nicht verbergen können und war von Amunhotep gerügt worden.
    Ipuwer war das nicht entgangen. Bei seiner Suche nach Verbündeten gegen den jungen Oberpriester hatte er bei Maj auf Granit gebissen und wagte nun einen Vorstoß beim Obersten Arzt des Lebenshauses. Er hatte ihn zu sich in sein Haus eingeladen, und zögernd hatte Paheri eingewilligt.
    »Wie geht es dir?«, begrüßte Ipuwer ihn, ganz gegen seine Gewohnheit, recht leutselig. »Hast du dich in deinem neuen Haus gut eingelebt?«
    Überrascht sah Paheri den Schatzmeister an.
    Ipuwer, der eigentlich vorgehabt hatte, behutsam vorzugehen, änderte seine Strategie. »Warum so erstaunt, Paheri. Denkst du allen Ernstes, es wäre jemandem entgangen, dass du dir ein riesiges Landgut außerhalb von Abydos gekauft hast? Ich denke, das ist jedem hier im Tempel bekannt.«
    »Was willst du von mir?«, fragte Paheri misstrauisch.
    »Nichts, mein Freund.« Der zweite Gottesdiener ging auf ihn zu und legte ihm gönnerhaft den Arm um die Schulter. »Komm, Paheri, setzen wir uns, und plaudern wir ein wenig. Hier sind wir ungestört.«
    Er zog den widerstrebenden Priester mit sich zu einem flachen Tisch mit zwei eleganten Stühlen.
    Unwirsch schüttelte Paheri den Arm des Schatzmeisters ab. »Was soll das, Ipuwer?«
    »Setz dich!«, forderte dieser in schon beinahe befehlendem Ton.
    Vorsichtig ließ sich Paheri auf der Kante seines Stuhls nieder, so als hätte er Angst, dieses Kunstwerk zu beschädigen. »Zum letzten Mal«, knurrte der Heilkundige. »Warum hast du mich herbestellt?«
    »Weil ich deine Mithilfe und Unterstützung benötige.«
    »Wobei?«
    »Es gefällt dir doch nicht etwa, dass der Neue von dir verlangt, du sollst deinen schönen Besitz verwaisen lassen, um hier im Tempel zu wohnen? Es ist stickig hier, selten weht mal ein frisches Lüftchen. Die Mauern sind einfach zu hoch, mein Freund, aber das weißt du ja sicher selbst.«
    Ipuwer griff nach dem Krug, der auf dem Tisch zwischen den beiden Männern stand, und schenkte sich Wein in eine Schale.
    »Möchtest du auch?«
    Der Arzt lehnte ab.
    »Nun gut, Paheri, was ich dir sagen will ist, dass ich deinen Umzug nicht fordern würde.« Er sah den Heilkundigen forschend an.
    Dieser schluckte hörbar. »Was meinst du damit? Hast du jetzt hier das Sagen?«
    »Bis jetzt noch nicht, aber wenn ich das Sagen hätte, würde ich es nicht von dir verlangen.«
    »Aber du hast nicht das Sagen! Also, weshalb hast du mich herbestellt?« Paheri war aufgestanden und sah den Schatzmeister herausfordernd an.
    »Setz dich wieder hin!« Drohend ruhte

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