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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erklärungen. Hubert Wolfach räusperte sich.
    »Petra tut nur ihre Pflicht, meine Liebe. Verwundetenbetreuung ist etwas sehr Wichtiges. Sie hebt die Moral der Truppe. Man braucht da nicht gleich zu denken, daß …«
    »Mutter erkennt es besser als du!« sagte Petra hart. »Ich habe Walter Hertz gern.«
    Hubert Wolfach drehte sich abrupt um. »Was soll das heißen?«
    »Was Mutter befürchtet: Ich liebe ihn.«
    »Einen Menschen ohne Gesicht?«
    »Ist er deshalb weniger wert als andere?«
    »Aber es ist doch … Petra, wenn man ganz nüchtern denkt …« Hubert Wolfach sah hilfesuchend zu seiner Frau. »Du bist unser einziges Kind … und … und … Im übrigen ist es nur wieder eine von deinen Verrücktheiten!«
    »Nein, Vater! Jetzt liebe ich ihn gerade! Alle lassen ihn allein. Er ist doch kein Aussätziger, er ist doch nicht schuld an seinem Aussehen, er hat doch sein Gesicht verloren, damit wir hier in unserer Villa leben dürfen, damit du weiter dein Geld am Krieg verdienen kannst, damit du deinen Mouton Rothschild trinken und Mutter ihren Chopin spielen kann. Für euch hat er sein Gesicht verloren. Und ihr jagt ihn jetzt weg wie einen räudigen Hund!« Sie schrie plötzlich, unbeherrscht, die Fäuste nach vorn werfend, als wolle sie nach ihren Eltern schlagen. »Er braucht uns, versteht ihr das denn nicht? Er braucht mich, um wieder zurückzufinden in das Leben, das ihm der Krieg gestohlen hat. Und ihr, ihr seid mitschuldig daran!«
    »Petra!« Hubert Wolfach knöpfte seine Jacke zu. »Das sind ja geradezu kommunistische Reden! Ins Bett! Sofort! Wir sprechen noch darüber! Und auch mit diesem jungen Mann werde ich sprechen. Ganz nüchtern, von Mann zu Mann. Er wird genügend Verständnis aufbringen.«
    »Das hat er für das Vaterland getan. Hast du das vorhin nicht selbst gesagt, Vater?«
    »Gewiß …«
    »Sind wir nicht sein Vaterland?«
    Hubert Wolfach winkte ab und stellte die Regulierklappe des Kamins auf klein.
    »Das sind so Redensarten, weißt du«, sagte er mit väterlicher Nachsicht. »Das tut so einem armen Menschen gut.«
    Eine Stunde später stapfte Walter Hertz durch den Schnee den Hügel hinab. Er war aus dem Fenster gesprungen und über den Zaun des Parks geklettert. Nun keuchte er durch den knietiefen Schnee, vorbei an dem schlafenden Bernegg, den Wäldern entgegen, der großen, wunderbaren Einsamkeit.
    Was er tun wollte, wußte er nicht, wo er die Nacht verbringen würde, daran hatte er nicht gedacht. Er spürte nur die Sehnsucht, hinauszulaufen in Dunkelheit, Schnee und Wald, wie ein Wolf, der die Nähe der Menschen flieht …
    Der Besuch der Kommission war vorbei. Die Stationen waren durchgegangen, von den Bunkern hatte man nichts erwähnt, und Oberst Mayrat hatte auch nichts gefragt. Die beiden Stabsärzte, die Mayrat als Fachleute mitgebracht hatte, führten auf einer Liste die Namen von dreiundzwanzig Männern, die nach ihrer Ansicht fähig waren, im Ersatztruppendienst und im Nachschub eingesetzt zu werden.
    Professor Rusch ließ die beiden Ärzte ohne Widerrede schreiben. Dr. Mainetti ließ es sich nicht entgehen, Oberst Mayrat den toten Leutnant Rudolf Fischer zu zeigen. Ehrlich erschüttert sah Mayrat auf diesen zerfetzten Kopf und wandte sich dann schnell ab. »Es beruhigt etwas, wenn man daran denkt, daß der Gegner auch solche Verluste hat!« sagte er dabei.
    »Man sollte diese ›Beruhigung‹ der wartenden Frau schreiben!« sagte Lisa giftig. Oberst Mayrat verließ stampfend das Zimmer. Seit dem Beginn der Auskämmung hatte sich die Stimmung sehr gewandelt. Die Gegnerschaft zwischen dem Lazarett und der Kommission v. Unruhs war deutlich geworden. Generalarzt Professor Gilgen versuchte mit weisen Worten zu vermitteln, doch er prallte gegen zwei Mauern, an denen seine Argumente zerschellten.
    Im Gemeinschaftssaal hatten die Ordonnanzen eine Tafel aufgestellt und gedeckt. Es gab Gulasch mit Nudeln und dazu ein dünnes Bier, das aus der ehemals berühmten Schloßbrauerei stammte. Die gesamte Ärzteschaft des Lazaretts aus allen Blocks war anwesend, die Zahlmeister und der dicke Stabsintendant, der sich ›Chef der Verwaltung‹ nannte. Drei Sanitäter unter Leitung des Famulus Baumann servierten.
    »Meine Herren!« sagte Oberst Mayrat, und es war so etwas wie eine Tischrede, zu der er ansetzte. »Es freut mich, daß auch der heutige Tag in einem so guten, kameradschaftlichen Geist vergangen ist und daß wir unter Anlegungen weitestgehender Toleranz doch noch ein ganz schönes

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