Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
grinsend.
    »Das ist schade. Humanität will keinen Dank. Sie gehört zur Menschenwürde.«
    Professor Rusch wandte sich ab und rannte wieder hinaus. Doktor Stenton lachte leise. Mit einer stumpfen, gebogenen Schere drohte er Lisa Mainetti.
    »Sie sind ein Teufelskerl!« sagte er.
    Auf dicken Gummisohlen an den Stiefeln, fast lautlos, trugen amerikanische Soldaten die Kisten mit Verbandsmaterial und Medikamenten in das Lazarett. Auch zwei Neger waren darunter, große, kräftige Kerle, schwarz wie Ebenholz, mit starken, weißleuchtenden Zähnen und krausen Haaren. Es waren die ersten Neger, die der Wastl Feininger in seinem Leben sah. Er prallte auf sie, als er von der Toilette zurückkam. Obwohl nicht klein, war der Wastl ein Wicht gegen sie.
    »Kruzisakra!« sagte er in der Stube B/14 und setzte sich betroffen auf sein Bett. »Dös san Mannsbilder! Wenn dös d'Resi sieht – gar nie mehr hoamkemma brauch' i! Mir san ja Zwergl dagegen!«
    Mit dem Wagen voller Lazarettmaterial kam noch ein amerikanischer Offizier. Ein Verwaltungsoffizier, der sich in Block A ins Zimmer des Stabsintendanten setzte und ihn und zwei Zahlmeister ins Sammellager nach Bernegg abtransportieren ließ. »Das machen wir allein!« sagte er zu dem Stabsintendanten.
    »Ein neuer Zahlmeister, diesmal von den Amis!« meldete der Famulus Baumann im OP, der dem Wechsel zugesehen hatte. »So was haben die also auch!«
    »Das beruhigt!« sagte Lisa Mainetti sarkastisch. »Baumann – Kampfer, aber schnell! Man sieht, es bleibt alles beim alten, nur die Monturen wechseln!«
    Es blieb nicht alles so, wie es vordem war.
    Noch wurde im Ruhrkessel gekämpft, Magdeburg und Leipzig wurden erobert, von Küstrin und Frankfurt/Oder aus nahmen die Sowjets Berlin in eine tödliche, sich immer enger schließende Zange, da erschien Major James Braddock wieder auf Schloß Bernegg. Er hatte die Belegungslisten des Lazaretts studiert und war auf einen Fehler gestoßen.
    »Ich möchte Dr. Fred Urban sprechen«, sagte er, als er im Chefzimmer mit Rusch und Dr. Mainetti zusammensaß.
    »Ich auch!« sagte Lisa.
    »Was heißt das?« Major Braddock wurde sehr grob. »Sie hatten mir Ihr Wort gegeben, Professor, daß niemand …«
    »Dr. Urban setzte sich ab, bevor die amerikanischen Truppen einrückten, Major.« Professor Rusch zerdrückte die amerikanische Zigarette, die Braddock ihm angeboten hatte. Der ungewohnte Virginiatabak verursachte ihm ein flaues Gefühl im Magen.
    »Warum ist er weg? Als einziger, nicht wahr?«
    Rusch hob die Schultern. »Es wird eine Art Panik gewesen sein. Wir wissen es nicht.« Dabei sah er Lisa an, bittend, zu schweigen. Sie verstand seine Anständigkeit nicht und blickte weg, Braddock bemerkte es, ohne darauf einzugehen. Aus seiner Uniformtasche holte er eine kleine, flache Flasche Whisky und stellte sie auf den Tisch.
    »Haben Sie drei Gläser, Madam?«
    »Sofort.«
    Während Lisa drei Gläser aus Ruschs Bücherschrank nahm und sie unter dem Wasserhahn ausspülte, blätterte Braddock in den Röntgenaufnahmen und Krankengeschichten. Rusch wartete auf die nächsten Fragen, er spürte, wie Braddock nach einem Übergang suchte.
    »Der Krieg ist für Deutschland verloren«, sagte der Major langsam. »Es kann sich nur um einige Wochen bis zur völligen Kapitulation handeln. Ihr Land, Professor, ist zerstört, es wird noch ärmer werden nach der Kapitulation. Ihr Volk hat einen Krieg verloren, wie noch nie ein Volk vorher einen Krieg verloren hat.«
    Er goß die Gläser voll, die ihm Lisa reichte. Professor Rusch legte seine Hand über sein Glas, als könne sich der Whisky verflüchtigen.
    »Warum erzählen Sie mir das, Major? Wir wissen es, und wir haben es nicht anders verdient. Wenn eine Hammelherde einem Leithammel nachrennt und dieser stürzt in eine Schlucht, so stürzt die Herde blindlings hinterher. Das ist ein Naturphänomen.«
    »Es ist verfrüht, darüber zu sprechen, ich weiß.« Braddock trank sein Glas Whisky mit raschen, kleinen Zügen leer und reichte es Lisa wieder hin, die es erneut vollgoß. »Aber ich könnte mir denken, daß es auf der Welt andere Plätze für Sie gibt als gerade einen Aschenhaufen.«
    Professor Rusch nippte an seinem Glas. Der ungewohnte, pure Whisky brannte in seiner Kehle. Er mußte husten und setzte das Glas ab. »Ich bin Deutscher, Major.«
    »Aber Ihr gesichtschirurgisches Können ist international bekannt.«
    »Ich bin erstaunt, Major.« Rusch nahm trotz der Stärke des Tabaks eine neue Zigarette aus der

Weitere Kostenlose Bücher