Das Gesetz der Freiheit
blieb zögernd stehen, machte dann kurz entschlossen kehrt und ging den Weg, den er gekommen war, wieder zurück. Irgendwie fühlte er sich unbehaglich, die Gasse war gar zu schattig und dunkel, viel zu verlassen und menschenleer für jemand, der so gut und sauber gekleidet war wie er. Er beschleunigte den Schritt, und das Knallen seiner Hacken hallte scharf und hart über den grauen Zement.
Zwei Männer kamen eben in die Gasse herein, zwei schlanke Männer mit scharfen, kantigen Gesichtern. Während sie sich Dell näherten, trennten sie sich, gingen schneller und nahmen ihn von hinten in die Mitte, und Dell fühlte ein deutliches Prickeln zwischen seinen Schulterblättern, das ihn vor einer Gefahr warnte.
Dell beobachtete sie so unauffällig wie er konnte und versuchte, mit seiner instinktiven Angst fertig zu werden. Die beiden waren ganz bestimmt keine Gangster, vermutlich waren es Vorarbeiter, die es eilig hatten; aber trotz aller beruhigenden Argumente konnte er die instinktive Warnung seiner gespannten Nerven doch nicht von der Hand weisen. Und zögernd verkürzte er seine Schritte.
Dieses Zögern wäre fast sein Verderben geworden.
Ein bleigefüllter Stock sauste auf seinen Kopf zu. Dell duckte sich, drehte sich kurz um und wich dem Hieb aus, versuchte verzweifelt, seinen Kopf vor dem drohenden Schlag in Sicherheit zu bringen, und wäre beinahe auf dem nassen Asphalt ausgeglitten. Und dann fuhr wilder Schmerz durch seinen Körper, nahm seinen Ausgang von der Schulter, wo der Stock getroffen hatte, nachdem er den Kopf verfehlt hatte. Dells ganzer linker Arm wurde plötzlich leblos.
Verzweifelt riß er sich nach, der anderen Seite hinüber, tastete im Taumeln nach der Pistole und verhedderte sich in seinem weiten, flatternden Mantel. Wieder hob sich der Stock, sauste erneut heran, diesmal trat der zweite Mann vor.
Endlich gelang es Dell, seinen Mantel aufzureißen und beiseite zu werfen. Seine Hand packte die Pistole, hob sie hoch und drückte den Abzug.
Die Schußwaffe donnerte los, wild riß der Rückstoß an seinem Handgelenk. Der Mann blieb einen Augenblick wie angewurzelt stehen, sein Gesicht verzerrte sich in einem Ausdruck von Schmerz und Überraschung. Noch einmal brüllte der Revolver auf, während die Visierlinie genau auf das verblüfft starrende Gesicht zeigte.
Einen Augenblick lang starrte Dell auf den Getroffenen. Dann prallte etwas mit voller Wucht gegen seinen Kopf, und gähnende Schwärze brach über ihm zusammen.
3. Kapitel
Leute kamen flüsternd auf ihn zu. Er bewegte sich ein wenig, zuckte wimmernd unter dem Schmerz in seinem Kopf zusammen und blinzelte dann in ein starkes Licht, das mit seinem grellen Schein die überempfindlichen Augen brennen ließ.
Er stöhnte laut auf und setzte sich hin. Er fühlte eine rauhe Oberfläche aus grobem Zement, die sein nacktes Fleisch rieb, und die Feuchtigkeit des Regens, der auf seinen schaudernden Körper herabrann. Fassungslos und schwach schloß er die Augen, barg den klopfenden, schmerzenden Kopf zwischen beiden Händen und wartete, daß die widerliche Übelkeit, die seinen ganzen Magen beherrschte, endlich nachließ und verschwand.
„Hallo, Sie da! Aufstehen!“
„Was ist denn?“ Dell schlug die Augen auf und kniff sie sofort wieder zusammen, als das grelle Licht der Taschenlampe auf ihn eindrang. Blinzelnd sah er die uniformierte Gestalt des Wachmannes.
„Haben Sie nicht gehört?“ Der kräftige Mann beugte sich ein wenig vor, knickte in den Hüften ein und hielt den langen Stock in seiner Hand schlagbereit.
„Ich habe Sie genau beobachtet. Und jetzt, wo Sie wieder bei sich sind, verschwinden Sie nur schleunigst!“
„Lassen Sie mich doch in Ruhe!“ stöhnte Dell verzagt. „Ich bin überfallen worden. Man hat mich zusammengeschlagen und ausgeraubt. Mir ist hundeelend.“
„Damit müssen Sie schon allein fertig werden“, brummte der Mann ungeduldig und ohne Mitleid. Aber er schaute doch ein wenig genauer hin und stieß einen leisen Pfiff aus, als er die häßliche Beule erkannte.
„Donnerwetter, Sie haben aber wirklich ein saftiges Ding bezogen!“ knurrte er, und dann zuckte er die Schultern. „Aber wahrscheinlich waren Sie selbst schuld. Na, aber jetzt verschwinden Sie endlich, und zwar blitzschnell. Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich Sie einsperrte?“
„Immer langsam!“ rief Dell verzweifelt aus. „Hören Sie mich doch an. Ich bin reich, bin Geschäftsmann. Wenn Sie mir helfen, dann soll es Ihr
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