Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
den Aktenschränken hinüber und holte aus einer Schublade den Ordner mit den Röntgenaufnahmen heraus.
Sie brachte das Röntgenbild zum Kopierer. Dann vermaß sie den Kopf der Frau auf dem Foto zwischen zwei kraniometrischen Punkten: dem Nasion – der Nasenwurzel – und dem Gnathion – der Kinnspitze. Sie führte dieselben Messungen auf dem Röntgenbild des Schädels von Plymouth X durch und berechnete den prozentualen Größenunterschied zwischen dem Foto und dem Schädel. Danach legte sie das Foto auf den Kopierer, vergrößerte es ein wenig und führte dann noch einmal dieselben Vermessungen durch.
Als die Höhen des Gesichts auf beiden Bildern mit den Vermessungspunkten übereinstimmten, brachte sie die Röntgenaufnahme und die Kopie des Fotos zum Leuchttisch und legte sie dort übereinander.
»Ich dachte, du machst so etwas mit einem Projektionsschirm, damit du die kleineren Unterschiede ausgleichen kannst«, sagte David.
»Normalerweise mache ich das auch, aber das hier geht schneller, und wenn es sich um dieselbe Person handelt, sollte es auch ein eindeutiges Resultat ergeben.«
Und so war es auch. Plymouth X war tatsächlich Jewel Southwell.
Um ganz sicherzugehen, untersuchte Diane mit einer Lupe Jewel Southwells Zähne auf dem Porträtfoto. Plymouth X hatte einen überlappenden oberen Schneidezahn. Auf der Porträtaufnahme war dieselbe Überlappung zu erkennen, ein Schneidezahn stand leicht vor und warf einen Schatten auf den danebenliegenden Zahn. Um zu berechnen, wie weit er vorstand, benutzte Diane eine von Davids fortgeschrittenen Fotografiedatenbanken. Dort konnte sie auf der Grundlage der Länge des Zahnschattens auf dem Foto den entsprechenden Fehlstand des Zahns berechnen. Danach holte sie den Schädel von Plymouth X aus dem Gewölbe und vermaß dessen Zähne. Das war in dieser provisorischen Weise zwar nicht ganz exakt, aber wenn die Maße des überlappenden Zahns an ihrem Schädel denen auf dem Foto weitgehend entsprachen, konnte man davon ausgehen, dass es sich um dieselbe Person handelte. Auch dieses Mal ergab sich eine vollkommene Übereinstimmung.
Sie holte die notwendigen Gerätschaften zur Gewinnung einer DNS-Probe aus dem Schrank und ging damit zurück zu Vater und Tochter.
»Dürfte ich von jedem von Ihnen eine DNS-Probe nehmen? Diese könnten wir dann mit der DNS vergleichen, die wir dem Skelett entnommen haben. Es ist kein medizinischer Eingriff. Wir müssen nur einen Abstrich von Ihrem Gaumen nehmen.«
Sie zeigte ihnen den Abstrichtupfer. Earl und seine Tochter öffneten bereitwillig den Mund. Diane nahm die Proben und steckte die Tupfer in zwei Umschläge, die sie dann versiegelte und etikettierte. Danach setzte sie sich wieder zu den beiden an den Tisch und schaute ihnen in die Augen. Ihre Gesichter zeigten eine Mischung aus Erwartung und Furcht.
»Ich kann Ihnen jetzt bereits sagen, dass das Foto völlig mit ihren sterblichen Überresten übereinstimmt. Sie ist es, ohne jeden Zweifel. Die DNS-Ergebnisse werden dann den endgültigen Beweis erbringen.«
»Es ist also Großmutter?«, fragte Lydia.
»Ja.« Diane nickte. »Es ist Jewel Southwell.«
Earl Southwell begann zu schluchzen. »Was haben wir nicht all die vielen Jahre über sie gedacht, und dabei lag sie die ganze Zeit am Boden dieses Baggersees. Ich habe dort als Kind oft gebadet, und meine Mutter lag da unten.« Er weinte so heftig, dass es seinen ganzen Körper schüttelte.
Diane fiel auf, dass seine Tochter ihn nicht zu trösten versuchte.
»Wie ist sie gestorben?«, fragte er, als er sich wieder etwas gefangen hatte.
»Durch einen Schlag auf den Kopf.«
»War es Absicht oder ein Unfall?«, fragte Lydia.
»Es sieht nach einem absichtlichen Schlag aus«, sagte Diane.
»Glauben Sie, Sie können nach dieser langen Zeit den Mörder finden?«
»Da gibt es eine gute Chance.«
»Wann können wir sie begraben?«, fragte Earl.
»Wir müssen noch warten, ob die DNS-Proben die Übereinstimmung endgültig bestätigen. Das sollte etwa zehn Tage dauern. Danach können wir ihre sterblichen Überreste freigeben.«
Lydias Gesicht wurde rot vor Zorn. »Ich möchte, dass Sie herausfinden, wer das getan hat. Großvater hätte glücklich sein können.« Sie schaute ihren Vater an. »Wir alle hätten glücklich sein können. Diese Bitterkeit hat unsere Familie vergiftet. Ich will wissen, wer uns das angetan hat.«
Earl Southwell sagte kein Wort. Der leere Ausdruck in seinen geschwollenen Augen zeigte, dass er in sein
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