Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
Graswolke auf die Zurückbleibenden schleuderten.
6
R eizender Bursche«, sagte Neva und wandte sich dann an MacGregor. »Ich wette, du hast vorhin hier draußen eine großartige Zeit mit ihm verbracht, Mac.«
»Na ja, so ist er halt. Mein Cousin hat mir erzählt, dass er bereits als Kind so war. Er muss sich schon damals über alles aufgeregt haben. Ich habe zwar versucht, ihn bei Laune zu halten, aber das scheint mir nicht gelungen zu sein.«
Diane konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken; ähnlich erging es Mike und Neva.
Diane schaute auf die Uhr. Es war fast drei. Wenn sie sich beeilte, konnte sie noch ein ausführliches Bad nehmen, bevor sie sich mit Frank traf. Sie holten sich alle frische Kleidung aus dem Wagen, und die Männer zogen sich zum Umziehen hinter Mikes Geländewagen zurück. Für die Frauen hatte Dick MacGregor tatsächlich eine Sichtblende gebaut, hinter der sich Diane und Neva unbehelligt umziehen konnten. Sie stand am Fuß eines dicht bewaldeten Hügels. Dick hatte sogar eine kleine Bank aufgestellt. Trotz mancher ärgerlicher Angewohnheiten – seinem unaufhörlichen Reden, seinen schlechten Witzen und der Tatsache, dass er ständig die Titelmusik aus der alten Fernsehserie »Twilight Zone« summte, wenn sie in das Zwielicht einer Höhle eintraten – war MacGregor tatsächlich ein freundlicher und zuvorkommender Zeitgenosse. Sie und Neva wussten den Platz zu schätzen, den er für sie gebaut hatte.
Diane setzte sich auf die Bank, zog die Stiefel aus und wackelte mit den nackten Zehen. Neva setzte sich neben sie und begann ebenfalls ihre Stiefel aufzuschnüren.
»Das war ganz gewiss eine sehr ereignisreiche Höhlenbegehung.« Neva knetete ihre Füße, bevor sie sich frische Jeans anzog. Danach schlüpfte sie barfuß in ihre Turnschuhe, die auch nicht viel sauberer aussahen als ihre Höhlenstiefel. »Wie geht es Ihnen eigentlich, ich meine, nach Ihrem Beinahesturz?«
»Ein bisschen angeschlagen.« Diane dehnte ihre Muskeln, beugte sich so weit nach unten, bis ihr Kopf fast die Knöchel berührte, und drückte dann den Rücken durch. Diese Übungen taten richtig gut.
»Das muss ganz schön furchterregend gewesen sein«, sagte Neva.
»Das war es allerdings. Aber wie Sie ja selbst wissen, konzentriert man sich in einem solchen Fall nur noch darauf, nicht loszulassen. Außerdem hatte ich das Glück, dass Mike da war und mir ein Seil zuwerfen konnte.«
»Und wie wird man seine Angst dann wieder los?«
»Gar nicht. Es ist wie mit dem Schmerz, man muss mit ihm leben lernen.«
Neva schwieg einen Moment und schien über Dianes Aussage nachzudenken.
»Sie scheinen Ihre eigene Angst vor Höhlen aber ganz gut verarbeitet zu haben«, sagte Diane.
Neva nickte und lächelte. »Mike war dabei eine große Hilfe. Er ist wirklich ein prima Kerl, obwohl …« Sie lächelte und dämpfte ihre Stimme, als ob er ihnen zuhören könnte.
»Manchmal ist er doch ein bisschen spießig.«
Diane war überrascht. »Mike? Spießig? Inwiefern?«
Neva zog ihr schmutziges Hemd aus, um sich dann ein sauberes T-Shirt überzuziehen. »Er ist Vegetarier und mag hauptsächlich klassische Musik. Und wenn er dann anfängt, über Geologie zu sprechen … Also, er glaubt tatsächlich, dass es nichts Interessanteres geben kann als gefaltetes Gestein. Ich habe zuvor gar nicht gewusst, dass man Steine falten kann, aber in Georgia muss es viele von dieser Sorte geben.«
»Ich wusste, dass er klassische Musik mag. Er war mal mit einer Geigerin in einem Streichquartett befreundet.« Diane zog eine frische Jeans an.
»Tatsächlich? Das ist etwas, was ich an Mike mag. Er spricht niemals über seine ehemaligen Freundinnen, obwohl er offensichtlich ganz schön viele hatte.«
»Oh?«
»Zumindest scheint ein Haufen Mädchen ihn zu kennen.«
Diane wusste, dass Neva, als sie von der Polizei von Rosewood zu Dianes Tatortteam gekommen war, große Angst vor ihr gehabt hatte. Es musste sich seitdem eine Menge verändert haben, wenn sie jetzt mit ihr so offen sprechen konnte.
»Das kann ich mir vorstellen. Er ist ein gut aussehender Junge.«
»Und klug. Er ist der klügste Junge, mit dem ich je ausgegangen bin. Als ich auf der Polizeiakademie war, hätte man denken können, ich studiere in Yale, wenn man meine Familie hörte. Aber Mike, der weiß wirklich eine Menge. Manchmal weiß ich überhaupt nicht, worüber er spricht.«
»Wenn er anfängt, über Geologie zu reden, geht es mir genauso. Wir sind beide keine Geologen.
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