Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
die ihn womöglich beobachteten, über die düsteren Schatten gleiten.
Die Hauptstraße war zu weit entfernt, als dass sie den Verkehr dort, so es denn welchen gab, hätten hören können. Die abgelegene Straße war auf dem Weg von Westfield bis hier herauf praktisch menschenleer gewesen. Nachdem sie einige Gruppen
von Zelten sowie ein paar Holzfällerwege passiert hatten, waren ihnen nur noch wenige Lastwagen begegnet.
Hier, in dem stillen urwüchsigen Wald, fühlte sich Alex in eine andere Welt versetzt.
Der vor ihm liegende Streckenabschnitt ließ unschwer erkennen, dass die auf das Grundstück führende Straße kaum mehr war als eine Schneise durch ursprünglichen Wald. Da und dort drängten die Bäume bis dicht an deren Rand heran, und weiter vorn gab es eine in das trübe Licht unter den hohen Fichten getauchte Lichtung. Der von dichten Wolken verhangene Himmel und der Nebel verstärkten das Gefühl unguter Vorahnung zusätzlich.
Die gewaltigen Stämme von Monarch-Bäumen erhoben sich über den unteren Gefilden des Waldes, wo nur gedämpftes Licht hineindrang. Es war, als existierten hier zwei Welten: die üppige Vegetation unmittelbar über dem Waldboden, und darüber die Welt der hoch aufragenden Fichten. Flächen kleiner, hüfthoher Fichtensprösslinge drängten sich da und dort im Bodenbewuchs zu Gruppen zusammen. Streifen von Farn nickten unter herabfallenden Wassertropfen, welche die Fichtennadeln weiter oben aus dem Nebeldunst gefiltert hatten. Die Farne, die überall auf dem Grund des stillen Waldes federweiche Beete bildeten, verliehen dem Ort einen Duft von exotischer Würze.
Alex kletterte wieder in den Jeep und schloss die Tür. Durch die Seitenfenster hielt Jax aufmerksam Ausschau nach irgendwelchen Anzeichen von Gefahr.
»Darf ich dich etwas fragen, Alex?«
Als er den Schlüssel drehte, sprang der Wagen endlich einmal an, ohne dass er den Atem anhalten musste. »Klar.«
»Wieso hast du mit ›Lord Rahl‹ unterzeichnet, nachdem du etwas auf das Bild geschrieben hattest?«
Achselzuckend manövrierte Alex den Jeep vorsichtig in den Wald hinein. »Weiß ich auch nicht. Ich dachte, es könnte Radell Cain aus dem Konzept bringen, ihn vielleicht verwirren. Aus irgendeinem Grund fühlte es sich irgendwie richtig an. Wieso?«
»Ich hab mich nur gewundert, das ist alles.«
»Stört es dich, wegen der Bedeutung, die es in der Vergangenheit hatte?«
»Nein. Was früher passiert ist, beschäftigt mich weniger. Vielmehr beschäftigt mich, was jetzt geschieht und was in naher Zukunft noch passieren wird.«
»Ich weiß«, erwiderte Alex und musste an all die hilflosen unschuldigen Opfer denken, die an diesem Tag wegen Radell Cain und seiner Leute umgekommen waren.
Während sie im Schneckentempo vorwärtsholperten und sich immer tiefer in den düsteren Wald vorarbeiteten, fragte sich Alex, worüber Jax wohl nachgrübeln mochte. Da es nicht so aussah, als würde sie von sich aus davon anfangen, fragte er sie schließlich.
»Was geht dir eigentlich durch den Kopf, wenn du nichts dagegen hast, dass ich frage?«
Sie starrte eine Weile zum Seitenfester hinaus, ehe sie ihm schließlich antwortete, ohne ihn anzusehen.
»Ich habe nur den Wert der Welten gegeneinander abgewogen.«
Alex sah zu ihr hinüber. »Und was heißt das, bitte schön?«
»Ich bin aus einem bestimmten Grund hierhergekommen. Um eine Prophezeiung zu erfüllen, um die unschuldigen Menschen in meiner Welt vor der großen Gefahr zu retten, die sich über ihnen zusammenbraut.«
Alex zuckte die Achseln. »Und weiter?«
»Ich weiß nicht, ob ich das noch immer kann.«
»Wie meinst du das?«
»Heute sind eine Menge Menschen umgekommen, Alex. Was glaubst du wohl, wie ich das meine?«
»Soll das heißen, du spielst mit dem Gedanken aufzugeben?«
»Ich weiß, was Radell Cain als Nächstes plant. Ich habe ihn schon früher solche Dinge tun sehen. Wenn du ihm deine Hilfe verweigerst, wird er dich für den Tod Unschuldiger verantwortlich machen. Er wird dich zwingen, eine Entscheidung zu treffen.«
Den Blick starr geradeaus gerichtet lenkte er den Wagen zentimeterweise durch die felsige Fahrrinne. Im Hinterkopf hatte er bereits über solche Fragen nachgedacht. Es widerstrebte ihm, sie nach vorne zu holen, näher auf sie einzugehen, darüber nachzugrübeln, dass er womöglich zu einer solchen Entscheidung gezwungen war.
Während sie immer tiefer in den Wald hineinfuhren, passierten sie schließlich zwei Seitenwege, die auf der Karte,
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